Gericht

„Ich stech dich ab“: Espelkamper hält Freundin Messer an den Hals

Ein Mann hatte seine Freundin im Streit immer wieder geschlagen und bedroht. Die Beziehung zerbrach und die Frau ging zur Polizei.

Ein Espelkamper hielt seiner Freundin ein Messer an den Hals und drohte ihr. | © Symbolbild: dpa

21.07.2024 | 21.07.2024, 09:00

Rahden/Espelkamp/Minden. „Momente einer toxischen Beziehung“ – so beschrieb Verteidiger Tobias Diedrich die 15-monatige Verbindung seines Mandanten Kai E. zur Zeugin Jana T. (beide Namen geändert). Sie endete endgültig mit einer auf Bewährung ausgesetzten Strafe von sechs Monaten Haft für E., die das Schöffengericht Minden verhängte.

Es ging um häusliche Gewalt über einen Zeitraum von einem Jahr. Strafrechtlich ausgedrückt in sieben Anklagen wegen gefährlicher Körperverletzung, Bedrohung und Freiheitsberaubung. Der jetzt 26-jährige Espelkamper soll seine in Rahden lebende Freundin bei Streitereien mit der Faust gegen den Kopf, mit Tritten gegen Schienbein und Bauch, mit Würgen, mit einem an den Hals gesetzten Messer, mit der Drohung „Ich stech dich ab“, mit Einschließen in ein Zimmer und mit Wegnahme ihrer Autoschlüssel malträtiert haben.

Weil der Angeklagte auf Anraten seines Verteidigers keine Angaben machte, war das Gericht allein auf die Aussage des Opfers angewiesen. Fast zwei Stunden stand die junge Frau Rede und Antwort. Die Beziehung begann im November 2020. Schon am ersten Weihnachtsfeiertag schlug E. das erste Mal zu. Mit der flachen Hand ins Gesicht, wie sie der Polizei schilderte.

Das Opfer hatte aus Angst lange gezögert

Die „toxischen Momente“ der Beziehung steigerten sich bis zum 31. Oktober 2021, als er sie so heftig mit der Faust schlug, dass ihr kurz „schwarz vor Augen“ wurde. Es setzte Tritte gegen das Schienbein und sie sei gewürgt worden. Sie wurde von einer Verwandten ins Rahdener Krankenhaus gebracht, wo aber nur die offenen Verletzungen am Unterschenkel ambulant behandelt wurden. Sie hatte als Ursache Stolpern auf der Treppe angegeben.

Im Januar 2022 hatte die jetzt 23-Jährige dann genug. Die Beziehung war zu Ende, wenn man auch noch miteinander chattete. Im Oktober ging sie dann zur Polizei. Das lange Zögern erklärte sie mit Angst vor ihrem rabiaten Ex. Dessen Verteidiger überraschte die Zeugin mit Fragen nach einer früheren psychischen Behandlung, hielt ihr Chats vor, die auch auf ihre Eifersucht schließen ließen. Nach der zweistündigen Vernehmung schien ein Folgetermin mit weiterer Beweisaufnahme, wie Auswertung des kompletten Chatverkehrs und Einvernahme von Polizisten greifbar.

Teilgeständnis des Angeklagten

Doch nach einem Rechtsgespräch des Gerichts, der Staatsanwältin und des Verteidigers sowie dessen intensivem Gespräch mit seinem Mandanten konnte die Verhandlung rasch beendet werden. Der Angeklagte hatte sich zu einem Teilgeständnis durchgerungen, zwei leichtere Vorwürfe wurden eingestellt und für zwei Bedrohungen und drei von gefährlich auf vorsätzlich gemilderte Körperverletzungen gab es die Gesamtstrafe von sechs Monaten.

Dass E. sowohl vor der Beziehung als auch in den drei Jahren danach nicht strafrechtlich aufgefallen war, wurde vom Gericht als Hauptgrund für die Bewährung gewertet. „Damit die Strafe nicht nur auf dem Papier steht“, so der Vorsitzende Richter Andreas Böhme, wurde ihm die Zahlung von 600 Euro an den Verein „Wildwasser“ Minden auferlegt. Die kann der arbeitslose Verurteilte in Raten zu 30 Euro monatlich abstottern. Bedauert wurde vom Gericht, dass es im Kreis Minden-Lübbecke keine Hilfsorganisation für erwachsene häusliche Gewalttäter gebe, zu der man den unbeherrschten jungen Mann gern geschickt hätte.

INFORMATION


Frauen, die von häuslicher Gewalt betroffen sind, können sich bei all ihren Fragen vertraulich an das Hilfetelefon „Gewalt gegen Frauen“ wenden: Die 116 016 ist rund um die Uhr erreichbar, auch an Wochenenden und Feiertagen. Der Anruf ist kostenlos und kann auch ohne Guthaben auf dem Mobiltelefon genutzt werden.

Die interkulturellen Beraterinnen beim Hilfetelefon sind ausgebildete und erfahrene Fachkräfte und bieten Beratung in 18 Fremdsprachen an.

Zudem ist täglich zwischen 12 und 20 Uhr ein Sofort-Chat erreichbar. Alle Mitarbeiterinnen sind qualifizierte weibliche Fachkräfte. Frauen mit Hör-Behinderung finden hier eine Beratung in Deutscher Gebärdensprache und in Gebärden-Schriftsprache.