Corona mobilisiert: Jetzt meldet sich die "schweigende Mehrheit" zu Wort

Lübbecker Land. Seit Anfang Dezember beschäftigen sogenannte "Lichter-Spaziergänge" die Polizei im Lübbecker Land und darüber hinaus. Laut Polizeisprecher Ralf Steinmeyer registrieren die Ordnungsämter und die Polizei derartige Versammlungen in Minden, Porta Westfalica, Petershagen, Bad Oeynhausen, Lübbecke und Espelkamp. "Mit unterschiedlichsten Teilnehmerzahlen", so Steinmeyer auf Anfrage. Während sich die Teilnehmerzahl etwa in Lübbecke vor 14 Tagen und vergangene Woche zwischen 50 und 70 bewegte, waren Steinmeyer zufolge am vergangenen Donnerstag mit gut 300 Personen die meisten Menschen in Minden unterwegs. Es gibt mehrere neue Entwicklungen Mittlerweile gibt es allerdings mehrere neue Entwicklungen. Am frühen Montagnachmittag teilte der Pressesprecher der Kreispolizeibehörde noch mit: "Bei allen bisherigen Versammlungen lag uns keinerlei Anmeldung vor." In allen Fällen habe sich auf Nachfrage durch die Einsatzkräfte kein Veranstaltungsleiter zu erkennen gegeben. Daher sei kreisweit in allen Fällen jeweils eine Anzeige wegen Verstoßes gegen das Versammlungsgesetz gefertigt worden. Auch für die für diese Woche in Telegram angekündigten Versammlungen - darunter in Lübbecke und Espelkamp - lägen der Polizei bisher keine Anmeldungen vor. Steinmeyer: "Damit rechnen wir aufgrund der bisher gemachten Erfahrungen auch nicht." Abtreibungs-Holocaust-Vergleich Doch am späten Montagnachmittag änderte sich die Informationslage. Plötzlich lag der Kreispolizeibehörde doch eine Anmeldung vor: für einen sogenannten &bdquo;Friedensspaziergang“ am gleichen Tag, und zwar an der Breslauer Straße in Espelkamp. Damit setzt sich die Reihe dieser Protestaktionen gegen die Corona-Schutzmaßnahmen aus dem vergangenen Jahr in Espelkamp fort. Anmelder war der aufgrund seines Abtreibungs-Holocaust-Vergleiches und seiner Bundestagskandidatur für das fundamental-christliche Bündnis C bekannt gewordene Dietrich Janzen aus Espelkamp. "Damit haben wir erstmals eine, wenn auch kurzfristige, Anmeldung für diese Art von Versammlung", sagte Steinmeyer. Janzen zufolge, der bislang nur als Redner der Espelkamper Friedensspaziergänge in Erscheinung getreten war, sollten Lichter oder Kerzen von den Teilnehmern mitgebracht werden. Verstanden werden sollte die Aktion als stiller Protest gegen die Corona-Politik der Bundesregierung. Schweigende Bürger liefen durch die Espelkamper City Montagabend versammelten sich rund 45 Menschen am überdachten Rathauseingang in der Espelkamper Innenstadt. Die meisten hatten eine Kerze oder ein Windlicht mitgebracht. Angeführt vom Bündnis C-Ratsherren Dietrich Janzen und Viktor Harder, der im Frühjahr vergangenen Jahres die "Friedensspaziergänge" gemeinam mit Udo Neikes organisiert hatte, spazierte die Gruppe schweigender Bürger auf beiden Seiten die Breslauer Straße entlang. Nach etwa einer Stunde traf man sich wieder am Rathauseingang, wo die mitgebrachten Kerzen auf den Treppenstufen abgesetzt wurden. Neikes befindet sich aktuell in Quarantäne, weil er Corona-positiv getestet worden war, wie Janzen und Harder der NW berichteten.Janzen hatte den Spaziergang ordentlich angemeldet Am Schluss verabredeten sich die Teilnehmer darauf, an weiteren Spaziergängen in dieser Form in anderen Orten des Kreisgebietes teilzunehmen. Auch in Espelkamp soll es einen regelmäßigen Treffpunkt geben. Janzen machte im Gespräch mit der NW deutlich, dass er die Veranstaltung bewusst bei der Polizei angemeldet habe, damit nicht im Nachhinein Anzeigen erstattet oder behauptet würde, man habe dies illegal getan, denn man wolle sich "im Rahmen von Recht und Gesetz bewegen". Eine junge Polizistin der Espelkamper Polizeiwache hatte vor Beginn des Spaziergangs die Teilnehmer freundlich begrüßt und noch einmal nachgefragt, wie lange der Spaziergang dauere und welche Vorsichtsmaßnahmen zu beachten seien.Auch in einem anderen Punkt änderte sich am vergangenen Montag die Situation im Zusammenhang mit den Friedensspaziergängen. Während der Polizei bis zum frühen Nachmittag keine Anzeichen für eine sich entwickelnde Gegenbewegung für Lübbecke und Espelkamp vorlagen, musste Ralf Steinmeyer diese Aussage kurze Zeit später korrigieren. Denn am Samstag, 8. Januar, ab 10 Uhr soll es eine Versammlung in Form einer Menschenkette in Lübbecke geben. Angemeldet wurde sie von Michael Hafner und Irmgard Schmidt, Sprecher der örtlichen Initiative &bdquo;Lübbecke zeigt Gesicht“. "Lübbecke zeigt Gesicht" ruft zur Gegenveranstaltung auf "Wir sorgen füreinander", so lautet das Motto der Veranstaltung am Samstag. "Wir von 'Lübbecke zeigt Gesicht' sind der Meinung, dass sich die Mehrheit der Lübbecker Bürger, trotz aller Einschränkungen und Anforderungen, weiterhin in gelebter Solidarität üben will, um so mitzuhelfen, das Virus zu überwinden. Wir wollen uns für unsere Stadt zusammenschließen und zeigen, dass wir durch das Einhalten der Maßnahmen und Impfungen füreinander sorgen wollen und so der Pandemie entgegentreten und normales Leben, insbesondere für unsere Kinder, wieder ermöglichen", so heißt es wörtlich in der Erklärung. Die Bürger, die teilnehmen möchten, werden gebeten, eine Maske dabei zu führen und auch einen Schal als Abstandshalter. Als Abschluss könne jeder Teilnehmer auf dem Wappenplatz ein kleines Glas mit Teelicht als symbolisches Gedenken an die Coronatoten aufstellen, so heißt es weiter. "Wir wollen einen Gegenpol der schweigenden Mehrheit zu den so genannen 'Montagsspaziergängern' setzen, macht Irmgard Schmidt im Gespräch mit nw.de deutlich. Vor einem Jahr Angst und Schrecken in Lübbecke verbreitet Vor knapp einem Jahr hatte die Initiative sich kritisch geäußert, nachdem Coronaschutz-Kritiker bei einem "Spaziergang" vom Gänsemarkt, über Bäckerstraße und Lange Straße bis zum Burgmannshof gezogen waren. In einer Stellungnahme hieß es: "Liebe Lübbecker, eine Gruppe von Querdenkern, Coronaleugnern, religiösen Rassisten und AfD-Sympathisanten versuchte am vergangenen Samstag und auch schon am 9. Januar hier bei uns in Lübbecke Angst und Schrecken zu verbreiten. Der Zug durch unsere Stadt wurde von einem YouTuber moderiert, der sich auch schon am 30. August 2020 unrühmlich bei der Erstürmung der Reichstagstreppe hervorgetan hat." Gemeint war Impfgegner Matthäus Westfal aus Espelkamp.

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