Entlassungen bei Espelkamper Firma Harting: So viele Stellen werden reduziert

Espelkamp/Rahden. Der angekündigte Stellenabbau bei der Espelkamper Harting Technologiegruppe sorgte im vorigen Herbst für Diskussionen im Lübbecker Land. Nun steht fest, wie viele Menschen ihren Arbeitsplatz verlieren werden. Zudem äußert sich das Unternehmen auch dazu, wie die Flächen genutzt werden könnten, die vor Jahren im Regionalplan als Erweiterungsfläche am Harting-Standort Rahden ausgewiesen worden waren. Während die 20 Hektar in Rahden nicht bebaut wurden, gibt es aktuell ein Bauvorhaben am Standort Espelkamp. Stellenabbau, die Zukunft der inländischen Standorte auch in Rahden, Statements zur Kritik an der Ampel und zur möglichen Wahl von Donald Trump zum US-Präsidenten und ein Hallenbau in Espelkamp – auf entsprechende Anfragen der Redaktion antwortete Harting-Sprecher Detlef Sieverdingbeck. Pläne zur Verlagerung des Unternehmenssitzes? Im Januar hatte die Harting Technologiegruppe mitgeteilt, immer internationaler zu werden. Es wurde darauf verwiesen, dass die Mehrheit der Beschäftigten im Ausland tätig sei und im Ausland auch der Großteil des Umsatzes generiert werde. Vor diesem Hintergrund wollte die Redaktion wissen, wie konkret Planungen sind, den Unternehmenssitz in die Schweiz zu verlegen. Harting habe seinen Unternehmenssitz in Espelkamp, teilte Detlef Sieverdingbeck mit. &bdquo;In Nähe zu unserem Standort in Biel/Schweiz haben wir im letzten Jahr die Harting International Innovation AG gegründet. Dort bündeln wir die wesentlichen zukünftigen Aktivitäten zur Entwicklung neuer Technologien und Innovationen für die Harting Technologiegruppe.“ Was wird aus Ausbau-Plänen in Rahden? Für den Standort Rahden gab es in den Jahren 2014 und folgend Planungen für eine Erweiterung nordwestlich des vorhandenen Grundstücks um insgesamt 20 Hektar – inklusive der Verlegung und Neu-Trassierung der Konrad-Zuse-Straße. Diese Planungen wurden dann zugunsten des Logistikzentrums EDC zurückgestellt. Ob die einstmals von der Politik in Rahden diskutierte und in der Landesplanung dann abgesicherte Erweiterungsmöglichkeit um 20 Hektar inklusive Verlegung der Straße noch ein Thema ist oder endgültig zu den Akten gelegt wurde, war eine weitere Frage der Redaktion. Unternehmenssprecher Detlef Sieverdingbeck dazu: &bdquo;Wir haben in den vergangenen Jahren detailliert dargestellt, dass die Harting Technologiegruppe Millionen-Investitionen in den Standort Rahden getätigt hat – unter anderem in die Entwicklung, in das Industrial Engineering und in die Digitalisierung. Mit den freien Flächen möchten wir uns gerne an den Planungen für einen Windkraftpark in Rahden beteiligen.“ Das Unternehmen setzt laut Sieverdingbeck &bdquo;alles daran, um uns von fossilen Energieträgern unabhängig zu machen und den Energiebedarf für unsere Produktion langfristig abzusichern“. Zukunft der Standorte im Inland Die Redaktion fragte nach, welchen Stellenwert die inländischen Harting-Standorte vor dem Hintergrund der zunehmend internationalen Ausrichtung noch haben. &bdquo;Aufgrund der geo-politischen Entwicklung müssen wir uns als Unternehmen international aufstellen, um den Anforderungen unserer Kunden gerecht werden zu können“, teilte Sieverdingbeck dazu mit. Alle Landesgesellschaften und Produktionsstandorte, auch die deutschen Standorte, trügen dazu und damit zum Erfolg des Unternehmens maßgeblich bei. Der Industriestandort Deutschland stehe zunehmend immer mehr Herausforderungen gegenüber – insbesondere im internationalen Vergleich. Deshalb habe die Harting Technologiegruppe in den vergangenen zehn Jahren rund 200 Millionen Euro in die Modernisierung, Digitalisierung und Automatisierung der deutschen Werke investiert. Der Unternehmens-Sprecher erinnerte auch daran, dass Harting erst vor wenigen Wochen für einen zweistelligen Millionenbetrag eine Biogas-Anlage in Espelkamp erworben hat, um eine unabhängige Gas- und Wärmeversorgung und damit Produktionssicherheit zu schaffen. Entlassungen auch in Espelkamp Im vergangenen Herbst sorgte das Pythagoras-Programm mit den damit verbundenen Entlassungs-Ankündigungen für Diskussionen. Die Redaktion fragte, ob es zutreffend sei, dass nun im Zuge des Pythagoras-Programms beziehungsweise &bdquo;Fit for Growth“ knapp 100 Menschen entlassen werden.Sieverdingbeck dazu: &bdquo;Die Harting Technologiegruppe will planvoll wachsen und stellt das Unternehmen dafür zukunftsfähig und noch internationaler auf.“ Im Zuge dieser Internationalisierung seien in den vergangenen Monaten die administrativen Bereiche der Technologiegruppe in den Fokus gerückt und würden weltweit restrukturiert und neu ausgerichtet. &bdquo;Es ergeben sich dadurch personell leichte Anpassungen. So werden bis Ende 2025 in Deutschland in verschiedenen Bereichen insgesamt 95 Stellen reduziert. Wir fokussieren uns auf die Digitalisierung, Automatisierung und unsere Kernkompetenzen. Gewisse Dienstleistungen werden wir extern einkaufen. Beschäftigung verlagert sich. Wir setzen alles daran, diesen Abbau möglichst sozialverträglich zu gestalten und schöpfen alle Möglichkeiten aus, um Nachteile für die betroffenen Mitarbeitenden so gering wie möglich zu halten. In den vergangenen Monaten wurden in Deutschland mit den Arbeitnehmervertretern die Details eines Sozial- und Interessenausgleichs erarbeitet.“ Von den Entlassungen sind nach NW-Informationen zahlreiche Menschen auch am Standort Espelkamp betroffen, darunter der Empfang. Zu Details, welche Bereiche noch betroffen sind, wollte sich das Unternehmen nicht äußern. Neue Tennishalle auf Firmengelände Eine weitere Nachfrage der Redaktion galt einem Bauvorhaben: Ob die geplante Tennishalle auf einem Firmengelände nordwestlich der Tennisplätze des TV Espelkamp für die Beschäftigten des Unternehmens errichtet werde? Dazu der Harting-Sprecher: &bdquo;Wie das Ärztehaus Medici und weitere Investitionen in Kultur, Bildung und Sport ist der Bau einer Tennishalle ein weiteres Beispiel für das Engagement und die regionale Verbundenheit der Unternehmerfamilie. Natürlich können davon auch unsere Mitarbeitenden profitieren.“ Kritik der Wirtschaft an der Bundesregierung Deutsche Wirtschaftsverbände kritisieren die Bundesregierung in mehreren Punkten scharf. Ob sich Harting der Kritik anschließt – und wenn ja, in welchen Punkten vor allem, fragte die Redaktion. Die Wirtschaft sehe sich in Deutschland aktuell mit großen Herausforderungen konfrontiert, antwortete Detlef Sieverdingbeck. Die weiterhin hohe Inflationsrate, die hohen Energiekosten, fehlende Investitionen in Bildung und Digitalisierung, Fachkräftemangel sowie die geopolitischen Spannungen in der Welt belasteten die Entwicklung von Unternehmen. Dies treffe auch und im Besonderen den deutschen Mittelstand. Das deutsche Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz und das geplante europäische Lieferkettengesetz adressierten wichtige und von Harting unterstützte Ziele wie den weltweit geltenden Schutz der Menschenrechte. &bdquo;In der Ausformulierung der Gesetze muss die Politik jedoch darauf achten, dass die nationale Wettbewerbsfähigkeit nicht untergraben wird“, merkte das Espelkamper Unternehmen an. So sorge beispielsweise die im Raum stehende zivilrechtliche Haftung für große Unsicherheit bei den Unternehmern. Hier sei der Gesetzgeber gefordert, einen nachvollziehbaren Rahmen zu setzen und den berechtigten Bedenken der Wirtschaft Gehör zu schenken. Der Blick auf die Wahl in den USA Im November wird in den USA ein neuer Präsident gewählt. Die Redaktion fragte, wie Harting als ein international tätiges Unternehmen auf die anstehende Wahl blickt – und die Folgen für das Unternehmen, falls Donald Trump erneut zum Präsidenten gewählt werden sollte. &bdquo;Unsere Geschäftsstrategie beruht darauf, flexibel auf politische Veränderungen zu reagieren und Chancen sowie Risiken sorgfältig zu bewerten“, teilte Sieverdingbeck dazu mit. &bdquo;Für unsere weitere Entwicklung ist dabei unerheblich, ob ein republikanischer oder ein demokratischer Präsident gewählt wird. Die letzten vier Jahre haben gezeigt, dass der aktuelle Präsident den von seinem Vorgänger eingeschlagenen Kurs zum Teil noch konsequenter umgesetzt hat. Der Inflation Reduction Act in den USA hat für die nächsten Jahrzehnte durch das hohe Investitionsvolumen den Rahmen vorgegeben. In Europa oder Deutschland wurde dem nichts Vergleichbares entgegengesetzt.“ Zudem werde der Systemkampf zwischen den USA und China um die wirtschaftliche, politische, technologische und militärische Vorherrschaft im laufenden Jahrhundert die Entwicklung entscheidend prägen. Für Deutschland als ehemaligen Exportweltmeister nach dem Zweiten Weltkrieg bedeute das weitere Herausforderungen: &bdquo;Vor allem fehlen uns in Deutschland für die politisch angestrebte Energiewende dringend benötigte Rohstoffe. China und Russland kontrollieren den Zugang zu wesentlichen Metallen wie zum Beispiel zu seltenen Erden.“

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