Lübbecker Land. Die E-Zigarette hat einen schlechten Ruf. Trotzdem scheint es immer mehr Menschen zu geben, die auf Einkaufsstraßen, aus Autofenstern und an Bushaltestellen große Dampfwolken in die Luft stoßen. Das fällt auch den Menschen im Lübbecker Land auf.
nw.de ist dem schlechten Ruf der E-Zigarette auf den Grund gegangen, hat sich im Dampfladen umgeschaut und hat Dampfer und Nicht-Dampfer, Noch-Raucher, Nichtraucher und Ex-Raucher nach ihrer Meinung gefragt.
So wie Bärbel Wankelmann aus Stemwede. Für die 59-jährige Nichtraucherin gilt ein Umstieg auf die E-Zigarette nicht als Aufhören. "Die Raucher betrügen sich selbst damit. Vielleicht beruhigen Leute, die aufhören wollen, ihr Gewissen damit." Die, die tatsächlich auf die E-Zigarette umgestiegen sind, sehen das etwas anders. "Dampfen ist besser als rauchen, es stinkt nicht so und ist günstiger", sagt etwa Alexander Henkel (34), Dampfer aus Lübbecke.
Wie schädlich ist die E-Zigarette?
In den Dampfläden hören die Verkäufer die gesamte Bandbreite an Meinungen zur E-Zigarette. "Das ist doch schädlicher als Zigaretten - das ist das häufigste Vorurteil, was ich zu hören bekomme", sagt Steven West. Er verkauft seit knapp zwei Jahren in dem kleinen Espelkamper Laden "La Dampfa" E-Zigaretten.
"Ich habe selbst fast 20 Jahre geraucht, teilweise 30 bis 35 Zigaretten am Tag." Er habe immer wieder versucht aufzuhören, zunächst mit Ersatzpräparaten. "Aber ich habe immer wieder angefangen." Geklappt hat es dann mit der E-Zigarette, auch wenn das ebenfalls schwierig gewesen sei.
Seitdem gehe es ihm besser, keine "Backsteine auf der Brust", kein Raucherhusten, keine Magenschmerzen mehr. "Man fühlt sich einfach deutlich fitter", berichtet West.
Verbrennen oder verdampfen
Diese persönliche Geschichte sei es dann auch meist, die er Rauchern erzählt, die in den Laden kommen und unsicher sind. Ähnlich macht es auch Matthias Macion von der Lübbecker Dampfgalerie. "Ich hab's zig mal probiert, auch als mein Sohn geboren wurde. Mit dem Dampfen ging es dann von einem Tag auf den anderen."
Dass es weniger schadet als Zigaretten, davon ist er überzeugt. "Alles, was beim Verbrennen von Tabak entsteht, diese ganzen giftigen Stoffe, die hat man da nicht." Ähnlich sieht das die Gesundheitsbehörde Public Health England.
Die hat bereits 2015 Untersuchungen veröffentlicht, wonach E-Zigaretten um 95 Prozent weniger schädlich sein sollen als Tabakzigaretten. In Großbritannien wird die E-Zigarette im Rahmen einer Gesundheitsoffensive als Alternative zum Tabakkonsum sogar aktiv beworben.
Eine boomende Branche
Auch deutsche Fachleute äußern sich immer öfter positiv zum geringeren Schadenspotenzial der E-Zigarette, die sie aber klar von den ebenfalls in den vergangenen Jahren beliebt gewordenen Tabakerhitzern trennen. Die erhitzen den Tabak anstatt ihn zu verbrennen, während in E-Zigaretten gar kein Tabak enthalten ist (siehe Infokasten).
Dass E-Zigaretten als weniger schädlich gelten, betont auch Dustin Dahlmann, Vorsitzender des Bündnisses für Tabakfreien Genuss (BfTG): "Diese Evidenz wird von keinem seriösen Experten mehr angezweifelt."
Das BfTG ist ein Zusammenschluss kleiner und mittelständischer Unternehmen aus der E-Zigaretten-Branche. Eine Branche, die in den vergangenen Jahren stark gewachsen ist. Das Bündnis setzt sich unter anderem dafür ein, dass das Dampfen in Sachen Gesetzgebung nicht mit dem Tabakrauchen gleichgesetzt wird.
Muss Werbung verboten werden?
Erst vergangene Woche forderte etwa Bundesagrarministerin Julia Klöckner im Zusammenhang mit dem Tabakwerbeverbot ein umfassendes Verbot von Werbung für E-Zigaretten mit Nikotin. Sie sieht in der E-Zigarette auch einen potenziellen Einstieg ins Rauchen.
Rückendeckung bekommt sie von der Krankenkasse DAK. „E-Zigaretten ersetzen oder ergänzen heute oftmals die herkömmliche Zigarette - und wirken gerade auf junge Menschen anziehend", kommentiert das der DAK-Vorstandschef Andreas Storm.
Dieser hier angesprochene sogenannte "Gateway-Effekt" - dass Jugendliche über das Dampfen zum Rauchen kommen - wird von anderer Seite wiederum angezweifelt.
Gibt es ausreichend Studien?
So kommen die Autoren des aktuellen Alternativen Drogen- und Suchtberichts zu der Auffassung, dass es für eine Re-Normalisierung des Rauchens durch die E-Zigarette keine Anzeichen gibt. Im Gegenteil sei der Zigarettenkonsum seit der Etablierung der E-Produkte nochmals deutlich zurückgegangen.
Insgesamt sei die Studienlage sehr gut, erklärt Dahlmann. Mehr als 3.500 internationale Studien und medizinische Artikel finden sich unter dem Stichwort "e-cigarettes" auf der Datenbank PubMed. Es gebe inzwischen auch Untersuchungen über längere Zeiträume, betont der Verbandsvorsitzende.
Regelmäßiger Konsum bei Jugendlichen sei mit 1,6 Prozent sehr selten. Die meisten der jugendlichen Dampfer seien vorher bereits Raucher gewesen. Das Einstiegsalter liege bei 31 Jahren.
Wer sind die Nutzer?
Insgesamt liege das Durchschnittsalter der rund 1,5 Millionen Dampfer in Deutschland laut einer aktuellen Untersuchung bei Frauen bei 43,3 und bei Männern bei 40,1 Jahren. 91,5 Prozent der Dampfer sind danach ehemalige Raucher, 7,5 Prozent rauchen und dampfen gleichzeitig und 1 Prozent waren vorher Nichtraucher.
Ein ähnliches Bild zeigt sich auch im Lübbecker Laden bei Matthias Macion. "Unsere Kunden sind zwischen 25 und 60 Jahren alt." Die meisten hätten vorher geraucht. Es gebe aber auch einige Nichtraucher, die dampfen, weil es ihnen einfach schmeckt. Dann eben ohne Nikotin. Das geht nämlich auch. Das machen laut Macion auch viele Ex-Raucher, die auf die E-Zigarette umgestiegen sind. Sie reduzieren den Nikotingehalt immer weiter, bis sie letztendlich bei null ankommen.
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