Lübbecke

In Gehlenbeck wird weiter nach archäologischen Funden gegraben

Im Bereich unterhalb des Zollamtes wird geprüft, ob auch hier archäologische Funde zu erwarten sind. In der Bleichstraße waren die Forscher bereits erfolgreich.

Für die Suchschnitte an der Hermann-Löns-Straße hat der LWL eine Fachfirma beauftragt. | © Michael Grundmeier

26.10.2019 | 26.10.2019, 10:00

Lübbecke. Mehrere hundert Meter messen die Suchschnitte, die der Landschaftsverband Westfalen-Lippe (LWL) im Bereich der Hermann-Löns-Straße hat anlegen lassen. Eine Fachfirma hat im Auftrag des Verbandes nach möglichen Funden gesucht.

Der Bereich unterhalb des Zollamts ist von mehreren tiefen Gräben durchzogen. Einmal längs und einmal quer laufen die Ausschachtungen, beide sind mehrere hundert Meter lang und von der B 65 gut zu sehen. Als die vom LWL beauftragte Fachfirma vor vier Wochen mit den Ausschachtungen begann, vermuteten Anwohner zunächst Arbeiten eines Telekommunikationsunternehmens. „Es war aber schnell klar, dass es das nicht sein kann", meinte einer.

Die Anwohner vermuteten zunächst Kabelarbeiten

Vier Wochen wurde im eingezäunten Bereich gebaggert und gegraben. Das Ziel: „Wir wollten schauen, ob archäologische Funde im Boden sind", wie Nils Wolpert erklärt. Dass die Maßnahme so lange gedauert hat, führt der LWL-Mitarbeiter auch auf das Regenwetter zurück. Die Voruntersuchungen seien nötig geworden, „weil die Fläche aufgrund der Erkenntnisse in der Bleichstraße Funderwartungsgebiet der Epochen Eisenzeit und Kaiserzeit ist". Ob die inzwischen abgeschlossene Grabung erfolgreich war, kann Wolpert zurzeit nicht sagen. Die Ergebnisse liegen noch nicht vor, der zuständige Archäologe ist im Urlaub.

Dass das Gebiet unterhalb der B 65 zum „Funderwartungsgebiet" erklärt wurde, ist aber wenig verwunderlich. Vor wenigen Monaten hat der LWL nur rund einen Kilometer entfernt eine alte Hofstelle entdeckt. An der Bleichstraße stießen die Ausgräber auf die Spuren eines großen Wohnhauses und zweier Nebengebäude. Keramikscherben deuteten darauf hin, dass der Hof aus dem 2. Jahrhundert nach Christus stammt. Die Scherben haben die für diese Zeit typischen Verzierungen wie gekerbte Ränder oder Fingerkuppeneindrücke. Außerdem stießen die Archäologen auf eine runde Bronzescheibe mit kreisförmiger Rillenverzierung. Hier handelt es sich möglicherweise um einen Teil eines Zaumzeugs. Weil das Wohnhaus nicht mehr erneuert wurde, vermuten die Wissenschaftler, dass der Hof nur etwa 50 bis 100 Jahre Bestand hatte.

Hofstelle des 2. und 3. Jahrhunderts nach Christus

Sven Spiong, Leiter der Bielefelder Außenstelle der LWL-Archäologie für Westfalen, wies damals auf die besondere Bedeutung der Grabung hin: „Für die archäologische Erforschung des Raums zwischen Wiehengebirge und Großem Torfmoor ist diese Grabung von besonderer Bedeutung", erläutert er. Erstmals könne eine Hofstelle des 2. und 3. Jahrhunderts nach Christus wissenschaftlich untersucht werden.

Spannend waren auch die Erkenntnisse, die die Funde nahelegten. Denn schon vor rund 2.000 Jahren konnten für Gehlenbeck menschengemachte Umweltschäden nachgewiesen werden. Ein Indiz dafür ist die etwa 50 Zentimeter dicke Schwemmschicht, die die Bagger abtragen mussten. Ihre Ursache sehen die Archäologen in der damaligen Landwirtschaft. Um Ackerflächen zu schaffen, wurden umfangreich Bäume gefällt. Bei Starkregen fand die Erde auf dem wasserundurchlässigen Lehmboden keinen Halt und rutschte nach und nach den Hang herunter. Der fruchtbare Boden ging dadurch verloren. „Wahrscheinlich mussten die Bauern damals mit großen Ernteausfällen zurechtkommen", vermutete Spiong damals.

Aus heutiger Sicht hatte die Umweltkatastrophe aber auch einen Vorteil: Unter dem angeschwemmten Boden haben sich die Spuren des Hofes sehr gut erhalten. Ähnlich spannende Ergebnisse hofft der LWL jetzt an der Hermann-Löns-Straße zu finden.