Heinz K. (alle Namen wurden geändert), Unternehmer aus Hüllhorst plant, seinen Lebensabend gemeinsam mit seiner Partnerin in Bulgarien zu verbringen. Um seinen Plan finanzieren zu können, möchte der 62-Jährige sein Metallbau-Unternehmen veräußern. Nach einigen vergeblichen Versuchen bietet K. seine Firma schließlich auf einer Plattform zum Verkaufspreis von 1,5 Millionen Euro an. Tatsächlich meldet sich ein Interessent, mit dem sich der Unternehmer am 18. Oktober 2023 in seinen Geschäftsräumen trifft.
An diesem Herbsttag 2023 wird Heinz K. zum letzten Mal gesehen. Danach verliert sich seine Spur – bis heute. In einem aufsehenerregenden Indizienprozess haben die ermittelnden Beamten in Zusammenarbeit mit der Staatsanwaltschaft Bielefeld den mutmaßlichen Täter überführt. Die Beweislast ist erdrückend. Der Vorsitzende Richter Sven-Helge Kleine folgt der Argumentationskette des Bielefelder Staatsanwalts Christopher York und verurteilt den 38-jährigen Tatverdächtigen Peter W. aus Enger zu einer lebenslangen Freiheitsstrafe wegen Mordes.
In 13 Verhandlungstagen rekonstruiert die Staatsanwaltschaft den Tathergang und zeichnet ein detailliertes Persönlichkeitsbild des Täters, der bis zum Schluss jegliche Tatbeteiligung am Verschwinden des 63-jährigen Unternehmers bestreitet. Bis heute bleiben zentrale Fragen ungeklärt: Wo ist die Leiche des bis heute verschwundenen Unternehmers, mit welchem Tatwerkzeug wurde er getötet, wo genau ist der Tatort?
In der neuen Folge von „OstwestFälle“, dem True-Crime-Podcast der „Neuen Westfälischen“, spricht Moderatorin Birgitt Gottwald mit dem NW-Redakteur Jürgen Mahncke über diesen ungewöhnlichen Fall, der bis heute nicht ganz geklärt ist.
Mord ohne Leiche – alle Fakten im Überblick
- Der Unternehmer Heinz K. möchte 2023 sein Metallbauunternehmen verkaufen, um seinen Ruhestand zu finanzieren.
- Nach etlichen Versuchen meldet sich Peter W. auf seine Anzeige in einem Verkaufsportal. W. ist polizeilich bekannt und bereits wegen Betruges verurteilt.
- Am 18. Oktober 2023 kommt es im Betrieb zu einem Zusammentreffen von Verkäufer und Käufer. Seit diesem Tag ist der Unternehmer bis heute spurlos verschwunden.
- Die ermittelnden Beamten kommen W. auf die Spur. Es beginnt ein Indizienprozess mit einer Mordanklage. Am 15.8.2024 wird W. zu einer lebenslangen Freiheitsstrafe wegen Mordes verurteilt.
Was zum Täter bekannt ist
Im Prozess schildert der 37-Jährige bereitwillig seinen Lebenslauf. Als Zwölfjähriger sei W. mit seiner Großfamilie aus Kirgisistan nach Bielefeld gekommen, wo er nach Abschluss der Mittleren Reife in die Firma seines Vaters, ein Kurier- und Speditionsunternehmen, eingestiegen sei. Bis 2010 habe er dort gearbeitet, später in einem Autohaus. Er sei zurechtgekommen, indem er Boote, Pkws oder Möbel kaufte und wiederverkaufte. 2013 heiratet W. Das Paar bekommt zwei Kinder. Die Ehe scheitert und wird 2020 geschieden.
Für die Polizei ist Peter W. kein unbeschriebenes Blatt. Der Mann aus Enger ist wegen Betrugs polizeibekannt. So hat W. große Mengen Heizöl geordert, das aber nie von ihm bezahlt wurde. Auch eine Urkundenfälschung und das Fahren ohne Führerschein werden ihm nachgewiesen. Bei einer Gerichtsverhandlung habe Peter W. angegeben, sich in Privatinsolvenz zu befinden und einen Schuldenberg von rund 200.000 Euro angehäuft zu haben.
Anfang Oktober 2023 fällt Peter W. die Anzeige des Unternehmers Heinz K. ins Auge. Zu dem Zeitpunkt steht Peter W. erheblich unter Druck. Die Räumungsklage vor Augen sucht er für seine große Familie und seine Verkaufsobjekte in der Lagerhalle eine neue Immobilie. Da kommt ihm das Angebot des Hüllhorster Unternehmers gerade recht.
Die Tatrekonstruktion: Blutspuren verweisen auf Hüllhorster
Nach einigen Vorbesprechungen fährt Peter W. unangemeldet, nach Hüllhorst, um den Unternehmer zu treffen. Zwischen 14.08 Uhr und 14.23 Uhr findet eine Betriebsführung statt. Im Anschluss soll es hinter einer Lasermaschine, die für das Scheiden von Metall genutzt wird, zur Tötung von Heinz K. gekommen sein. Wie der Unternehmer getötet wurde, kann nicht aufgeklärt werden.
Nachdem Leichenspürhunde im Werkstattbereich in unmittelbarer Nähe des Lasers anschlagen, finden die Ermittler später Blutspuren und eine Brille des Unternehmers. Die Sicherung und anschließende forensische Untersuchung dieser Blutspuren ergeben zwischenzeitlich, dass sie dem 62-jährigen Vermissten zugeordnet werden können.
Täter verstrickt sich in Widersprüche – Schweigen soll die Lösung sein
Weitere Indizien verfestigen den Anfangsverdacht gegen Peter W. Denn mit dem Hüllhorster Unternehmer verschwindet am 18. Oktober auch dessen weißer Porsche Cayenne, der später im niederländischen Hengelo wieder auftauchte. Der Tatverdächtige aus Enger soll zuvor mit dem SUV auf einem Parkplatz in Melle (Landkreis Osnabrück) gesehen worden sein. Außerdem tauchen im Pkw des Tatverdächtigen das Portemonnaie des vermissten Unternehmers mit persönlichen Dokumenten und die Fahrzeugschlüssel des weißen Porsche Cayenne auf.
Ein Mietvertrag, der zwischen Jörg D. und dem Angeklagten abgeschlossen worden sein soll, erweist sich bei genauer Prüfung als gefälscht. Ebenso sei die Unterschrift auf einer Quittung vom Verdächtigen nachgemacht worden sein. Diese soll belegen, dass der Unternehmer eine Mietvorauszahlung von 60.000 Euro erhalten hat. W. verstrickt sich im Laufe des Prozesses immer mehr in Widersprüche. Mal habe der Angeklagte Zeugen erzählt, die Immobilie gemietet zu haben, dann wollte er sie doch gekauft haben. Schließlich raten ihm seine Strafverteidiger Peter und Holger Rostek, von seinem Schweigerecht Gebrauch zu machen.
Das Urteil: lebenslang wegen Mordes
Trotzdem ergeht am 15.08.2025 das Urteil des Richters Sven-Helge Kleine. Peter W. wird zu einer lebenslangen Freiheitsstrafe wegen Mordes verurteilt. Im Prozess vor dem Bielefelder Landgericht hatte Peter W. die Tat bis zuletzt bestritten. Im Nachgang legen seine Verteidiger Holger und Peter Rostek Revision beim BGH ein. Diese hat der dortige 4. Senat verworfen, das Urteil ist somit rechtskräftig.