Hubschrauber im Tiefflug über die Region: Ein Besuch bei den Heeresfliegern

Bückeburg. Manchmal geht es auf dem Heeresflugplatz Achum zu, wie auf einem Taubenschlag - und manchmal ist es fast idyllisch still. Es ist gegen 12.30 Uhr an einem Mittwoch im Mai, als sich der Ruhezustand ins Gegenteil wandelt. Erst ist nur das Geräusch der Rotoren zu hören, dann geht es Schlag auf Schlag: Nach und nach erscheinen die Maschinen am Horizont, erst die kleineren vom Typ EC 135 und H 135, dann ist das dumpfe Bullern eines großen Transporthubschraubers zu hören - der NH 90 der Bundeswehr ist wohl das lauteste Fluggerät, das hier stationiert ist. Nach und nach landen die Hubschrauber und die Teams machen sich auf den Weg in Richtung Mannschaftsheim. Es ist Mittagszeit und die Ausbildung der angehenden Hubschrauberpilotinnen und -piloten der Bundeswehr ruht für einen Moment. Wenig später geht es dann wieder in die Luft. Immer wieder sorgen in der Region Hubschrauberflüge für Aufmerksamkeit in der Bevölkerung - sei es, weil sie ungewöhnliche Flugmanöver absolvieren oder länger etwa an den Gebirgszügen oder anderen Landmarken operieren. Neben monatlichen Routineflügen etwa der Polizei über der Weser, Rettungs- und zivilen Hubschraubern hat daran natürlich auch die Bundeswehr ihren Anteil. In Bückeburg befindet sich das Internationale Hubschrauberausbildungszentrum der Bundeswehr. Vom Flugplatz Achum aus findet die fliegerische Ausbildung des Heeres, der Marine und internationaler Partner statt. Und diese Flüge führen manchmal auch über das benachbarte Minden und die Umgebung. Rund 50 Soldatinnen und Soldaten werden hier pro Jahr ausgebildet, nicht die ganze Ausbildung findet in der Luft statt. Ein erheblicher Teil des notwendigen Könnens wird im Simulator vermittelt und es gibt auch theoretischen Unterricht. Zwei Flugschüler pro Lehrkraft "Natürlich gibt einem das Fliegen ein Gefühl von Freiheit", sagt Oberleutnant Stefan, der gemeinsam mit seinen Kollegen als Fluglehrer in Bückeburg die künftige Generation Hubschrauberpiloten ausbildet. Dabei sitzt er selbst zwar immer auch am Steuer, den Hubschrauber führen jedoch meist andere: Der Oberleutnant, dessen Nachname wie bei der Bundeswehr üblich nicht genannt werden soll, ist derzeit in einem schwedisch-dänischen Hörsaal eingesetzt. Als Hörsaal wird die Gruppe der angehenden Piloten und Pilotinnen bezeichnet, die in einer zwölfköpfigen Gruppe unter der Anleitung von insgesamt sechs Fluglehrern lernen. In der Regel hat jede Lehrkraft zwei feste Flugschüler, "das kann aber auch variieren", sagt Stefan. "Da kann man dann heute weitermachen, wo man gestern aufgehört hat", beschreibt er den Vorteil des festen Systems. Die Tage laufen grundsätzlich ähnlich ab. "Wir fangen an mit dem morgendlichen Briefing um 7.15 Uhr. Das besteht aus einem Wetterbriefing und dem Missionsbriefing, es wird festgelegt, welche Maschine oder welcher Simulator eingesetzt wird und welche Einschränkungen es im Flugbetrieb gibt", erklärt der Fluglehrer. "Die sind in der "Notice to Airman" enthalten, darin ist enthalten, welche Überflüge möglich sind und welche Lufträume gesperrt sind, außerdem welche Außenlandeplätze zur Verfügung stehen." Geflogen wird von Bückeburg aus montags bis freitags. "Am Samstag und Sonntag besteht für die Bundeswehr ein Flugverbot." Ausnahmen bilden da Einsätze - so wie der Flug zweier Eurofighter am 1. Mai, die ein niederländisches Passagierflugzeug abfingen, weil der Pilot auf einer falschen Frequenz funkte. Der Überschallknall war zwischen Hannover und Gütersloh zu hören. Bis zu 20 Hubschrauber in der Luft Nach dem Briefing geht es dann zu den Hubschraubern. Was ausgebildet wird, unterscheidet sich von Tag zu Tag. Neben der normalen Flugausbildung gehören auch spezielle Manöver für Militärs dazu, zum Beispiel die Geländeausbildung, aber auch Tief- und Nachtflüge. "Zu Hochzeiten sind 15 bis 20 Hubschrauber in der Luft", sagt Oberleutnant Stefan. "Dabei bewegen wir uns in der Regel in einer Höhe zwischen 500 und 1.000 Fuß (rund 150 bis 300 Meter). Manchmal fliegen wir auch relativ tief, weil wir auch das üben müssen. Bis zu 100 Fuß, rund 30 Meter, dürfen wir jederzeit runter." Dass die Übungsflüge für Aufsehen und manchmal auch Unmut in der Bevölkerung führen, ist dem Offizier bewusst. "Da können wir nur um Verständnis bitten - wir wollen ja niemanden ärgern. Aber wir wollen unseren Auftrag nach bestem Wissen und Gewissen ausführen." Die Außenlandeplätze, an denen geübt wird, befinden sich im weiteren Umfeld rund um Bückeburg. Das Fluggebiet reicht von Kassel bis zur Nordsee, meist werden jedoch Plätze in der Umgebung angeflogen, zum Beispiel in Röcke oder Loccum. Regelmäßig wird auch am Hang des Weser- und Wiehengebirges oder am Standortübungsplatz Hille-Wittloge trainiert. "Die Städte auf dem Weg dorthin überfliegen wir normalerweise in deutlich größerer Höhe. Es kann aber schon mal sein, dass wir tiefer sind." In der Regel sind zumindest die kleineren Hubschrauber vom Typ EC135 und H135 alleine unterwegs. "Es sei denn, es handelt sich um eine Überführung mehrerer Hubschrauber oder eine spezielle Übung. Dann fliegen wir immer in Formation", erklärt Fluglehrer Stefan. Den schweren NH 90 sieht man hingegen oft im Doppelpack. "In Einsätzen werden diese Hubschrauber aus taktischen Gründen immer zu zweit eingesetzt, zum Beispiel bei der Evakuierung verletzter Personen. Dann geht der eine runter, während der andere aus der Luft sichert." Auch solche Manöver werden natürlich geübt. Dass der durch seine zwei Rotoren auffällige schwere Transporthubschrauber CH-47F Chinook-Helikopter, den die Bundeswehr demnächst beschaffen will, dann auch im Himmel über Bückeburg zu sehen sein wird, gilt indes als nahezu sicher. Mehrstufiger Bewerbungsprozess für Hubschrauberpiloten Nach dem Flugtraining gibt es immer ein sogenanntes Debriefing. Dabei handelt es sich im Wesentlichen um das Feedback für die angehenden Piloten. "Danach haben die Schüler dann Unterricht, die Fluglehrer müssen dann das Verhalten und die Leistungen der Schüler dokumentieren", sagt Stefan. Zweimal in der Woche steht dann noch Sport für alle auf dem Programm - bei der Bundeswehr ist das eine Auflage. Der Weg zum ausgebildeten Hubschrauberpiloten ist wie im zivilen Bereich lang und steinig: Bewerberinnen und Bewerber müssen in einem mehrstufigen Bewerbungsprozess ihre körperliche und mentale Leistungsfähigkeit unter Beweis stellen und in Tests ihre Auffassungsgabe und ihr technisches Verständnis belegen. Und auch, wer das geschafft hat, muss immer damit rechnen, dass die Ausbildung abgebrochen wird, weil die Leistungen nicht ausreichen. Und bevor es dann tatsächlich in die Luft geht, steht über mehrere Monate Theorie, Taktik und Sprachunterricht an. Wer dann die einjährige Hubschrauber-Grundausbildung durchlaufen hat, gehört zu einer begehrten Spezies: "Wir suchen Personal, gerade auch bei den Hubschrauberpiloten", sagt Oberleutnant Stefan. Dass die Hürden trotzdem so hoch sind, hat seinen Grund: Wer ein Gerät bewegt, das Millionen kostet, sollte dafür auch bestens qualifiziert sein. "Man kann nicht jeden in ein Luftfahrzeug setzen - auch wenn bei uns genau wie anderswo der demografische Wandel zuschlägt." Für Fluglehrer Stefan steht aber fest: Er hat seinen Traumjob gefunden. "In der Ausbildung habe ich viel mit Menschen zu tun - und jeder Tag, an dem ich fliege, ist ein toller Tag."

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