Lübbecke

Erinnerungen an das alte Lübbecker Schützenhaus

Bis Ende der 1960er-Jahre jedoch wurden die Schützenfeste statt im Zelt noch im Schützenhaus gefeiert. Dessen Anfänge reichen bis in die Mitte des 19. Jahrhunderts zurück.

Das alte Schützenhaus kurz vor dem Abriss gegen Ende der 1960-er Jahre. Die Veranda wurde 1908 gebaut. | © Bürgerschützen/Heinrich Esdar

03.05.2020 | 03.05.2020, 15:00

Lübbecke. Ihren traditionellen Schützenball mussten die Bürgerschützen in diesem Jahr aufgrund der Corona-Krise absagen. Gefeiert worden wäre, – wie seit vielen Jahren üblich – im großen Festzelt. Bis Ende der 1960er-Jahre jedoch wurden die Schützenfeste noch im „Schützenhaus" gefeiert. Dessen Anfänge reichen bis in die Mitte des 19. Jahrhunderts zurück, wie sich in der Chronik der Schützen nachlesen lässt.

1892: Die Grundsteinlegung war am 3. Juni 1879 und die Einweihung fand bei großer Beteiligung der Bevölkerung am „Sedanstag", dem 2. September, statt. - © Bürgerschützen/Heinrich Esdar
1892: Die Grundsteinlegung war am 3. Juni 1879 und die Einweihung fand bei großer Beteiligung der Bevölkerung am „Sedanstag", dem 2. September, statt. | © Bürgerschützen/Heinrich Esdar

Seit den 1830er-Jahren hatte das Offizierskorps zu den Schützenfesten jedes Mal ein großes Zelt zum Aufbau auf dem Schützenplatz bestellt. Damals musste sämtliches Zeltzubehör aus Bünde oder Osnabrück per Ochsenkarren nach Lübbecke transportiert, aufgebaut und wieder zurück geschafft werden. 1844 wurde dann nach Beschluss des Offizierskorps ein eigenes Schützenzelt gekauft. Vierzehn Ochsenkarren wurden benötigt, um den Transport zu bewerkstelligen.

Nach dem Fest stellte ein Th. Barre (voller Vorname ist leider nicht bekannt) beim Kommando den Antrag, das Zelt stehen zu lassen und als Seilerei nutzen zu können. Dies wurde genehmigt gegen eine jährliche Mietzahlung, aber mit der Auflage, dass das Zelt zehn Tage vor und fünf Tage nach dem Fest für das Schützencorps freigegeben werden sollte.

Altes Zelt am Weingarten wurde ein Raub der Flammen

Die Stadtchronik berichtet, dass am 31. Dezember 1851 kurz vor Mitternacht das auf dem Weingarten unter den Tannen stehende Schützenzelt ein Raub der Flammen wurde. „Da es unbewohnt war, kann es nur muthwilliger Weise angezündet worden sein", heißt es. In der Folgezeit musste deshalb wieder zu jedem Fest ein Zelt besorgt und aufgebaut werden.

Am 6. Dezember 1873 wurde die Schützenhaus-Baugesellschaft gegründet. Jeder Offizier hatte sich mit dem Kauf von Schützenhaus-Aktien in unterschiedlichen Werten an der Finanzierung zu beteiligen. In einer Sitzung am 16. Februar 1874 beschloss das Offizierskorps, das schon im März 1855 für einen später geplanten Schützenhausbau angekaufte Flurstück der Schützenhaus-Baugesellschaft zum jährlichen Pachtpreis von 2 Thalern zu überlassen.

Die Planungen wurden nun vorangetrieben, die Finanzierung konnte gesichert werden. Die Grundsteinlegung erfolgte am 3. Juni 1879 und die Einweihung fand bei großer Beteiligung der Bevölkerung am „Sedanstag", dem 2. September, statt. Vereine und Schulen traten mit dem Bataillon an und marschierten gemeinsam durch die Stadt zum Festplatz.

In der Folgezeit wurde das Schützenhaus auch für Veranstaltungen von Turnverein, Gesangsverein, Feuerwehr und Kriegerverein genutzt. Dank der Gastronomie und weiterer geselliger Veranstaltungen war das Schützenhaus auch Ziel der interessierten Bürgerschaft. 1908 wurde beschlossen, im Ostteil des Schützenhauses eine Veranda anzubauen. Die Zeitung berichtete: „Dieser Anbau dürfte in der Bürgerschaft mit Freuden begrüßt werden, da durch denselben dem seit langen Jahren fühlbar gewordenen Platzmangel unseres alten Bürger-Schützenfestes abgeholfen wird."

Nach dem Zweiten Weltkrieg feierte man im alten Schützenhaus

20 Reichsmark: Eine Aktie der Schützenhaus-Baugesellschaft ?aus dem Jahr 1922. - © Bürgerschützen/Heinrich Esdar
20 Reichsmark: Eine Aktie der Schützenhaus-Baugesellschaft ?aus dem Jahr 1922. | © Bürgerschützen/Heinrich Esdar

Zur ersten Sitzung nach dem Ersten Weltkrieg kamen am 21. April 1920 die Mitglieder der Baugesellschaft zusammen, um den Verkauf des Schützenhauses „zum billigen Preis" an die Stadt zu beschließen. Im Juni 1920 beriet die Stadt über einen Ankauf. Leider fehlen dazu weitere Unterlagen.

Im April 1922 beschloss die Generalversammlung dann die Erhöhung des Stammkapitals auf 64.000 RM – das Schützenhaus sollte weiter bewirtschaftet werden. Gründe für das Umdenken sind nicht bekannt. Im Frühjahr 1935 wurde das Schützenhaus innen umgestaltet. In die neu eingezogene Decke wurde eine Heißluftanlage eingebaut. Die Halle erhielt eine feste Bühne und zu beiden Seiten der Bühne wurden Saalausgänge geschaffen. Eine neue Küche wurde angebaut, ebenso eine neue „Abort-Anlage". Des Weiteren wurden moderne Beleuchtungskörper unter der Decke aufgehängt und auch in den Seitengängen angebracht.

Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde das alte Schützenhaus wieder für die Feste genutzt. Der Zahn der Zeit und der Leerstand nach dem Krieg hinterließen arge Spuren. Früh wurde erkannt, dass eine weitere Nutzung nur mit großem finanziellen Aufwand möglich war. 1956 wurde beschlossen, das Schützenhaus an die Stadt zu verkaufen. Im Jahr 1957 erwarb die Stadt die Anteile der Schützenhaus-Baugesellschaft, in der Absicht, später eine Mehrzweckhalle dort zu errichten. Bis zum Abbruch im Februar 1970 wurde das Haus für die Schützenfeste noch genutzt. Seitdem werden die Schützenfeste wieder im Zelt gefeiert.

Lange Zeit trauerten viele Schützen dem alten Schützenhaus nach. In der heutigen Zeit können über 800 Schützen im Zelt den Kommers und den Königsball feiern. Der große Schützenplatz mit dem riesigen alten Baumbestand ist weiterhin der Anziehungspunkt für Bürger und Ausmarschierer, um die Feste in fröhlicher Runde, begleitet von Musikkapellen, zu feiern.