Innenstädte im Lübbecker Land leeren sich zusehends

Lübbecker Land. Lübbecker Land. Aus den normalerweise pulsierenden Innenstädten zieht sich das Leben immer mehr zurück. Die aktuelle Gesundheitskrise verunsichert Geschäftsinhaber und Kunden. Die NW hat sich bei einigen umgehört. LÜBBECKE Scharrnstraße, Lange Straße und Bäckerstraße wirkten am frühen Mittwochnachmittag auf die wenigen Menschen, die überhaupt noch unterwegs waren, etwas unheimlich. &bdquo;Wie eine Geisterstadt – furchtbar", sagte eine Passantin. Eine Bekannte, mit der sie ins Gespräch kam, fühlte sich &bdquo;wie in einem Traum". Sie hoffe, dass bald ein Impfstoff zur Verfügung stehe, sagte eine dritte Fußgängerin, die den sich abzeichnenden Stillstand auch als Chance sieht, &bdquo;dass wir zur Ruhe kommen und uns mehr auf das Wesentliche besinnen".Eiscafé-Chef Fabio Pacini geht davon aus, dass es in Lübbecke bald so aussieht wie in weiten Teilen seines Heimatlandes Italien: &bdquo;Es wird alles zugesperrt." Am Dienstag durfte er wenigstens noch Eis außer Haus verkaufen. Dann riet ihm das Lübbecker Ordnungsamt, ganz zu schließen: &bdquo;Jeder von uns muss seinen Teil zur Covid-19-Krise beitragen (...) Team Pacini" verkündet seitdem ein Hinweisschild, und Fabio Pacini sagt: &bdquo;Am besten, wir bleiben alle zwei, drei Wochen zu Hause."Dennis Gilbert (Foto Pescht) könnte zwar noch Fotoaufträge im Studio und unter freiem Himmel annehmen, &bdquo;aber selbst kleinere Termine werden abgesagt". Vorsorglich hat er sich bei der Arbeitsagentur schon mal nach den Bedingungen für Kurzarbeitergeld für seine sechs Mitarbeiter in Lübbecke erkundigt. Dennis Gilbert musste sein Geschäft schließen, ist aber telefonisch für seine Kunden erreichbar. Gestern Mittag holte er sich eine Bratwurst bei Wölfing gegenüber, denn der Imbiss bleibe geöffnet, sagte ein Mitarbeiter. Die Fleischerei bietet seit kurzem kontaktlose Lieferungen an ältere und immunschwache Menschen sowie Menschen an, die sich in häuslicher Quarantäne befinden oder krank sind. Die telefonisch bestellte Ware inklusive der Rechnung wird bis vor die Haustür gebracht. &bdquo;Zum gegenseitigen Schutz" könne man allerdings keine Barzahlungen annehmen, so Inhaber Nils Wölfing. Zu den letzten Geschäften, die am Mittwochmittag noch geöffnet hatten, gehörte Lübbecker Büro- und Schreibwaren. &bdquo;Bis zwei, drei Uhr noch, dann machen wir zu". Es lohne sich nicht mehr, man sei bei einem &bdquo;Umsatzverlust von 50 Prozent" angekommen, sagt Inhaber Andreas Steinkamp. Die ins Geschäft integrierte Poststelle allein fange das nicht auf. Sie könnte theoretisch offen bleiben, &bdquo;aber wie sollen wir das abgrenzen?", so Steinkamp. Eine seiner Mitarbeiterinnen, Britta Korten, will Überstunden abbauen und sich verstärkt um den Garten kümmern. Und dann sind da auch noch ihre zwei Kinder, die aktuell nicht in die Schule gehen können, denn die ist auch geschlossen.Das Schuhhaus Meyer ist bereits geschlossen und dunkel, verweist, wie viele andere Geschäfte auch, auf die eigene Internetseite und informiert an der Ladenfront: &bdquo;Nutzen Sie bitte unseren Lieferservice." Das First Reisebüro ist zwar noch beleuchtet und ein Mitarbeiter an seinem Schreibtisch zu sehen. Aber öffnen darf es nicht: &bdquo;Wir müssen das Büro für den Publikumsverkehr geschlossen halten", steht an der Eingangstür. Nur noch telefonische Kontaktaufnahme ist möglich. PR. OLDENDORF In Pr. Oldendorf ist am Mittwochvormittag nicht viel weniger los als sonst. Denn in der &bdquo;Neuen Stadtmitte" sind größtenteils Supermärkte, Apotheke und Drogerie ansässig. Und die dürfen wie gewohnt öffnen. Schlange stehen heißt es vor der Markt-Apotheke: Hier werden die Kunden nur einzeln herein gelassen, um den Sicherheitsabstand gewährleisten zu können. Die Eisdiele Gentile gegenüber an der B 65 verkauft derzeit nur noch Eis auf die Hand. Frühjahrsblumen und Gartenequipment stehen draußen vor der Posten-Börse an der Osnabrücker Straße. Man könne die Filialen öffnen, da man &bdquo;Nahversorgungs-Discounter für Lebensmittel, Hygiene- und Verbrauchsartikel sowie Tiernahrung" sei, teilt das Unternehmen mit Hauptsitz in Ankum (Niedersachsen) mit. Leerer Parkplatz dagegen beim Magro Markt in der Haspelstraße. Der teilt den Kunden auf einem Aushang an der Glasscheibe mit, dass das Geschäft, das unter anderem Textilien, Spielwaren und Dekoartikel anbietet, bis voraussichtlich Samstag, 18. April, geschlossen bleibt. HÜLLHORST In Hüllhorst läuft das Geschäftsleben relativ entspannt weiter. Benjamin Sensmeier darf auch weiterhin seine Zoohandlung &bdquo;Die Flosse" öffnen und achtet bei Kundenkontakt sehr auf die Hygiene. &bdquo;Hand geben ist nicht mehr drin", sagt er. Ein fröhliches &bdquo;Hallo" und nettes Lächeln muss derzeit reichen. Außerdem wasche er sich nach jedem Kunden die Hand und auch Desinfektionsmittel stehe bereit. In Karlchens Backstube ist die große Außenterrasse trotz schönem Frühlingswetter an diesem Morgen leer. Das beliebte Frühstücks- und auch das Abendbrotbuffet gibt es wegen Corona nicht mehr. &bdquo;Aber jeder kann ganz individuell sein Frühstück an der Theke bestellen", sagen Jessica Foskett und Barbara Siebe. Sie legen in diesen Zeiten noch mehr Wert auf Hygiene als bisher. Die Tische sind weiter auseinander geschoben, die Nische ist gesperrt und Selbstbedienung am Buffet ist passé. Nach jedem Kunden werden die Tische desinfiziert und an der Ladentheke die Backwaren nur noch mit Einmalhandschuhen eingetütet und den Kunden überreicht. Die meisten Kunden wie Stefan Mehnert haben viel Verständnis für die Vorsichtsmaßnahmen und achten von selbst auf genügend Abstand in der Warteschlange.Einige Meter weiter hat die Buchhandlung Hüllhorst geschlossen. Doch das Team um Inhaberin Kirsten Wiemann hat einen Notfallplan erarbeitet. &bdquo;Unsere Kunden können persönlich, aber auch per WhatsApp, per Telefon oder per E-Mail unter wiemann@buchhandlung-huellhorst.de ihre Bestellungen aufgeben", erläutert Kirsten Wiemann. Die Buchhandlung liefere die Bücher selbst aus oder verschicke sie versandkostenfrei mit der Post, wenn sie nicht persönlich abgeholt werden könnten. Nadine Struckmeier, die gerade ihre Bestellung abholt, ist jedenfalls glücklich, dass es die Buchhandlung in Hüllhorst gibt. &bdquo;Ich hoffe, dass sie uns lange erhalten bleibt." Das sehen viele Hüllhorster so. &bdquo;Uns haben viele Leute geschrieben, dass sie weiterhin bei uns kaufen wollen", freut sich die Buchhändlerin, dass die Hüllhorster ihren lokalen Handel unterstützen. ESPELKAMP Die Haupteinkaufszone der Espelkamper ist die Breslauer Straße, die sich knapp einen Kilometer lang wie ein Boulevard, durchschnitten vom Grünanger, durch die City erstreckt. An beiden Seiten ziehen sich die Geschäftsfronten entlang. Es werden Waren und Dienstleistungen der unterschiedlichsten Art angeboten – sie reichen von Backwaren über Elektroartikel, Tierfutter, Textilien, Schuhe bis hin zu Büchern, Hygieneartikel, Friseure und Apotheken. Beim Gang durch das Zentrum fällt eins sofort auf: Es sind wenig Menschen auf der Straße, fast alle Parkplätze sind leer, der Autoverkehr hält sich stark in Grenzen. Und noch eins wird deutlich: Alle Friseurbetriebe sind geöffnet, ebenso die Imbisse, ansonsten viele geschlossene Türen und Eingänge. Bei Emendo, Espelkamps größter IT und Telekommunikationsanbieter, sind die Türen noch geöffnet. &bdquo;Sie werden sich aber bald schließen", sagt Inhaber Steven West. Lediglich die Werkstatt bleibe geöffnet. Weiterhin würden auch Reparaturarbeiten erledigt und angenommen. Dann müsse man halt anrufen oder eine E-Mail schicken. Dagegen ist die Buchhandlung Lienstedt & Schürmann einige Häuser weiter Richtung Rathaus fest verschlossen. Dort bittet man mit einem Schild um Verständnis für die Situation, weist aber darauf hin, dass man Buchbestellungen auch nach Hause liefern würde. Herrenausstatter Roland Scholz am Wilhelm- Kern-Platz hat weit und breit als einziger seine Tür noch geöffnet. Er lässt die warme Frühlingssonne herein und stellt fest: &bdquo;Die Kundenfrequenz ist so gering. Bei mir hockt man nicht zu mehreren eng beieinander." Beim Drogeriemarkt Müller ist der Laden ganz schön voll und an der Kasse sogar ein kleiner Stau. Ob sie denn bald die Ladentüren schließen würden? &bdquo;Wir sind doch ein Drogeriebetrieb, wir sind doch davon nicht betroffen, oder?", so die Antwort. Bisher habe man noch nichts von Schließung gehört. Alle weiteren Groß-Filialisten wie NKD, der Schuh-Markt oder auch &bdquo;Zone One" sind bis auf weiteres geschlossen. Geöffnet ist nach wie vor der exklusive Geschenkeartikler &bdquo;Blickfänge", der auch Delikatessen anbietet. Dort stellt sich die Frage der nicht genannt wollenden Inhaberin, ob sie auflassen muss, wegen der Lebensmittel oder schließen darf. Den ganzen Vormittag versucht sie deshalb, das Arbeitsamt anzurufen. Etwas weiter ist die &bdquo;Christliche Bücherstube". Sie hat geöffnet. Die Buchhändlerin,die ebenfalls nicht genannt werden möchte, weiß nicht, ob bald geschlossen wird oder ob sie geöffnet bleibt. Die zwei Filialisten Takko und Deichmann haben ihre Türen und Fenster fest verriegelt. Bis auf weiteres kann dort nicht eingekauft werden. Ein paar Schritte weiter bei &bdquo;Mode Hesse", ein heimischer Einzelhändler, ist alles so wie immer: das Geschäft ist geöffnet. Doch die Kunden bleiben fort. &bdquo;Wenn das so weiter geht, brauchen wir nicht mehr aufzuhalten", sagt Ulrike Hesse im Gespräch mit nw.de. Auch sie fühlt sich von den Verordnungen und Hinweisen der Behörden völlig verunsichert. &bdquo;Am besten wäre es doch, es würde verfügt, dass außer Lebensmittelverkäufer und Apotheken alle Geschäfte und Dienstleister schließen müssen, dann wäre doch alles klar." STEMWEDE Manche Einzelhändler hatten wegen Corona am Mittwoch noch geöffnet, andere dagegen waren schon geschlossen. Manche Versicherungen sind nur noch telefonisch oder per Mail zu erreichen.

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