Neun-Euro-Ticket: Diese Nachteile und Tücken gibt es

Lübbecker Land. Ab Mittwoch, 1. Juni, gilt es: Für neun Euro können Menschen einen Monat lang bundesweit den Nahverkehr nutzen. Im Juni. Und auch im Juli und im August gilt nach dem Willen der Bundesregierung das Neun-Euro-Ticket. Wie stark die Nachfrage ist, welche Probleme es schon gibt und noch geben könnte und welche Tipps es für Familien für Touren in den Sommerferien gibt. &bdquo;Die Nachfrage nach dem Neun-Euro-Ticket ist stark“, sagt Axel Struckmeier, der die Fahrkartenagentur im Espelkamper Bahnhof betreibt. "Nicht zu Ende gedacht" Wer ein Abo für eine Monatskarte habe, der müsse nichts tun. Es würden nur die neun Euro berechnet. Der großen Nachfrage zum Trotz: Axel Struckmeier &bdquo;Die haben jetzt wieder was beschlossen, was nicht komplett zu Ende gedacht ist.“ Mit dem Neun-Euro-Ticket falle alles im Nahverkehr andere weg wie etwa Tageskarten, Monatskarten oder Abos. Das neue Ticket hat auch finanzielle Folgen für Struckmeier und alle anderen Agentur-Betreiber. &bdquo;Mit der Einführung des Neun-Euro-Tickets sind wir nicht einen Tag profitabel. So viele Tickets könnten wir gar nicht verkaufen.“ Normalerweise verkauften Agenturen die Fahrkarten auf Provisionsbasis. Diese Provisionen fielen nun weg. &bdquo;Stand jetzt: Der komplette Umsatz wird sich halbieren. Davon gehen wir aus.“ Reisen wurden in den Juni verschoben Kostendeckend lasse sich für die Agenturen das Neun-Euro-Ticket nicht hinbekommen. In den vergangenen Wochen habe es einen Buchungsstau gegeben, hat Axel Struckmeier beobachtet. Es habe doch viele Menschen gegeben, die wegen des neuen Tickets ihre Reisen in den Juni verschoben hätten. In Struckmeiers Agentur gibt es dafür ein klassisches Beispiel: Er verkauft viele Fahrkarten, mit denen Menschen bis Bielefeld fahren und dort in die Züge des Fernverkehrs nach Düsseldorf und Köln umsteigen. &bdquo;Die fahren dann mit IC oder ICE.“ Nun nutzten die Menschen den Regionalverkehr. Das dauere bis Köln 75 Minuten länger, aber das wollten viele Menschen in Kauf nehmen. &bdquo;Viele verzichten, wenn möglich, auf den Fernverkehr und nutzen Regionalverkehr.“ Er habe schon mit dem Bundestagsabgeordneten Achim Post und der Landtagsabgeordneten Christina Weng Kontakt aufgenommen, &bdquo;weil niemand weiß, wie die Agenturen entschädigt werden sollen“. Verkehrsminister Volker Wissing habe erklärt, dass das Neun-Euro-Ticket voll durchfinanziert sei. Die bereitgestellten Gelder des Bundes sollen an die Länder gehen und von denen verteilt werden. &bdquo;Da ist aber nicht bekannt, wie das laufen soll“, merkt Struckmeier an. "Niemand weiß, wie die Agenturen entschädigt werden sollen" &bdquo;Was für uns extrem tragisch ist: Wir sind als Agentur seit Beginn der Corona-Pandemie in Kurzarbeit.“ Es habe gerade im ersten Corona-Jahr massive Einbrüche bei den Passagierzahlen gegeben. Zudem habe es wegen der Einschränkungen wie dem Verbot von Hotelübernachtungen auch Einbrüche bei Urlaubsbuchungen gegeben. Die Umsätze seien teilweise auf 20 Prozent des Vor-Corona-Niveaus eingebrochen. &bdquo;Schulen oder Betriebe waren zu, da wurde kein Transport benötigt.“ Nun klinge die Pandemie ab &bdquo;und wir waren auf dem Weg zurück in die Normalität.“ Jetzt werde durch das Neun-Euro-Ticket mit den zu erwartenden Umsatzeinbrüchen das Geschäft zerstört, kritisiert Axel Struckmeier. Eine Monatskarte zwischen Espelkamp und Bielefeld koste 227 Euro. Für ein einziges solcher Tickets müsste Struckmeier nach eigenen Angaben 25 Neun-Euro-Tickets verkaufen. &bdquo;Das kann gar nicht ausgeglichen werden.“ Die Erholung nach Corona sei futsch. &bdquo;Das kann gar nicht ausgeglichen werden“ Er persönlich zweifle auch, ob die vom Bund bereitgestellten 2,5 Milliarden Euro für die Finanzierung des Tickets ausreichten. Er vermute, dass die Zahl der Reisenden, die flexibel seien, offenbar unterschätzt worden sei. Das seien Reisende, die spontan etwa nach Bielefeld zum Einkaufen oder übers Wochenende mit dem Zug führen. Und ebenfalls unterschätzt worden sei offenbar die Zahl derjenigen, die nun auf den Fernverkehr verzichteten. &bdquo;Nahverkehr statt Fernverkehr – das zeichnet sich ab.“ Aus Sicht Struckmeiers stellt sich die Frage, was das Neun-Euro-Ticket langfristig bringen soll. Viele seien sich einig, dass die Zeit günstiger Energien vorbei sei. &bdquo;Ob Tankstellen-Rabatt oder Neun-Euro-Ticket – wo ist da die Langfristigkeit?“ Er sehe hier nur steigende Schulden des Staates. Das ganze Tarifgeflecht in Deutschland müsste aus Sicht von Axel Struckmeier umgestellt werden, wolle man mehr Menschen in den ÖPNV bringen. Es müsse ein bundesweit einheitlicher Tarif her und damit würden auch die Verkehrsverbünde überflüssig. &bdquo;Eigentlich muss ich ein Ticket von A nach B günstig kaufen können – ohne beachten zu müssen, wo die Verbund-Grenzen sind.“ Viele Menschen verzichteten auf die Nutzung der Bahn, weil ihnen die Tarifstruktur zu kompliziert sei. Wie Familien in den Ferien besonders preiswert reisen In knapp vier Wochen beginnen in NRW die Sommerferien. Wie können Familien dann besonders preiswert auf Reisen gehen? Axel Struckmeier empfiehlt ihnen das Neun-Euro-Ticket. Anders als etwa Tageskarten, die meistens erst ab 9 Uhr gültig seien, sei das neue Ticket ohne zeitliche Eingrenzung nutzbar. Und das zeitlich befristete Angebot sei schon günstig mit neun Euro im Monat. Struckmeier zieht einen Vergleich: Eine Fahrt von Espelkamp nach Lübbecke und zurück kostet normalerweise schon 9,30 Euro. Für die Familien hat Struckmeier aber einen Tipp: Sie sollten bei Reisen in den Sommerferien mit dem Neun-Euro-Ticket die Hauptstrecken oder die großen Umsteige-Bahnhöfe wie Hamburg-Hauptbahnhof möglichst meiden und Alternativrouten suchen. Auch wenn die Fahrzeit dann länger sei – das erspare ein Riesen-Gedränge.

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