Weihnachtsmarkt-Legende begeistert Kinder trotz kaputter Hüfte mit Karusell

Lübbecke. Mit Lübbecke verbinden ihn so viele Erinnerungen. Deshalb ist es für den 79-jährigen Hubert Heitmann Ehrensache, sein historisches Kinderkarussell zum Weihnachtsmarkt aufzubauen. Obwohl für ihn im Moment nicht alles rund läuft. Krankheitsfälle in der Familie bereiten Sorgen, Hüftschmerzen plagen ihn bei jedem Schritt. Doch Hubert Heitmann lässt sich nicht unterkriegen. Er sitzt auch dieses Mal – in Lübbecke im 20. Jahr – im Kassenhäuschen seines Fahrgeschäftes, verkauft die Chips und passt auf, dass die Kinder sicher Platz nehmen auf dem Rücken der Bären, Pferde, Elefanten und Kutschen, wenn sich das Karussell dreht. &bdquo;Als ich 19 war, habe ich in Lübbecke in dem italienischen Eiscafé meines Onkels, das er mit seiner italienischen Frau in der Alsweder Straße führte, gekellnert", erinnert sich Heitmann. Mit seinem blankpolierten Opel kam er 1959 aus Herford angefahren, auch um seine Jugendliebe in Lübbecke zu besuchen. Hubert Heitmann stammt aus einer alteingesessenen Herforder Schaustellerfamilie, deren Ursprung auf das Jahr 1867 zurückreicht, und führt die Tradition heute in der fünften Generation fort. An Ruhestand denkt der Senior nicht. &bdquo;Ich bin fit und helle im Kopf. Ich kann nur nicht gut laufen und bekomme demnächst eine neue Hüfte", sagt er. Der "Mäuseschlucker" und sein Geheimnis Sein Humor, seine Schlagfertigkeit und sein Talent für Komik und Klamauk erkannte sein Vater früh. &bdquo;Das Kind hat die Veranlagung zum Artisten", habe er gesagt. Da war Hubert sechs und tanzte und jonglierte schon auf der Bühne der Schaubude &bdquo;Berliner Luft". So hieß das elterliche Schaustellergeschäft, mit dem die Familie auf Volksfesten in Deutschland, Luxemburg und Österreich eine große Nummer war. Artikel in Magazinen wie der &bdquo;Spiegel" und &bdquo;Brigitte" in den 1970er- und 80er-Jahren berichten von &bdquo;Der schwebenden Jungfrau", einer der ältesten Jahrmarkt-Illusionen, oder &bdquo;Der Dame ohne Unterleib" und den Travestie-Shows der Heitmanns. Im Abendprogramm gab es sogar barbusige Damen im Glaskasten zu sehen. Eine Weltsensation auf dem Blasheimer Markt sei in den 70ern Harry Willdong, der &bdquo;Mäuseschlucker" gewesen, der lebendige Mäuse, Taschenuhren, Ketten und andere Gegenstände verschluckt und wieder ausgespuckt habe. &bdquo;Vor seinem Tod wollte er seinen Trick dem Sohn meines Bruders verraten. Aber dann hat der ,Mäuseschlucker sein Geheimnis doch mit ins Grab genommen", berichtet Hubert Heitmann 1976 in einer Reportage in der Frauenzeitschrift &bdquo;Brigitte". &bdquo;Der Arbeitsplatz meines Vaters war mein Spielplatz" Alles würde er heute noch einmal so machen, meint Heitmann. Es sei in das Schaustellergewerbe hineingeboren, das könne man nicht lernen. 170 Schulen habe er als Kind besucht und sei im Wohnwagen mit seiner Familie durch die Lande gezogen. &bdquo;Der Arbeitsplatz meines Vaters war mein Spielplatz", erzählt er. Seine Ehefrau Ursula stammt aus der Schausteller-Dynastie Steiger aus Bad Oeynhausen, die mit dem größten transportablen Riesenrad der Welt Furore machten. Auch für seinen Sohn sei es keine Frage gewesen, die Familientradition aufrecht zu halten. Sind sein Sohn und seine Tochter doch ebenfalls mit der Schaustellerei groß geworden. Vier Enkelkinder gehören mittlerweile zur Familie. Als Fachberater für Schau und Belustigung engagierte sich Hubert Heitmann 30 Jahre im Deutschen Schaustellerverband, gehörte zu den Bundesfahnenträgern und ist heute Ehrenamtsträger. Nun steht die &bdquo;Illusion" eingelagert im Keller. Damit meint Heitmann seine Schaubühne &bdquo;Berliner Luft". &bdquo;Die Jahrmärkte haben sich verändert, Schaubühnen gibt es nur noch wenige. Die Kosten sind zu hoch, das rechnet sich nicht mehr", weiß er. 150 Plätze hatte das Schauzelt und zu den besten Zeiten gaben die Heitmanns acht Vorstellungen am Tag. In der Wintersaison ist er auch im Fernsehen mit seinen Nummern aufgetreten. Mit dem historischen Kinderkarussell, das beim Lübbecker Weihnachtsmarkt an diesem Wochenende seine Runden dreht, erfreut Hubert Heitmann nach wie vor die jüngsten Besucher. Auch für Stadtfeste und Jubiläen wird das Fahrgeschäft gebucht. &bdquo;Wenn die Kinder auf den Rücken der Pferde klettern und dieses Leuchten in den Augen haben – das ist unbezahlbar", meint der Schausteller mit Herz und Seele.

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