Integration liegt Lübbecker Lokalpolitiker "Ali" (23) am Herzen

Lübbecke. Muhammad Ali Chaudhry, Rufname &bdquo;Ali", ist 23 Jahre alt und damit das jüngste Mitglied im neu gebildeten Lübbecker Stadtrat. Am liebsten würde er Karriere als Schauspieler machen, sei es in Deutschland, sei es in Lahore (&bdquo;Lollywood"), dem pakistanischen Pendant zur indischen Filmhauptstadt Mumbai (&bdquo;Bollywood"). &bdquo;Ich hätte gerne eine Schauspielschule besucht", sagt Ali Chaudhry ohne Bedauern in der Stimme. &bdquo;Aber meine Eltern wollten etwas Solides." Das Fach, das er jetzt in Göttingen studiert, gehört für Chaudhrys Eltern, die selbstständig in der Gastronomie zuhause sind, dazu: Wirtschaftsingenieure sind Vermittler zwischen Technik und Wirtschaft. Sie kümmern sich beispielsweise um Beratung, Produktmanagement, Projektmanagement, Qualitätssicherung sowie den technischen Vertrieb. Es gebe auch eine pädagogische Komponente, erzählt Chaudhry, kommt dann aber schnell wieder auf die Schauspielerei. Ein paar kleinere Rollen als Komparse habe er schon gehabt. Einmal sogar eine kleine Sprechrolle. Auf jeden Fall macht es ihm viel Spaß, vor der Kamera zu stehen und seinem Traum ein Stück näher gekommen zu sein: &bdquo;Berühmt werden." Bürgermeister gab ihm entscheiden Stupser In Lübbecke bekannt ist er schon. Etwa als Vorsitzender des örtlichen Tischtennisvereins TTV. Auch als Moderator der hiesigen Sportlerehrung. Seine Lust auf der Bühne zu stehen, seine Unkompliziertheit und seine Fähigkeit sich auszudrücken haben ihm dabei geholfen. Und sie sind Bürgermeister Frank Haberbosch aufgefallen. Der habe ihm mit der Frage, ob er sich nicht auch politisch in Lübbecke engagieren wolle, vor einigen Jahren den entscheidenden &bdquo;Stupser" gegeben und stehe voll hinter ihm. Einen Zusammenhang zwischen der SPD-Zugehörigkeit des Bürgermeisters und seiner eigenen Mitgliedschaft verneint Chaudhry. Haberbosch habe ihm ohne Bedingungen Unterstützung versprochen, egal für welche Partei er sich entscheide. Dass er 2017 in die SPD eingetreten ist, begründet der junge Sozialdemokrat, mit einem ganz anderen Argument: &bdquo;Sie ist die Partei, die sich um das Wohl der Arbeitnehmer kümmert." Und sie hat seiner Meinung nach in diesem Punkt für die Arbeitnehmer &bdquo;viel erreicht". Wahlbezirk mit 34 Prozent direkt geholt Mit gut 34 Prozent der Wählerstimmen hat Chaudhry seinen Wahlbezirk direkt geholt bei der Kommunalwahl im September. &bdquo;Ich habe im Wahlkampf wirklich an jeder Tür geklingelt", erzählt er. Auf der Straße habe er wichtige Erkenntnisse gewonnen. So sind ihm beispielsweise in Lübbecke lebende Flüchtlinge aufgefallen, &bdquo;die sich nicht trauen, hallo zu sagen. Das darf nicht sein", findet er und will das Miteinander zwischen Alteingesessenen und Neubürgern verbessern. &bdquo;Integration lässt sich sehr gut über den Sport erreichen", ist er überzeugt und findet, hier lebende Flüchtlinge sollten ihre Chance nutzen &bdquo;und etwas aus ihrem Leben machen". Auch bei der Frage, wie sich junge Familien nach Lübbecke locken lassen, sieht er noch Luft nach oben: &bdquo;Baugrundstücke allein reichen nicht." Die schöne Umgebung, der Blasheimer Markt, die großen Feste und Feiern – Lübbecke habe schon Einiges aufzuweisen. Doch man müsse Familien mehr bieten, etwa schöne Einkaufsstraßen, ausreichend Radwege und Parks, damit sie sich in der Stadt wohlfühlen. Für ihn selbst trifft das zu, deshalb steht für ihn fest: &bdquo;Wenn etwas gut ist für Lübbecke, sollte man es machen, parteiübergreifend, egal, welche Fraktion es angeregt hat." "Jeder sollte seiner Religion nachgehen können" Seine beiden ersten Ratssitzungen hat der Nachwuchs-Politiker schon hinter sich. Die fand er &bdquo;interessant". Gleichwohl ist ihm bewusst, dass er noch viel zu lernen hat. Die anstehende Winterpause will er deshalb nutzen, um sich &bdquo;einzulesen" in kommunalpolitische Interna und in Lübbecker Besonderheiten. Eine Besonderheit betrifft ihn auch selbst. Ali Chaudhry, der die ersten fünf Lebensjahre in Pakistan aufgewachsen (&bdquo;Ich liebe mein Land und meine Kultur.") und danach in Lübbecke in die Kita und zur Schule gegangen ist, hat einen pakistanischen und einen deutschen Pass und findet, dass er mit seinem dunklen Teint und seinen schwarzen Haaren sofort als nicht deutschstämmig erkennbar ist. Als Moslem isst er zudem kein Schweinefleisch, trinkt keinen Alkohol und besteht er darauf, dass &bdquo;jeder seiner Religion nachgehen können sollte". Einige seiner türkischen und asiatischen Freunde, die selbst Erfahrungen mit Rassismus gemacht haben, hätten ihn aus diesem Grund gewarnt, sich zur Kommunalwahl als Kandidat aufstellen zu lassen. Doch Chaudhry hörte nicht auf sie und folgte seiner durch regelmäßige Pakistanbesuche und dort lebende Familienmitglieder geweckten Leidenschaft für Politik. Außerdem sei er selbst nie rassistisch beleidigt worden: &bdquo;Kein einziges Mal." Dabei ist es auch nach seiner erfolgreichen Wahl zum Mitglied des Lübbecker Stadtrates geblieben. Und alle, die ihn kennen und mögen, wünschen ihm, dass dies so bleibt.

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