Klinik-Pläne im Altkreis Lübbecke: So wird im Kreis über den Bürgermeister-Brief geurteilt

Lübbecke / Rahden. Der Brief der sechs Bürgermeister im Lübbecker Land an Landrat Ali Dogan, mit dem sie den Kreis bitten, "jetzt die notwendigen Schritte zur Sicherung der Fläche Gabelhorst schnellstmöglich einzuleiten und die erforderlichen Grundstücke zu erwerben, bzw. zu sichern", ist am Donnerstag Thema in der Lübbecker Ratssitzung gewesen. Dabei zeigte sich, dass nicht alle Ratsmitglieder mit dem Schreiben einverstanden sind. Es gab kritische Anmerkungen sowohl zum Inhalt des Briefes wie auch zur Handhabung. Vor dem Hintergrund, dass die Ratsmitglieder einen Tag vor der Ratssitzung über die Existenz des Schreibens informiert wurden, das Schreiben selbst aber nicht kennen, wurde Bürgermeister Frank Haberbosch gebeten, sich dazu zu äußern. Wer auf höhere Zuschüsse hoffe, habe eine bessere Position, wenn man ein eigenes Grundstück vorweisen könne. "Das war der Tenor des Schreibens", sagte Haberbosch, "mehr nicht". Wie der Bürgermeister auf Fragen reagiert Für die Wählergemeinschaft Lübbecke (WL) fragte der Fraktionsvorsitzende Dieter Wiegmann, ob die Bürgermeister den Brief verfasst hätten, "damit das Krankenhaus Lübbecke wegkommt"? Die Krankenhäuser in Lübbecke und Rahden aufzugeben und an anderer Stelle in einem Neubau zusammenzuführen, halten die Ratsmitglieder der WL für falsch. Dabei würde unnütz viel Geld verbrannt. Auf Wiegmanns Frage antwortete Haberbosch am Donnerstag: "Ich überlasse es dir, wie du das interpretierst." Der CDU-Fraktionsvorsitzende Klaus-Jürgen Bernotat brachte einen anderen Punkt zur Sprache. Er fühle sich "veräppelt". Haberbosch habe zwei Tage vor der Ratssitzung in der "Bürgermeister-Runde", an der die Fraktionsvorsitzenden teilnehmen, den Brief an den Landrat "nicht erwähnt". Darauf erwiderte Haberbosch, das Thema sei ihm so wichtig, dass er den gesamten Rat darüber in Kenntnis setzen wollte, nicht nur die Fraktionsspitzen. Lübbecker Spitze gegen Espelkamp Dieter Erber (SPD) wollte wissen, warum nach den Vorstellungen der Bürgermeister der Kreis das Espelkamper Grundstück kaufen soll und nicht die Stadt Espelkamp? "Espelkamp hätte die Fläche gern gekauft, ist finanziell aber nicht in unserer Situation", so Haberbosch. Hintergrund: Wie mehrfach berichtet, fordert das Finanzamt mindestens 20 Millionen Euro an zu viel gezahlter Gewerbesteuer inklusive Zinsen von der Stadt Espelkamp zurück. Kritisch haben sich mit dem Schreiben der Bürgermeister, von denen Frank Haberbosch (Lübbecke), Michael Kasche (Hüllhorst) und Marko Steiner (Preußisch Oldendorf) nicht auf Nachfragen von nw.de geantwortet haben, auch andere Beteiligte auseinandergesetzt. Die Bürgerinitiative (BI) etwa, die sich für den Erhalt der Krankenhäuser Lübbecke und Rahden einsetzt, moniert: "Was ... mag die Bürgermeister ... bewogen haben, in einem gemeinsamen Schreiben den Kreis aufzufordern, das Grundstück Gabelhorst für ein neues Krankenhaus in Espelkamp zu erwerben?" Die Bürgermeister hätten selbst festgestellt, dass es derzeit keine breite Akzeptanz für das Vorhaben gebe und die Finanzierung sehr fraglich erscheine, zumal die Haushalte sich von rot Richtung dunkelrot bewegten. Kommentar zum Thema: Klinik-Debatte im Lübbecker Land: Warum reden sie nicht Klartext? Was die Bürgerinitiative sagt Statt dem neuen Landrat bei seinen Bemühungen zu folgen und zu unterstützen und "keine vorzeitigen Dispositionen zu treffen, die nicht nachhaltig im Sinne der Gesundheitsversorgung wären", machten die Bürgermeister genau das Gegenteil, wirft BI-Sprecher Klaus Peitzmeier ihnen vor. Sie wollten offenbar mit Steuergeld voll ins Risiko gehen. Eine solche Herangehensweise sei der Anfang vom Ende der kommunalen Selbstverwaltung und der Gesundheitsversorgung in kommunaler Hand. "Einfach grob fahrlässig ein solches Verhalten", so Peitzmeier. Mit Interesse wird die neue gemeinsame Stellungnahme der Bürgermeister aus dem Lübbecker Land auch in der Kreispolitik aufgenommen. Offen reden will darüber derzeit niemand, nur hinter vorgehaltener Hand. In Teilen der Politik soll es große Verwunderung auch wegen des Zeitpunktes des Schreibens geben. In der Kreispolitik wird auf die Gespräche des neuen Landrates auch im Gesundheitsministerium in Düsseldorf verwiesen. Vermutung: Solidaritätsbrief für Vieker Zudem wolle Landrat Ali Dogan neue Berechnungen erstellen lassen und einen externen Sachverständigen einschalten, um eine solide Grundlage für die weiteren Beratungen zu haben. Es soll außerdem Zweifel daran geben, jetzt schon mehrere 100.000 Euro für ein Grundstück auszugeben, obwohl die Frage "Neubau oder Sanierung im Bestand" noch gar nicht abschließend bewertet sei. In Teilen der Kreispolitik soll das Bürgermeister-Schreiben mit der Aufforderung zum Grundstückskauf deshalb zum jetzigen Zeitpunkt für deplatziert gehalten werden. Es gibt Stimmen, die den Brief eher in Richtung einer Solidaritäts-Bekundung für den Espelkamper Bürgermeister Henning Vieker einordnen. Dieser habe, so ist zu hören, ja bereits zwei kleinere Flächen an der Gabelhorst gekauft, die laut MKK-Plänen Teil eines Klinik-Geländes werden sollen. Zusammenhänge mit der nächsten Wahl? Zweifel soll es in Teilen der Kreispolitik auch daran geben, dass die Reihe der sechs Bürgermeister fest steht. Zudem soll es Stimmen geben, die den Bürgermeister-Brief schon im Zusammenhang mit der nächsten Kommunalwahl sehen. Die CDU habe die jüngste Landratswahl klar verloren, weil sich weder Partei noch Kandidat ernsthaft mit dem Thema Krankenhaus-Planung befasst hätten. In diese Richtung gehen auch selbstkritische Stimmen in den Reihen der CDU Minden-Lübbecke.

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