Stadthallen-Entscheidung in Lübbecke: Gegenstimme gehört dem Bürgermeister

Lübbecke. Weit über eine Stunde haben am Donnerstag die Ratsfraktionen und die Verwaltung über die Zukunft der Stadthalle diskutiert. Insbesondere darüber, wer die Entscheidung darüber treffen soll, ob sie abgerissen und neu gebaut, oder ob sie saniert werden soll: Die Bürger in Form eines Ratsbürgerentscheids, wie von der Verwaltung vorgeschlagen, oder wie üblich der Stadtrat. Immer wieder wurden neue Anträge gestellt, bis sich schließlich ein ursprünglich von allen Parteien und Wählergemeinschaften getragener Antrag durchsetzte – SPD und Bernd Sasse-Westermann von Lübbecke Konkret (LK) enthielten sich der Stimme. Phase Null, so nennen Fachleute die Phase vor der konkreten Planung eines Projekts. Diese Phase Null, in der alle beteiligten Gruppen – also Politik, Verwaltung und Bürger – hat sich schließlich durchgesetzt. Und zwar ohne, dass ein Ergebnis – Abriss und Neubau oder Sanierung der Stadthalle – vorweggenommen wird. Stattdessen soll &bdquo;ergebnisoffen“ informiert und diskutiert werden, unter fachlicher externer Moderation und Begleitung. Dafür hat sich eine Mehrheit der Ratsmitglieder ausgesprochen, bei einer Gegenstimme: der von Bürgermeister Frank Haberbosch (SPD). »Die Fragestellung war eine Frechheit« Haberbosch wollte unbedingt einen Ratsbürgerentscheid. Er wäre auf Drängen unter anderem von Kerstin Wöbbeking (Grüne, fraktionslos) sogar mit einer Verlegung des Termins einverstanden gewesen und hatte schon Sonntag, den 18. September, vorgeschlagen. Doch die Fraktionen mochten ihm nicht folgen. Im Gegenteil: Der von der Verwaltung vorgeschlagene Satz, über den die Bürger am Tag der Landtagswahl (15. Mai) hätten abstimmen sollen, wurde von mehreren Seiten heftig kritisiert.So sagte etwa Andreas Holdmann (CDU), von Beruf Polizeibeamter: &bdquo;Das ist eine Suggestivfrage, das ist bei der Polizei verboten.“ »Tendenziöser geht es nicht« Am weitesten bei den kritischen Äußerungen ging Gerd Husemeyer von der WL. Der warf Haberbosch vor: &bdquo;Die Fragestellung war eine Frechheit. Tendenziöser geht es nicht.“ Husemeyer und die Kritiker aus den anderen Parteien bezogen sich auf den von der Verwaltung formulierten Satz, den die Bürger am Tag des Ratsbürgerentscheides hätten beantworten sollen. Er lautet: &bdquo;Sind Sie dafür, dass die Stadthalle nicht saniert, sondern im Sinne einer zukunftsweisenden Stadtentwicklung mit multifunktionaler Ausrichtung für Jung und Alt am bisherigen Standort barrierefrei neu errichtet wird?“ Gelebte Demokratie Der Bürgermeister verteidigte die Formulierung und sagte, die Bürger könnten so eine Frage, die auch nicht tendenziös sei, durchaus beantworten. Im Übrigen frage er die Ratsmitglieder vor Abstimmungen ja auch nicht, ob sie sich vorher ausreichend informiert hätten. Im weiteren Verlauf der Debatte zeigte er sich allerdings kompromissbereiter und bot an, es könne auch eine anders formulierte Frage beschlossen werden. Geschlossen an seiner Seite hatte der Bürgermeister die SPD-Fraktion. Ihr Vorsitzender Andreas Schröder sagte, die Bürger über den Neubau oder die Sanierung der Stadthalle abstimmen zu lassen, &bdquo;sorgt für Klarheit, Planungssicherheit und Frieden mit der Entscheidung – welche auch immer das dann sein wird“. Das sei gelebte Demokratie, und genau hier und jetzt sei sie goldrichtig.Über jedes Großprojekt wird gestritten Der interfraktionelle Antrag habe seinen Charme gehabt, führte Schröder weiter aus. Deshalb haben die SPD-Fraktion ihn mit auf den Weg gebracht. Im Nachhinein müsse man sich aber fragen, wieso die SPD nicht selbst auf die Idee gekommen sei, die Grundsatzentscheidung in die Hand der Bürgerschaft zu geben. Schröder: &bdquo;Aus den Erfahrungen der jüngeren Vergangenheit wissen wir doch nur zu gut, dass es kein Großprojekt mehr gibt, über das nicht gestritten werden würde.“Egal zu welcher Planungsrichtung der Rat komme, es werde Gegner geben, die lieber den anderen Weg gegangen wären. Und die würden sich übergangen fühlen. &bdquo;Den ganzen Ärger können wir uns mit einem Bürgerentscheid schenken“, appellierte Schröder in die Runde. Enkeltaugliche Lösung Innerhalb der SPD gebe es durchaus unterschiedliche Ansichten zu der Frage des Neubaus oder einer Sanierung. Aber Einigkeit herrsche darüber, dass man zu einer enkeltauglichen Lösung kommen müsse, die von der Stadtgesellschaft getragen werde. Schröder: &bdquo;Wir planen hier nicht für zehn oder 20 Jahre, sondern für eine Zeit, in der viele von uns wahrscheinlich als Nutzer der Stadthalle nicht mehr in Frage kommen werden.“Namentliche Abstimmung Aus Sicht der Sozialdemokraten gehe es dabei um weit mehr als nur die Stadthalle, &bdquo;nämlich um einen entscheidenden Impuls für die Quartiersentwicklung in der nördlichen Innenstadt“. Damit die Bürger im Protokoll nachlesen könnten, &bdquo;wer sie entscheiden lassen wollte und wer nicht“, beantragte die SPD namentliche Abstimmung über den Allparteienantrag. Der fand eine Mehrheit von 21 Ja-Stimmen.

Meistgelesen