Neue Runde im Hickhack um die Hüllhorster Beigeordnetenstelle

Hüllhorst. Dass ein Beigeordneter als Wahlbeamter für die Finanzen der Gemeinde zuständig ist, hat in Hüllhorst Tradition. 1999 wurde Kämmerer Rudolf Bartelheimer einstimmig vom damaligen Rat unter Bürgermeister Wilhelm Henke (SPD) zum Beigeordneten bestellt und 2007 mehrheitlich wiedergewählt. Auf Bartelheimer, der 2013 in den Ruhestand ging, folgte Elmar Vielstich als Beigeordneter. Im September 2012 wurde er vom Rat in geheimer Abstimmung mehrheitlich mit 18 Ja-Stimmen für acht Jahre zum neuen Beigeordneten gewählt. Dass eine Wahlbeamtenstelle risikobehaftet ist, dürfte Vielstich bewusst gewesen sein. 2019 wurde seine Position aufgrund eines Antrages der UHU-Fraktion gegen den Willen von CDU und FDP vom Rat wieder gestrichen. Zum 31. Januar 2021 würde der 55-Jährige offiziell aus dem Hüllhorster Rathaus ausscheiden. Doch ob die Beigeordnetenstelle tatsächlich für ihn zum Schleudersitz wird, steht nun gar nicht mehr fest. Denn die jüngste Kommunalwahl hat nicht nur veränderte Mehrheitsverhältnisse im Rat ergeben, sondern mit Michael Kasche von der CDU auch einen neuen Verwaltungschef. Und der hat, wie berichtet, die Wiedereinführung der Beigeordnetenstelle und Vielstichs Wiederwahl auf die Tagesordnung der Ratssitzung am 9. Dezember setzen lassen. "Hüllhorst kann nicht auf diese Kompetenz verzichten" Kasches Argument ist, dass es Personalvakanzen gibt und Hüllhorst nicht auf diese Kompetenz im Rathaus verzichten könne. Der Coup indes kann nur gelingen, wenn außer CDU und FDP auch noch Jan Aussieker von der AfD für den Vlothoer Vielstich stimmen würde. Bei der Wahl vor acht Jahren hatten die Grünen Elmar Vielstich ebenso wie seiner Gegenkandidatin hervorragendes Fachwissen bescheinigt. Von Verfehlungen irgendwelcher Art war in der dann folgenden achtjährigen Amtszeit Vielstichs, in der auch der Doppelhaushalt eingeführt wurde, keine Rede. In ihrem Antrag auf Abschaffung der Beigeordnetenstelle führte die Fraktion UHU im Mai 2019 Kostengründe an. Die Verwaltung sei gut aufgestellt und leistungsfähig und sollte neu geordnet werden, um Personalkosten zu sparen. Einsparungen vermochte Elmar Vielstich in der besagten Sitzung im Mai 2019 so nicht erkennen: Er habe neben den Beigeordnetenaufgaben auch noch die Kämmererfunktion sowie die Leitung des Fachbereichs Verwaltung inne und sei so auch in vielfältige Sachbearbeitungen eingebunden. Vielstich, der 2015 auch als Bürgermeisterkandidat der CDU antrat, äußerte damals die Vermutung, dass der Antrag politisch motiviert sei. Fakt ist, dass die Weiterbeschäftigung Vielstichs die Kommune künftig mehr kosten würde. Denn bei Wiederwahl wird aus der A14-Stelle automatisch eine A15-Stelle, was brutto ein paar hundert Euro mehr im Monat ausmachen kann. Welche Einsparungen allerdings auf der anderen Seite eine Stellenstreichung bringen würde und welche Pensionsansprüche dem gegenüberstehen würden, wurde bis dato nicht dargelegt. Es wurde auch nicht dargelegt, wie die neue Verwaltungsstruktur aussehen würde. Diese Aufgabe oblag eigentlich der Verwaltung und damit dem vormaligen Verwaltungschef Bernd Rührup (SPD), der allerdings nach nur einer Amtszeit nicht wiedergewählt wurde. In Rahden und Stemwede gab es noch nie Beigeordnete Sollte die von Michael Kasche gewünschte Fortführung der Beigeordnetenstelle im Rat keine Mehrheit finden, dann kann sich Elmar Vielstich in die Riege abgewählter Beigeordneter im Lübbecker Land einreihen. Mit Verweis auf flachere Hierarchien hatten WL und CDU in Lübbecke unter CDU-Bürgermeister Gerhard Bösch die Stelle des technischen Beigeordneten Manfred Dorandt abgeschafft. Auch der Lübbecker Kämmerer und Beigeordnete Achim Wippermann musste gehen. Er allerdings wurde 2010 wegen seiner schiefgegangenen Zins-Swap-Geschäfte vorzeitig aus dem Amt entlassen und die Beigeordnetenstelle 2011 gestrichen. In Lübbecke (26.000 Einwohner) gibt es nun eine Dezernatsstruktur – &bdquo;und damit können wir sehr gut leben“, so SPD-Bürgermeister Frank Haberbosch, denn die Dezernentenstellen würden – anders als die politischen Wahlbeamtenpositionen – Stellensicherheit gewährleisten. In den Kommunen Stemwede (13.500 Einwohner) und Rahden (15.500 Einwohner) hat es noch nie Beigeordnete gegeben. In Rahden sind in den vier Fachbereichen unter klassischer Aufteilung auch Beamte auf Lebenszeit wie Dieter Drunagel – gleichzeitig allgemeiner Vertreter des Bürgermeisters – beschäftigt. Bürgermeister Bert Honsel (CDU) sieht auch keinen Grund, warum an dem bewährten System etwas geändert werden sollte. In Stemwede gibt es seit August statt der klassischen Fachbereiche einen Verwaltungsvorstand als Kollegialorgan, das aus dem Bürgermeister und zwei Tarifbeschäftigten besteht, sowie eine Verwaltungssteuerung für Projekte. &bdquo;Bei Entscheidungen sind wir kein Tanker, sondern ein fixes Schnellboot“, sagt Jörg Bartel, allgemeiner Vertreter des Bürgermeisters im Verwaltungsvorstand. In der Kommune Pr. Oldendorf (12.200 Einwohner) ist in der Hauptsatzung seit 2008 keine Wahlbeamtenstelle mehr vorgesehen. Die Beigeordnetenstelle von Herbert Weingärtner (CDU) wurde auf Antrag der SPD gekippt und mit der finanziellen Leistbarkeit der Stadt begründet. Weingärtner hatte das Amt 2000 angetreten. Vier Jahre später stellte ihn die CDU als Bürgermeisterkandidat auf. Er verlor die Wahl gegen die Bewerberin der SPD, Anke Korsmeier. Die musste daraufhin – ähnlich wie in Hüllhorst – mit ihrem einstigen Gegenkandidaten unter einem Dach arbeiten. Auch der Espelkamper Baudezernent Peter-Martin Quadflieg (SPD) wurde 2003 vom Rat nicht wiedergewählt – die CDU lehnte ihn ab. Es sollte ein Signal in Sachen Stellenreduzierung gegeben werden, hieß es zur Begründung. Auch Quadflieg war in seiner Amtszeit als Bürgermeisterkandidat angetreten – 1999 für die SPD. Er unterlag Heinrich Vieker (CDU). Vieker stimmte übrigens 2003 gemeinsam mit SPD und Grünen sowie einem weiteren CDU-Ratsmitglied für eine Vertragsverlängerung mit Quadflieg. Beigeordnetenstellen sind kein Auslaufmodell Nachdem 2007 dann der altgediente und immer wiedergewählte Beigeordnete und Kämmerer Werner Sudeck in den Ruhestand ging, wurden in Espelkamp keine Beigeordnetenstellen mehr eingerichtet – obwohl es der Hauptsatzung nach durchaus noch möglich wäre. Für die Steuerung der drei Fachbereiche sind in der Kommune nun Fachbereichsleiter verantwortlich, von denen Matthias Tegeler (Zentrale Dienste) gleichzeitig allgemeiner Vertreter des Bürgermeisters ist. Beigeordnete als politisch vom Rat gewählte Amtsinhaber auf Zeit sind indes kein Auslaufmodell. &bdquo;Es kann unabhängig von der Größe einer Kommune individuelle Gründe dafür geben“, so ein Verwaltungschef aus dem Lübbecker Land. In Bad Oeynhausen hat der Rat 2017 mehrheitlich entschieden, dass die Stadt drei Beigeordnete bekommt.

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