Besondere Hundeschule in Minden-Lübbecke: So werden Therapiehunde ausgebildet

Hille-Nordhemmern. Gespannt wartet der Große Schweizer Sennenhund Festus am Ende der Reihe. Erst wenn das Leckerchen über mehrere Löffel von Kind zu Kind gewandert ist, darf er es nehmen – auf Kommando. Hundetrainerin Petra Hartmann (65) und ihr Mann Dieter (68) demonstrieren eine typische Übung für den Einsatz von Therapiebegleithunden zum Beispiel in Schulen. Sie soll Kindern mehr Sicherheit geben. Sie können den Hund belohnen, ohne ihn direkt mit der Hand zu füttern – ein kleiner Schritt mit großer Wirkung fürs Selbstvertrauen. Das Paar hat vier eigene Hunde, drei von ihnen sind ausgebildete Therapie-Begleithunde. In ihrer Schule &bdquo;DerFitteHund“ in Nordhemmern bieten sie diese mehrmonatige Ausbildung an. In dieser Woche finden hier die Abschlussprüfungen statt. Die Tiere begleiten das Paar schon ihr ganzes Leben. In ihren Familien sind sie mit Hunden groß geworden. Als ihre beste Freundin starb und ihnen einen Vierbeiner hinterließ, hätten sie improvisieren müssen, erzählt Petra Hartmann. &bdquo;Wir waren beide voll berufstätig.“ Sie war beim Kreis als Traumatherapeutin für Kinder und Jugendliche tätig und konnte den Hund dort einsetzen. &bdquo;So habe ich erfahren, wie wertvoll Hunde in dieser Arbeit sein können“, sagt sie rückblickend. Lesen Sie auch: Therapiehund Amira hilft Demenzkranken und Kindern Unterschied zwischen Therapiehund und Assistenzhund Seit Frühjahr 2013 bilden die Hartmanns Therapiehunde-Teams aus. Anders als Blindenführ- oder Assistenzhunde, die ihre Halter im Alltag praktisch unterstützen, sind Therapiehunde immer gemeinsam mit ihren Besitzern im Einsatz. Nach einer erfolgreichen Prüfung können Tier und Mensch als Team in Kliniken, Schulen, Heimen oder Hospizen arbeiten – dort sorgen die Tiere für Nähe, bauen Ängste ab, fördern Vertrauen und können so Heilungs- und Lernprozesse positiv beeinflussen. Zusammen mit einer Freundin aus Hessen hat Petra Hartmann den Lehrplan ausgearbeitet und stetig weiterentwickelt - ein Mix aus Theorie und Praxis. Inhaltlich geht es unter anderem um Anatomie, Hygiene, Verletzungsrisiken, die Kommunikation zwischen Mensch und Hund, die Entwicklung des Tieres oder den Umgang mit Patienten. Dazu gehören auch praktische Einsätze in Schulen oder am Bahnhof. Dieter Hartmann kümmert sich um den Bereich Erste Hilfe am Hund, ebenfalls ein Prüfungsthema. Die Kurse beginnen im Frühjahr, die Abschlussprüfung ist immer am ersten Oktoberwochenende. Eine Auffrischung sollte alle zwei Jahre erfolgen. Die beiden Freundinnen planen inzwischen eine weiterführende Ausbildung zur Fachkraft für tiergestützte Intervention mit Hunden an. Sie richtet sich an Menschen mit pädagogischen, psychologischen oder therapeutischen Grundkenntnissen. Ergebnis einer Doppel-Blind-Studie: Trainierte Hunde können Parkinson erschnüffeln Welche Hunde als Therapiehund geeignet sind Petra Hartmann freut sich besonders über Hunde, die noch keine Prüfungen hinter sich haben. &bdquo;Bei der Begleithundeprüfung wird oft abtrainiert, dass der Hund eigene Entscheidungen trifft“, erklärt sie. Für die Arbeit mit Patienten oder Klienten sei das aber in bestimmten Situationen wichtig – sonst könne es sogar gefährlich werden. Feste Voraussetzungen für die Ausbildung gibt es nicht. Ein bisschen Grundgehorsam wie &bdquo;Sitz“ und &bdquo;Platz“ reicht, dazu ein freundliches Wesen und ein Alter von mindestens zwölf Monaten und höchstens sechs Jahren zu Beginn der Ausbildung. &bdquo;Ein Therapiehund muss nicht perfekt sein. Er darf auch mal unsicher sein – nur aggressiv darf er nicht werden“, sagt Hartmann. Nach der Ausbildung stellt sie ein Gutachten aus, in dem die Eignung attestiert wird und Aussagen dazu getätigt werden, in welchen Bereichen sich der Hund am besten einsetzen lässt. Therapiehunde in Bethel: Krebsbekämpfung in Bielefeld - Hunde als Geheimwaffe im Kinderzentrum In diesen Berufen können Therapiehunde helfen Ob ein Hund überhaupt geeignet ist, klärt sie in einem persönlichen Vorgespräch mit Eignungstest. Die Rasse spiele dabei keine große Rolle, betont sie. &bdquo;Aber bestimmte Hunde, wie etwa französische Bulldoggen, sind wegen ihrer körperlichen Einschränkungen zu stark belastet und deshalb nur bedingt geeignet.“ Wichtig sei außerdem, dass nicht nur die Hunde lernen. &bdquo;Viele Teilnehmer sind überrascht, dass sie selbst die Hundesprache beherrschen müssen“, so Hartmann. Rund 120 körpersprachliche Signale gelte es zu kennen: Zeigt der Hund Stress, Freude oder Imponiergehabe? Wer seinen Vierbeiner ständig zutextet, helfe ihm damit wenig. Viel eindrucksvoller sei es, wie Hartmann mit Festus demonstriert: Ein Blick, keine Geste, kein Wort – und der große Sennenhund setzt sich sofort. Therapiehunde kommen gezielt im Beruf zum Einsatz – etwa bei Lehrkräften in Schulen oder bei Therapeuten in der Behandlung. Sie einfach als Bürohund mit ins Unternehmen nehmen, hält Petra Hartmann dagegen für falsch. &bdquo;Das bedeutet puren Stress. Hunde sind hochsensibel, sie müssen sich ständig auf neue Menschen einstellen und deren Stimmung aufnehmen. Für mich ist das Tierquälerei.“ Deshalb gibt es klare Regeln: Therapiehunde dürfen höchstens zwei- bis dreimal pro Woche arbeiten, maximal zweimal am Tag und jeweils nur maximal eine Stunde. Auch die Qualifikation der Trainer spielt eine Rolle. Petra Hartmann hat sich vom Kreis prüfen lassen. Denn wer Hunde gewerblich für Dritte ausbildet oder entsprechende Lehrgänge anbietet, braucht nach Paragraf 11 des Tierschutzgesetzes eine offizielle Erlaubnis. Das Veterinäramt überprüft dabei sowohl die Fachkenntnisse als auch die Zuverlässigkeit der Trainer. 📱News direkt aufs Smartphone: Kostenloser WhatsApp-Kanal der NW Kreis Minden-Lübbecke Tipps für den Umgang mit Hunden Für Menschen, die nur gelegentlich mit Hunden zu tun haben, hat Petra Hartmann ein paar Tipps: Nicht über das Tier beugen, nicht direkt in die Augen schauen und keinesfalls auf den Kopf fassen. Außerdem sollte man Hunden keine eigenen Leckerchen mitbringen, denn die Tiere könnten Allergien haben. Grundsätzlich erleben Petra und Dieter Hartmann ihr Leben mit Hunden als extrem bereichernd. &bdquo;Hunde sind tausendmal sensibler als Menschen“, findet die Trainerin. Sie selber hätten das mit Festus erlebt, der sehr feinfühlig auf die Migräneattacken von seinem Herrchen reagiert. &bdquo;Etwa eine Stunde bevor es losgeht, setzt er sich vor mich und starrt mich an.“ Auch mehrere Hunde zu halten, findet das Paar spannend aufgrund der Dynamik, die die Tiere untereinander entwickeln. Ihr jüngster Hund Karlsson ist vier Jahre alt und einen neuen Welpen werden sie sich nicht holen, kündigen die Hartmanns an. Der Gedanke, ein Tier abzugeben, weil man sich selbst nicht mehr drum kümmern kann, sei für sie unerträglich. &bdquo;Wenn der Letzte geht, ist Schluss.“

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