Verbraucherzentrale zu Gaspreisen: Worauf man beim Anbieterwechsel achten sollte

Frau Franke-Röthemeyer, Frau Schiermeyer, die gestiegenen Energiepreise bereiten vielen Bürgern Sorgen. Seit 1. Januar gelten daher bei Strom, Gas und Wärme für einen Grundverbrauch unter anderem Höchstpreise, die der Staat garantiert. Kann ich mich nun als Verbraucher zurücklehnen oder was muss ich tun? Der Bundestag hat inzwischen eine ganze Reihe Maßnahmen beschlossen, mit denen der Staat Verbraucherinnen und Verbraucher unterstützen möchte. Da sich die Energiepreise für viele Kundinnen und Kunden im Vergleich zurzeit vor der Krise schon vervielfacht haben, fangen diese Maßnahmen nicht die gesamten Kostensteigerungen auf. Es bleibt daher sehr wichtig, dass Gas beziehungsweise Fernwärme und Strom eingespart werden. Kommen Bürger derzeit vermehrt mit (falschen) Abschlagszahlungen zu Ihnen in die Beratung? Ja, das ist tatsächlich der Fall. Häufig lassen sich die Abschläge jedoch nach Absprache mit dem Energieversorger korrigieren. Dies funktioniert zum Beispiel, wenn eine bereits realisierte Energieersparnis oder der Auszug eines Familienmitgliedes nicht berücksichtigt wurde. Hier reicht es dann oft, ein Foto des Zählers mit dem aktuellen Zählerstand vorzulegen. Beschwerden erreichen uns auch, wenn die Senkung der Mehrwertsteuer auf 7 Prozent in den Abschlägen noch keine Berücksichtigung findet. Wie groß sind die Preisunterschiede bei den Gas-Grundversorgern im Kreis Minden-Lübbecke? Die Verbraucherzentrale NRW hat zum Stichtag 1. Oktober 2022 große Preisunterschiede bei den Grundversorgungstarifen festgestellt. Eine aktuelle Übersicht für den Kreis Minden-Lübbecke liegt uns leider nicht vor. Wie sinnvoll ist es, jetzt etwa den Gasversorger zu wechseln? Ein Anbieterwechsel ist zurzeit nicht einfach. Viele Anbieter nehmen weiterhin keine neuen Kunden auf und die am Markt verfügbaren Neukundentarife sind sehr teuer. Die bekannten Preisportale bieten nur ein rudimentäres Angebot und manche angezeigten Tarife im Preisportal sind nicht mehr am Markt verfügbar. Zudem werden Grundversorgertarife nicht im Tarifergebnis der Portale abgebildet. Kunden sollten die Ergebnisse von Vergleichsportalen beim Anbieter selbst überprüfen und sich zusätzlich bei lokalen Anbietern vor Ort nach Tarifen und vor allem auch dem Grundversorgungstarif erkundigen. Um zu prüfen, ob sich ein Anbieterwechsel rechnen könnte, sollten zuerst die aktuellen Tarifkonditionen überprüft werden: Wer ist Ihr Anbieter, welchen Jahresverbrauch haben Sie bei Gas, welche Preiskonditionen haben Sie, haben Sie eine eingeschränkte Preisgarantie oder vielleicht sogar eine Festpreisgarantie? Wenn diese Fragen geklärt sind, kann ein Tarifvergleich vorgenommen werden. Zu warnen ist vor Vertragsabschlüssen, die am Telefon eingeleitet werden, und vor Vertragsschlüssen an der Haustüre. Unseriöse Anbieter sind weiter am Markt und versuchen, Verbraucher mit Lockangeboten zu ködern, um dann – oft schon vor dem Belieferungsbeginn – die Preise massiv zu erhöhen. Was halten Sie von Vergleichsportalen im Internet? Viele Anbieter haben gerade (erneut) die Preise erhöht und geben damit die hohen Beschaffungskosten des Jahres 2022 an ihre Kundinnen und Kunden weiter. Wie können die beurteilen, ob ein Tarif teuer oder attraktiv ist? Für die Tarifsuche können Vergleichsportale genutzt werden. Liegt Ihr Tarif preislich darunter, ist er eher günstig, liegt er deutlich darüber, ist es ein teures Angebot. Aber: Vergleichsportale beziehen die Grundversorgungstarife oftmals nicht in ihr Suchergebnis ein - ab und zu kann auch die Grundversorgung eine günstige Tarifoption sein. Zudem stimmen zurzeit oftmals die Preise der ausgewiesenen Tarife in den Portalen nicht. Die Preise sind veraltet und günstig und erscheinen deshalb weit oben im Suchergebnis. Es kann aber auch aktuelle, noch etwas günstigere Tarife bei Anbietern geben, die nicht im Portal abgebildet werden, sodass dann nur sehr teure Tarife im Portal erscheinen. Außerdem bilden sogenannte Online-Tarife mittlerweile den Großteil der günstigsten Tarife in den Vergleichsportalen. Dabei läuft der Kontakt zum Anbieter in der Regel ausschließlich per E-Mail oder über ein Kundenportal. Persönliche Gespräche und teils auch Telefonate sind nicht vorgesehen. Auch von den Preiserhöhungen erfahren Sie in diesen Tarifen nur auf dem elektronischen Weg. Wählen Sie deshalb nur dann einen Online-Tarif, wenn Sie Ihre E-Mails regelmäßig lesen und auf persönlichen Service verzichten können. Wann habe ich ein Sonderkündigungsrecht bei meinem Versorger? In der Regel hat man bei jeder Preisänderung ein Sonderkündigungsrecht. Im Energiewirtschaftsgesetz (§ 41 Abs. 5 und 6) ist klar geregelt, dass Kundinnen und Kunden zu dem Tag kündigen können, an dem geänderte Preise in Kraft treten sollen. Man sollte jede E-Mail oder jeden Brief von seinem Lieferanten genau lesen, auch wenn das Schreiben auf den ersten Blick unwichtig erscheint. Es kann immer passieren, dass diese Schreiben eine Preiserhöhung enthalten. Auch wenn man gerade erst den Anbieter gewechselt hat, kann es sein, dass die Preise kurz nach Vertragsschluss steigen sollen. Dennoch sollten die Kundinnen und Kunden eine Kündigung gut überlegen. Sie kann finanziell vorteilhaft für sie sein, muss es aber nicht. Die wichtige Frage ist, ob es möglich ist, Gas oder Strom von einem anderen Anbieter günstiger zu bekommen. Inwieweit ist der Bedarf an Beratungen zum Thema Energie bei Ihnen gestiegen und in welchem Bereich ist er zurückgegangen? Die Beratungsstelle der Verbraucherzentrale in Minden erreicht täglich eine Vielzahl von Anfragen rund um die Energielieferverträge und den damit verbundenen Problemen. Es melden sich immer mehr (auch verzweifelte Kunden), die Sorge haben, wie sie die erhöhten Abschläge für Strom und Gas noch bezahlen sollen. Die Kunden sind sehr verunsichert und haben einen hohen Beratungsbedarf. Aktuell sind es 15 bis 20 Anfragen pro Tag. Dabei geht es um Preiserhöhungen, Erhöhung der Abschläge, falsche Rechnungen, untergeschobene Verträge am Telefon, zur Strom-und Gaspreisbremse, zum Dezemberabschlag etc. Zurückgegangen sind die Anfragen rund um das Thema Sanierung - die Kundinnen und Kunden achten auf ihr Budget und stellen Investitionen vorerst zurück.

Meistgelesen