Wenn der Kinderwunsch einfach nicht in Erfüllung gehen will: Eine Espelkamperin berichtet

Espelkamp. "Das ist das Schlimmste, was ich bislang erlebt habe", sagt Clara Schröder. Die Espelkamperin spricht von ihrer Kinderwunsch-Reise. Seit fünf Jahren versuchen sie und ihr Mann Michael (32) es schon, doch es will nicht klappen. Eigentlich heißen die beiden anders, doch das Paar möchte namentlich nicht genannt werden. Für Clara und Michael Schröder gehören Kinder zum Leben dazu. "Die hören noch das Flugzeug am Himmel, das ich nicht mehr höre", sagt die Espelkamperin und fügt hinzu, "Sie sind so achtsam, wie ich es mir wünsche, zu sein." Nachdem sie zwei Jahre versucht haben, ein Kind zu bekommen, geht das Paar das erste Mal zu einer Kinderwunschklinik. Zu dem Zeitpunkt wohnen sie noch in der Nähe von Bielefeld. Die Ärzte checken beide durch und empfehlen eine künstliche Befruchtung. Ein zu großer Schritt für das Paar. Doch wieder zur Kinderwunsch-Klinik Kurze Zeit später kauft das Paar ein Haus in Espelkamp, um dort die eigene kleine Familie zu gründen. Bis zu dem Zeitpunkt haben sie selbst schon viel ausprobiert und versucht, eine Lösung zu finden. Vergeblich. Mit ihrem Latein am Ende entscheiden sie sich, nochmal eine Kinderwunschklinik aufzusuchen. Dieses Mal in Minden. Das Auf und Ab der Gefühle, was danach folgt, ist für sie schwer zu ertragen. Jede Behandlungsmethode bekommt drei Versuche, danach geht es über zum nächsten. Jeden Monat schöpfen sie neue Hoffnung, pünktlich folgt jedes Mal darauf die Enttäuschung. "Sobald man in so eine Klinik geht, sollte man psychologische Betreuung bekommen", sagt Clara. Die Kinderwunschklinik in Minden empfiehlt dafür die Schwangerschaftsberatungsstelle von Donum Vitae, mit Anlaufstellen in Minden und Bad Oeynhausen. Jeder Besuch in der Klinik erinnert die Espelkamperin an das Scheitern. "Mit so extremen Gefühlen war ich bislang selten konfrontiert", sagt die 32-Jährige. Den Rest des Monatszyklus ist sie am Boden zerstört und hoffnungslos. Die Hormone tun ihr Übriges. Danach fängt das Ganze von vorne an. Vielen Paaren geht es so Lisa Frings, zertifizierte Kinderwunschberaterin aus Herford, kennt diesen Prozess von ihren Klienten: Diese Achterbahn der Gefühle durchliefen die Betroffenen oft zehn bis zwölf Monate im Jahr. "Ich kenne Paare, die sagen, das ist zehn Jahre lebensbestimmend gewesen. Wenn man am Ende kinderlos bleibt, sieht keiner, was für extrem anstrengende Jahre das gewesen sind", so die Therapeutin und fügt hinzu, "man hat auch kein anderes Thema mehr, wenn man Pech hat, weil es sowieso den Monat so sehr bestimmt." So ist es auch bei Clara und ihrem Mann. "Man will unbedingt, dass es klappt und verliert den Blick für andere Dinge", sagt die 32-Jährige. Sie fühlt die ganze Zeit in sich hinein, ob sie etwas in ihrem Bauch merkt, ob etwas anders ist. Sie sieht nur noch Schwangere, alle ihre Freundinnen bekommen gerade Kinder. "Im ersten Moment freue ich mich für sie, danach kommen die Tränen", erzählt die 32-Jährige und fügt erklärend hinzu, "Ich bin auf niemanden neidisch, ich bin in Trauer." Zeitgleich werden sie auf Familienfeiern gefragt, wann es denn bei ihnen "soweit" ist. Damit die Fragen aufhören, berichtet die Espelkamperin von ihrer Situation. Sie stößt auf viel Mitgefühl, bekommt viele gut gemeinte Ratschläge. "Stresst Euch nicht so", ist der Klassiker. Diesen Satz kennt auch die Kinderwunschberaterin Lisa Frings: "Das ist ein absolut nervtötender Satz: Kinderlosigkeit macht Stress, aber man ist nicht kinderlos, weil man gestresst ist. Das ist ein Mythos, den man irgendwie nicht aus der Welt geschafft kriegt." Was macht das mit einer Beziehung Auch für die Beziehung ist die Situation belastend. Ihr Mann verhält sich in der Situation anders als sie, redet nicht so offen darüber. "Dadurch, dass wir unterschiedlich mit unseren Gefühlen umgehen, fühle ich mich manchmal etwas alleine", gibt die 32-Jährige zu. Sie hebt aber auch hervor, dass ihr Partner sie immer unterstützt und alles mitmacht, was sie vorschlägt. Die beiden versuchen alles, um ihre Ausgangssituation zu verbessern: Sie verzichten drei Monate lang komplett auf Zucker, machen Stoffwechselkuren, Vitaminkuren, sogar eine Darmreinigung und vieles mehr. "Ich kann gar nicht zusammenzählen, wie viel Geld ich da gelassen habe", so die Espelkamperin. Dezember 2022 entscheiden sich die beiden, erst einmal eine Pause zu machen. Der nächste Schritt wäre eine künstliche Befruchtung, die aber mit vielen Hormonen und einer intensiven Behandlung einhergeht. "Selbst wenn ich irgendwann einen positiven Test habe, weiß ich immer noch nicht, ob ich hoffen darf", sagt die Espelkamperin. Andere Geschichten von ungewollt Kinderlosen seien viel schlimmer als ihre eigene, betont sie. "Und ich bin schon am Limit." Das sei das erste Mal, dass sie keine Kontrolle über ihr Leben habe. Auch das kennt die Beraterin Lisa Frings von vielen Patienten: "Das ist für viele die erste schwere Lebenskrise. Beziehung, Ausbildung, Job – bis dahin hat alles reibungslos geklappt. Und auf einmal merke ich, dass ein ganz zentrales Lebenskonzept – Familie – vielleicht gar nicht funktioniert." Einen Plan B hat das Paar bislang noch nicht. "Wir reden auch über Adoption, kommen aber immer wieder zu dem Schluss, dass wir dazu nicht gemacht sind", sagt Clara. Die 32-Jährige möchte aber an ihrer Einstellung zu dem Thema arbeiten: "Ich muss es schaffen, dass ich meinen Alltag wieder schön finde und mich auf die positiven Aspekte im Leben fokussiere."

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