Ist der Antrag der Wählergemeinschaft Lübbecke populistisch und antidemokratisch?

Lübbecke. Dass sie mit ihrem Antrag an Bürgermeister Frank Haberbosch nicht nur Zustimmung ernten würden, war den Ratsmitglieder der Wählergemeinschaft Lübbecke (WL) von vornherein klar. Wie berichtet, will die WL die Stadt Lübbecke beauftragen, "die für den Neubau eines Krankenhauses in Espelkamp vorgesehenen Grundstücke oder wesentliche Teile davon zum Marktpreis zu kaufen". Das Ziel war im Antrag so formuliert: "Darüber hinaus könnte die Stadt Lübbecke als Eigentümerin der Grundstücke den überflüssigen Neubau eines Krankenhauses auf diesen Grundstücken verhindern." Als erste hatten am Montag der Bürgermeister der Stadt Espelkamp und die Bürgerinitiative (BI) zur Förderung der stationären Gesundheits- und Notfallversorgung im Lübbecker Land, die sich insbesondere für den Erhalt der Krankenhäuser Lübbecke und Rahden einsetzt, auf den WL-Vorstoß reagiert. Im Auftrag von Bürgermeister Henning Vieker teilte die für Öffentlichkeitsarbeit zuständige Petra Dax mit: "Die Stadt Espelkamp arbeitet in gutem nachbarschaftlichem Verhältnis mit der Stadt Lübbecke zusammen. Anträge von einzelnen politischen Parteien in Lübbecke sind innere Angelegenheiten des Rates der Stadt Lübbecke." Taktische Ränkespiele Die Stellungnahme der Bürgerinitiative war eindeutig: "Solche 'Hinten rum durchs Auge'-Aktionen schaffen nur böses Blut und bilden die Grundlage für spätere Revancheaktionen." Die Bürgerinitiative unterstütze nur Aktionen, die den gesamten Bürgerwillen im Altkreis Lübbecke oder des Gesamtkreises widerspiegelten. "Taktische Ränkespiele von Fraktionen lehnen wir ab. Davon gibt es im Kreis schon genug", so BI-Sprecher Klaus Peitzmeier, der der FDP angehört. Am Dienstag folgten erste Statements aus der Lübbecker Politik. "Wir werden in der nächsten Fraktionssitzung über den Sachverhalt beraten und danach Stellung beziehen", ließ Fraktions-Chef Klaus-Jürgen Bernotat (CDU) wissen. Keine vorzeitigen Dispositionen Für die SPD-Fraktion im Stadtrat antwortete ihr Vorsitzender Andreas Schröder: "Die SPD unterstützt den Antrag nicht. Für uns ist der Haltung und der Verfahrensweise des Landrates nichts Wesentliches hinzuzufügen. Die Ergebnisse bleiben abzuwarten." Landrat Ali Dogan (SPD) hatte vor wenigen Tagen auf nw.de-Anfrage wissen lassen: "Ich habe auch gegenüber der Bürgerinitiative bereits betont, dass wir aufgrund der Reformüberlegungen sowohl auf Landes- als auch auf Bundesebene keine vorzeitigen Dispositionen treffen sollten, die nicht nachhaltig im Sinne der Gesundheitsversorgung wären. Daher möchte ich auch die weiteren Schritte begleitet wissen durch einen externen Strategieberater, der eine allseits positive Reputation hat." Scharf attackierte hatte für die FDP-Fraktion im Lübbecker Stadtrat Andreas Eickmeier den Antrag der WL: "So ein Antrag wird als maximal populistisch angesehen. Solche Winkelzüge sind genau die, welche wir in der Politik gar nicht gebrauchen können und nur zur Politikverdrossenheit beisteuern. Mit einer sachlichen demokratischen Auseinandersetzung des Problems Krankenhaus hat dieses nichts mehr zu tun. Wer so Fakten schaffen will, hat nicht verstanden, wie Demokratie funktioniert, zudem bekanntlich jegliche Entscheidung über einen Neubau im Kreistag getroffen wird." Abstruse Vorstellungen Im Kreistag, fährt Eickmeier fort, habe die Lübbecker WL schon die eigenen FWG-Verbündeten "vor den Kopf gestoßen, was kein Wunder ist, wenn man unter anderem solche abstrusen Vorstellungen von Kommunalpolitik hat". Sollte die WL ihren Antrag nicht zu rückziehen, werde die FDP-Fraktion mit anderen zusammen diesen Antrag "ohne jegliche weitere Diskussion ablehnen". Unterstützung für ihren Antrag erhofft die WL sich bei den Lübbecker Grünen. Denn der Antrag enthält unter anderem folgende Passage: Das Grundstück könne dann "in seiner jetzigen Form mit Baumbestand und unbebaut" erhalten bleiben. Im vergangenen Herbst hatte die Fraktionsvorsitzende der Lübbecke Grünen, Christiane Brune-Wiemer, im Stadtrat erklärt, die Fällung des Waldes Gabelhorst würden die Lübbecker Grünen "mehrheitlich nicht mittragen". Fraglich ist, ob das auch für den Grünen-Ratsherrn Siegfried Gutsche gilt. Der gehört zugleich dem Kreistag an und hatte, wie die Grünen-Kreistagsfraktion insgesamt, für einen Krankenhaus-Neubau an der Gabelhorst in Espelkamp gestimmt. Zehn Millionen Euro mehr an Zinsen Von der Wählergemeinschaft Lübbecke Konkret (LK), vertreten im Stadtrat durch Bernd Sasse-Westermann, darf die WL keine Unterstützung erwarten. In einer Stellungnahme teilte Sasse-Westermann am Dienstagnachmittag mit: "Als Herr Wiegmann, der neben mir am Donnerstag im Rat sitzend, die Idee hatte, das Grundstück für das neue Krankenhaus zu kaufen, habe ich das für einenWitz gehalten." Die WL, die durchaus häufig populistisch handele, habe sich mit diesem Antrag einen Bärendienst erwiesen. "Es erinnert uns ein bisschen an die Aktionen der Letzten Generation, die sich auf Straßen kleben und Bilder beschmieren, um damit um jeden Preis Aufmerksamkeit zu erregen." Auch sei ein solcher Beschluss nach Informationen der LK gemäß der Gemeindeordnung unzulässig. "Dass wir auch gegen ein neues Krankenhaus in Espelkamp sind, ist bekannt", fährt Sasse-Westermann fort. Nur müsse man mit Argumenten kommen und nicht mit unzulässigen Anträgen. Ein weiteres gutes Argument gegen das neue Krankenhaus seien, die mittlerweile höheren Zinsen, die bei dem Kredit des Kreises anfielen. Sasse-Westermann: "Nach unserer Schätzung zehn Millionen Euro zusätzlich, die in der Kalkulation noch nicht berücksichtigt sind. Spätestens das wird die meisten Gemeinden und Städte im Kreis in die Haushaltssicherung bringen." Für die LK sei es bei den jetzigen Zahlen unrealistisch, das das neue Krankenhaus komme. Es sei denn, der neue Landrat quetsche dem Land und Bund weitere 300 Millionen Euro aus den Kassen: "Auch das ist unrealistisch."

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