Bielefelder Experte: Wenn der Kinderwunsch zur Zerreißprobe wird

Bielefeld. Kinder zu haben gehört für viele Menschen zum Leben dazu. Doch nicht immer funktioniert die Familiengründung auf natürlichem Weg. Manche Paare und auch Singles versuchen alles, damit sich eine Schwangerschaft einstellt. Kinderwunschbehandlungen bei ausgewiesenen Experten sind hier oft ein Rettungsanker. Manchmal aber ist der Weg zum Kind lang und beschwerlich. &bdquo;Das waren traurige Momente, wenn sich doch wieder die Periode ankündigte“, erinnert sich Carina S. (Name geändert) an die fünf langen Jahre, in denen sie und ihr Mann vergeblich versuchten, Eltern zu werden. Sie hatte die Behandlung als durchaus belastend erlebt – körperlich wie seelisch. &bdquo;Der Alltag und das Denken vieler von ungewollter Kinderlosigkeit Betroffenen ist häufig auf den Kinderwunsch ausgerichtet“, berichtet Prof. Joachim Volz, Leiter des &bdquo;Frog“-Kinderwunschzentrums, eine von zwei Fachpraxen in Bielefeld. Frog steht für Frauengesundheit, Reproduktionsmedizin und operative Gesundheit. Er und seine Frau Stefanie Volz-Köhler, ebenfalls Ärztin, arbeiten intensiv an dem Thema. Früher war Volz Fertilitätsexperte am Klinikum Bielefeld/Standort Rosenhöhe, seit 2012 arbeitet er in eigener Praxis. &bdquo;Sie empfinden ihre Kinderlosigkeit als Schicksalsschlag“ Nach seinen Angaben können er und sein Team rund 80 Prozent der Hilfesuchenden letztlich zu einer Schwangerschaft verhelfen. &bdquo;Manche kommen etliche Jahre, man kennt sich gut“, schildert der Arzt. Und betont: &bdquo;Wir denken die Behandlung immer von der Frau her. Sie soll die für sie medizinisch passende und auch einfühlsame Behandlung erhalten.“ Die Belastung sei ohnehin groß: &bdquo;Die Menschen empfinden ihre Kinderlosigkeit als Schicksalsschlag, sogar als Behinderung“, hat Volz beobachtet. Die Frauen und Männer, die den Rat der Fachleute suchten, seien zwischen 18 und 45 Jahre alt, kämen aus allen sozialen Schichten. Die meisten seien Kassenpatienten. &bdquo;Die sehr jungen Patientinnen kommen meist aus Kulturkreisen, in denen die Familie eine schnelle Schwangerschaft nach der Eheschließung erwartet“, erklärt Volz-Köhler den erstaunlichen Start des Altersspektrums, &bdquo;diese jungen Paare stehen unter einem hohen Druck.“ Steigt die Zahl der Personen, die sich Fruchtbarkeitsbehandlungen unterziehen? Volz kann diesen Eindruck bestätigen. Oft stehe eine angestrebte Karriere der Familiengründung (noch) im Weg, die Jahre gehen ins Land. &bdquo;Die Menschen werden immer älter, bevor sie sich für Kinder entscheiden“, das Gros seiner Patienten sei um die 35. Ein Alter, in dem die natürliche Fruchtbarkeit erheblich abgenommen hat. Hindernis für die Fruchtbarkeit ist oft Endometriose Weitere Gründe, die eine Schwangerschaft verhindern, seien bei den Frauen etwa Myome oder Zysten, Eileiterverklebungen, Übergewicht oder auch Lebensstilfaktoren. Eine sehr häufige Ursache für einen unerfüllten Kinderwunsch sei die Erkrankung Endometriose. Hierbei wächst Schleimhautgewebe unkontrolliert über die Gebärmutter hinaus und verhindert, dass sich ein befruchtetes Ei einnisten kann. Das könnte Sie auch interessieren: Künstliche-Befruchtung: Was bringt das Zusatzangebot Bei Männern geht es meist um die Qualität der Spermien, die unbeweglich und/oder sonst von schlechter Qualität für eine Befruchtung sind. Laut Bundesfamilienministerium ist in Deutschland etwa jedes zehnte Paar zwischen 25 und 59 Jahren ungewollt kinderlos und auf medizinische Hilfe angewiesen, um sich den Kinderwunsch zu erfüllen. Die Frauenärzte sind oft die erste Anlaufstelle, sie untersuchen und beraten, ebenso die Beratungsstelle Pro Familia. Von dort werden die Patientinnen und ihre Partner an Fachpraxen wie &bdquo;Frog“ überwiesen. Hier erfolgt eine ausführliche Anamnese, um mögliche Ursachen abzuklären. &bdquo;Wir sind eine der wenigen Praxen mit großer operativer Expertise“, verweist Volz auf die Möglichkeit, im eigenen OP Fertilitätshindernisse zu beseitigen – wie etwa die Schleimhautwucherungen einer Endometriose. &bdquo;Danach empfehlen wir den Paaren zunächst, es noch mal auf natürlichem Weg zu versuchen“, berichtet der Arzt. Einfrieren von Ei- oder Samenzellen vor belastender Krebstherapie Erst wenn nichts helfe, komme eines der beiden Hauptverfahren zum Einsatz – die In-vitro-Fertilisation (IVF) oder die introzystoplasmatische Spermieninjektion (ICSI, siehe Infokasten). Nach Krankenkassenangaben schlägt eine &bdquo;In-vitro-Befruchtung“ mit rund 3.000 Euro pro Zyklus zu Buche. In der Regel übernehmen die Kassen bei verheirateten Paaren 50 bis 75 Prozent der Kosten für drei künstliche Befruchtungen. Die Altersgrenze für eine Kostenübernahme liegt bei Frauen zwischen 25 und 39 Jahren, bei Männern zwischen 25 und 49 Jahren. Lesen Sie auch: Künstliche Befruchtung – Paar im Kreis Gütersloh spricht über langen Weg zum Wunschkind .responsive23-fu7bGA6saVybHFcs-bar-horizontal-kuenstliche-befruchtung-ivf-icsi { width: 100%; padding-top: 100%; } @media (max-width: 600px) { .responsive23-fu7bGA6saVybHFcs-bar-horizontal-kuenstliche-befruchtung-ivf-icsi { padding-top: 100%; } } @media (max-width: 360px) { .responsive23-fu7bGA6saVybHFcs-bar-horizontal-kuenstliche-befruchtung-ivf-icsi { padding-top: 142.86%; } } Nicht nur heterosexuelle Paare werden bei Volz vorstellig – auch gleichgeschlechtliche, Single-Frauen oder Männer, die im Zuge einer eigenen Geschlechtsumwandlung für ihre Partnerin Samenzellen konservieren möchten. Auch das ist möglich – das Einfrieren von Ei- oder Samenzellen, etwa auch vor einer belastenden Krebstherapie. 20 Prozent der Hilfesuchenden können die Ärzte nicht helfen Oder auch wenn der Kinderwunsch aufgeschoben wird. Letztere Maßnahme bezeichnet man als &bdquo;Social Freezing“, ein gesellschaftlich nicht unumstrittenes Vorgehen. Aber nicht alle Ratsuchenden leben in einer Partnerschaft. &bdquo;Single-Frauen empfehlen wir immer eine psychosoziale und juristische Beratung. Auch sollten sie nicht allein zur Behandlung kommen“, betont der Arzt, &bdquo;ansonsten bewerten wir die Motive der Menschen nicht. Wir sind einfach für sie da.“ Lesen Sie auch: Zwillinge dank Kinderwunschklinik: Bekannte Bielefelderin macht anderen Mut Manchmal aber, sagt er, klappe es einfach nicht: &bdquo;20 Prozent unserer Patienten können wir nicht helfen. Irgendwann muss man aufhören und Alternativen besprechen – wie eine Adoption oder Pflegeelternschaft.“ Dann gehe es darum, als Arzt die Patienten so aufzubauen, &bdquo;dass sie ihr Schicksal annehmen können.“ Bei Carina S. und ihrem Mann ist die Geschichte gut ausgegangen. Beim dritten ICSI-Versuch stellte sich schließlich die ersehnte Schwangerschaft ein. &bdquo;Wir waren glücklich, aber auch vorsichtig und haben die Schwangerschaft erst relativ spät offenbart“, erinnert sie sich. Es könne ja immer etwas passieren. Die beiden wurden Eltern eines Sohnes. Heute ist dieser erwachsen. Doch beide sind immer noch dankbar für die medizinischen Möglichkeiten, von denen sie schon Ende der 90er-Jahre profitiert haben.

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