Linke Lübbecker Lokalpolitikerin soll ihr Mandat niederlegen

Lübbecke. Es ist nicht die erste personelle Veränderung im Lübbecker Stadtrat seit der jüngsten Kommunalwahl im September 2020. Den Anfang machte Henrich Oevermann (CDU). Der war schon seit längerem so unzufrieden mit dem Zustand seiner Partei und der Fraktionsführung durch Klaus-Jürgen Bernotat, dass er die CDU-Ratsfraktion verließ und sich mit den FDP-Ratsherren Andreas Eickmeier und Bernd Kleine-Tiemann zu einer Fraktionsgemeinschaft zusammenschloss. Zum 1. Februar vergangenen Jahres verließ Grünen-Urgestein Heinrich Stenau, bis zur Kommunalwahl 2020 als Fraktionsvorsitzender aktiv, seine Fraktion. Anders als Oevermann schloss Stenau sich keiner anderen Fraktion an, sondern wirkt seitdem als fraktionsloses Ratsmitglied. Dazu fühle er sich den Wählern gegenüber verpflichtet, sagte Stenau damals nw.de Als Gründe für seine Entscheidung nannte er private wie politische. Unter anderem seien seine Linie und die der Fraktion "nicht deckungsgleich". Keine vier Wochen später folgte Kerstin Wöbbeking dem Beispiel Stenaus. Auch sie kehrte der Grünen-Fraktion den Rücken, blieb dem Stadtrat aber als fraktionsloses Einzelmitglied erhalten. Über ihre Beweggründe verriet sie damals: Wie im Wahlkampf versprochen, wolle sie "Sachpolitik statt Macht-, Mehrheits- und Parteipolitik" machen. Auch wolle sie die Anzahl der weiblichen Ratsmitglieder nicht verringern und dazu beitragen, die Zukunft der Stadt weiterhin im grünen Sinne klimafreundlich und nachhaltig mitzugestalten. Kandidatin für den Landtag Neben Stenau und Wöbbeking gehörten Bernd Sasse-Westermann (Lübbecke Konkret) und Tanja Behring (Die Linke) seitdem der Gruppe der fraktionslosen Mitglieder dem Lübbecker Stadtrat an. Anders als Stenau, Wöbbeking und Sasse-Westermann hat sich Behrings Status allerdings kürzlich geändert: Sie ist mittlerweile parteilos und wird so auch im Ratsinformationsdienst der Stadt Lübbecke geführt. Behring hatte 2017 bei den Landtagswahlen in Lübbecke 526 Erststimmen (4,40 Prozent) und bei den Zweitstimmen 545 (4,55 Prozent) für die Linkspartei geholt. Im nw.de-Porträt wurde die gelernte Bürokauffrau damals als 41-jährige Lübbeckerin vorgestellt, die eine 21-jährige Tochter hat und über sich sagte: "Politik ist zu meinem Hobby geworden und nimmt viel Zeit in Anspruch." Mit einem Sitz im Düsseldorfer Landtag hat es nicht geklappt. Aber fünf Jahre später bei der Kommunalwahl 2020 in Lübbecke, als ihr 293 Stimmen (2,70 Prozent) einen Sitz im Stadtrat für die Linke ermöglichten. 2014 war die Linkspartei noch aus formalen Gründen an der Zulassung zur Wahl in Lübbecke gescheitert. Für Nachfragen zu ihrer jetzigen Parteilosigkeit war Behring mehrere Tage telefonisch nicht erreichbar. Schriftlich teilte sie nw.de via "Messenger" mit: "Bis zum Ende der Legislaturperiode werde ich als parteiloses Ratsmitglied weiter agieren." Sie werde sich jedoch nicht zu Mutmaßungen äußern und sich auch nicht rechtfertigen. Inhaltliche Differenzen Einzelheiten sind auch vom Kreisverband Minden-Lübbecke nicht zu erfahren. Doch die Hinweise deuten auf erhebliche Differenzen hin. So heißt es aus Minden, es habe kein Ausschlussverfahren gegeben. Man habe aber - abgesehen von inhaltlichen Differenzen - Behrings "Mitgliedsstatus aufgehoben", weil sie seit längerem keinen Beitrag mehr gezahlt habe. Sie sei sowohl vom Landes- als auch vom Kreisverband angeschrieben worden, habe darauf aber nicht reagiert. Ebenso wenig auf ihren Ausschluss aus der Partei. Wie es vom Kreisvorstand weiter heißt, habe die Anbindung zwischen Behring und der Linkspartei seit geraumer Zeit "nicht mehr funktioniert". Der Kontakt sei "nach und nach zurückgegangen". Da sie kein Parteimitglied mehr sei, erwarte der Kreisvorstand von ihr, dass sie das Ratsmandat zurückgebe. Schließlich sei sie 2020 für die Linkspartei in den Lübbecker Stadtrat gewählt worden. Behrings Parteimitgliedschaft hatte sich nach der Kommunalwahl 2020 als Problem herausgestellt. CDU, Grüne, FDP und Linkspartei hatten ein auf fünf Jahre angelegtes Ratsbündnis geschmiedet, das ihnen bei Abstimmungen eine knappe Mehrheit im Rat sichern sollte. Doch nur gut zwei Wochen später stieg der größte Partner, die CDU-Fraktion, wieder aus. Keine Zusammenarbeit möglich Der damalige Stadtverbandsvorsitzende Matthias Werneburg und der Fraktionsvorsitzende Klaus-Jürgen Bernotat begründeten diesen Schritt damals so: Da die Zusammenarbeit mit Tanja Behring über die Grünen-Fraktion bestehen sollte, habe es "keine Zweifel an der Zulässigkeit einer solchen Kooperation auf kommunaler Ebene" gegeben. Dabei habe man die Tragweite des Parteitagsbeschlusses zur Zusammenarbeit mit den Linken aus dem Jahre 2018 "übersehen". Der Bundesparteitag der CDU hatte 2018 in Hamburg einstimmig beschlossen, dass Koalitionen mit der AfD und den Linken tabu seien. Wörtlich hieß es damals: "Die CDU Deutschlands lehnt Koalitionen und ähnliche Formen der Zusammenarbeit sowohl mit der Linkspartei als auch mit der Alternative für Deutschland ab." Behring gehörte mit zu der Gruppe von sieben Personen, die sich im Januar 2014 in Lübbecke getroffen hatten, um eine Basisgruppe der Linken zu gründen. Als politisch interessante Themen in Lübbecke nannten Behring und ihre Mitstreiter damals unter anderem den geplanten Ausbau der Weingartenstraße, den für Zweiräder gesperrten Kahle-Wart-Weg, den Neubau der Stadtschule, die künftige Nutzung des ehemaligen Freibades an der Obernfelder Allee, Ärztemangel und lückenhafte Verkehrsinfrastruktur. Engagiert hat sie sich zudem für sozial Schwache. Ortsgruppe besteht aus zwei Personen Aktuell bestehe die Ortsgruppe Lübbecke der Linken noch aus zwei Mitgliedern, heißt es dazu vom Kreisvorstand. Dieser hatte bereits 2015 den ersten offenen Konflikt mit Tanja Behring. Hintergrund war eine geplante Veranstaltung der AfD in einem Lübbecker Hotel. Während die Linke Minden-Lübbecke nicht zu Protesten aufgerufen hatte, hatte Behring sich an Protestanrufen bei der Hoteliersfamilie beteiligt, die den AfD-Abend daraufhin abgesagt hatte. Im Lübbecker Stadtrat stößt Behring nicht bei allen Mitgliedern auf Gegenliebe. Das Verhältnis zwischen ihr und dem WL-Fraktionsvorsitzenden Dieter Wiegmann ist seit Jahren dermaßen vorbelastet, dass sie allein deshalb nie für eine Zusammenarbeit mit dem Trio SPD, WL zur Verfügung stand. Bernd Sasse-Westermann (LK) hat bislang grundsätzliche Bedenken, mit einer Repräsentantin der Linkspartei zu kooperieren. Die Frage ist, ob sich das aufgrund ihrer Parteilosigkeit nun ändern wird.

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