Lübbecker Bürger und Unternehmer bleiben von Steuererhöhungen verschont

Lübbecke. Der städtische Haushalt 2023 ist unter Dach und Fach. Der Stadtrat stimmte dem vom allseits gelobten Finanzdezernenten Dirk Raddy vorgelegten Zahlenwerk mit großer Mehrheit am Donnerstagabend in der Stadthalle zu: 22 Ja-Stimmen standen 5 Nein-Stimmen und 11 Enthaltungen gegenüber. Der Haushalt sieht im kommenden Jahr Einnahmen von 64,1 und Ausgaben von 71,4 Millionen Euro vor. Auch die Planung für 2024 bis 2026 weist jeweils 6 bis 8 Millionen Euro mehr Ausgaben als Einnahmen auf. Die Steuersätze für das nächste Jahr sollen erneut beibehalten werden. Die Grundsteuer für land- und forstwirtschaftlichen Betriebe (Grundsteuer A) beträgt demnach 217 von Hundert, die Grundsteuer B für Grundstücke 429 von Hundert und die Gewerbesteuer 417 von Hundert. Vier Projekte für 11 Millionen Euro Die Hälfte der 2023 vorgesehenen Investitionen über fast 22 Millionen Euro entfällt allein auf vier Projekte: Freibadumbau (5,5 Millionen Euro), Kultur- und Bildungszentrum Rahdener Straße (2,5 Millionen Euro), raumlufttechnische Anlagen (2 Millionen Euro) sowie die weitere Innenstadtentwicklung (ISEK) für gut 1,3 Millionen Euro. Für die SPD-Fraktion, die dem Haushalt zugestimmt hat, hob Andreas Schröder hervor: Die veränderte Lebenswirklichkeit sei auch in Lübbecke angekommen, ein Blick auf die Gas- und Stromabrechnungen zeige es letztlich sehr deutlich: "Wir sind dazu aufgerufen, besonders verantwortungsvoll mit den Finanzmitteln der Stadt umzugehen. Ein schmaler Grat zwischen vernünftiger Sparsamkeit und Lähmung der Entwicklung unserer Stadt." "Maßvoll, aber nicht mutlos" Diese Krise werde ein Ende finden, zeigte Schröder sich überzeugt. Und genau für diese Zeit müsse man zukunftsweisend planen: "Daher begrüßen wir ganz deutlich noch einmal unsere positiven Entscheidungen zum Masterplan Grundschule und zum Freibad." Auch alle Maßnahmen zur frühkindlichen Bildung seien unaufschiebbar: "Gut angelegtes Geld." Den Haushalt 2023 bezeichnete Schröder zusammenfassend als "maßvoll, aber keinesfalls mutlos". Zustimmung zum Haushalt kam auch von der Wählergemeinschaft Lübbecke (WL), für die Dieter Wiegmann Bürgermeister Frank Haberbosch dankte, "der unbeirrt das Projekt Westertor vorangebracht und verwirklicht hat". In den vergangenen Jahren sei es der Stadt Lübbecke gelungen, die Ausgleichsrücklage aufzufüllen und ein erhebliches Liquiditätspolster aufzubauen. Ermöglicht worden sei das durch ein "erfreulich hohes Gewerbesteueraufkommen und eine solide Ausgabendisziplin". WL will Pulver trocken halten Der WL sei in diesen unsicheren Zeiten viel daran gelegen, stets genug "Pulver trocken zu halten, um immer handlungsfähig zu bleiben". Aus Sicht der Wählergemeinschaft sei diese Grundhaltung im vorliegenden Haushalt für 2023 "ausreichend berücksichtigt". Er sehe vor, für die Schulen 5 Millionen Euro einzusetzen und beide Schwimmbäder mit Hilfe von Fördermitteln zu sanieren: "Vorhaben, die lange und sorgfältig geplant wurden." Unterstützung kam neben LK-Ratsherr Bernd Sasse-Westermann ("Solider Haushalt") von der FDP-Fraktion, für die Andreas Eickmeier das Wort ergriff. Die guten Zeiten seien Geschichte und die Beibehaltung der Steuersätze "ein gutes Signal an die Bürger und die Unternehmen". Richtig sei es gewesen, einen Digitalisierungsbeauftragten für die Stadt einzustellen, denn die Verwaltung sei "Dienstleister der Bürger". Hat Greenfiber zu viel versprochen? Die Eröffnung des Einkaufszentrums "Westertor" bezeichnete Eickmeier als "weitere Aufwertung" Lübbeckes, nannte aber auch Herausforderungen, etwa die enorm gestiegenen Energiekosten und die Unterbringung von Ukrainern, die vor dem Krieg flüchteten. Kritische Worte verlor der FDP-Ratsherr über den Ausbau des Glasfasernetzes: "Der zieht sich hin." Das Unternehmen Greenfiber habe "den Mund vielleicht zu voll genommen". Für die CDU wies Klaus-Jürgen Bernotat auf die sehr guten Gewerbesteuereinnahmen auch aus den Jahren 2019 bis 2021 hin. Aufgrund der hohen Ausgleichsrücklage werde man "in den nächsten drei Jahren nicht von einer Haushaltssperre betroffen sein". Kritisch merkte er eine Vielzahl von beschlossenen Investitionsmaßnahmen an: "Die schiebt man seit Jahren vor sich her." Da Investitionen aufgrund der sich ändernden finanziellen Rahmenbedingungen künftig nicht mehr so großzügig durchgeführt werden könnten, sollten Politik und Verwaltung gemeinsam "eine Prioritätenliste für die Umsetzung solcher Maßnahmen erarbeiten". Darum hat die CDU sich enthalten Vor der Abstimmung sagte Bernotat: "Da unser Antrag zur Förderung der Einstellung eines Betrages von 50.000 Euro für integrative und bildungspolitische Projekte an Grundschulen in den Haushalt des nächsten Jahres heute leider keine Mehrheit fand, obwohl dieser im Fachausschuss bereits positiv beschlossen wurde, wird die CDU-Fraktion dem Haushalt für das Jahr 2023 nicht zustimmen, sondern sich enthalten." Abgelehnt haben den Haushalt die Grünen, was Christiane Brune-Wiemer einleitete mit dem Hinweis auf positive Einnahmen aus der Gewerbesteuer, Rückführungen von Verbindlichkeiten und Verpflichtungsermächtigungen. Diese Ist-Bilanz werde sich aber nicht fortsetzen lassen "bei all den Unsicherheiten, die wir erleben und die noch zu erwarten sind". Zurecht erhebe Kämmerer Dirk Raddy schon heute mahnend seine Stimme. Das brennt den Grünen auf den Nägeln Der Schwerpunkt 2023 liege weiterhin auf Investitionen im Hoch- und Tiefbausektor, Bildung und Kultur. Sträflich vernachlässigt worden seien aber unter anderem die Herausforderungen des Klimawandels. In den Planungsansätzen für 2023 bis 2026 entdeckten die Grünen lediglich ein Weiter wie bisher. Damit werde man allen Herausforderungen aber nicht gerecht. Schon gar nicht der Klimakrise, obwohl hier die Uhr ticke und obwohl die Ziele vorgegeben seien, kritisierte Brune-Wiemer: "Weil uns Umwelt-, Klima-, Energie- und Naturschutzmaßnahmen gleichermaßen auf den Nägeln brennen, kann die Fraktion dem Haushalt nicht zustimmen."

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