Beamte beobachten immer mehr Aggressionen: „Es wird gefährlich, wenn man Polizist ist“

Espelkamp. Für die Espelkamper Polizei hat sich nach zweieinhalb Jahren Corona-Ausnahmezustand die Lage langsam wieder normalisiert. Mit normalisiert sind die Zahlen gemeint, die von der Kriminalitäts- und Unfallstatistik vor Beginn der Corona-Ausnahmebestimmungen erfasst worden sind. &bdquo;Das normale Leben beginnt wieder. Und damit auch das normale Verhalten der Menschen, die sich wieder verstärkt treffen, auf Veranstaltungen gehen und auch auf den Straßen und Plätzen unterwegs sind“, sagt Espelkamps Wachleiter Sven-Otto Deubel. Die aktuelle Sicherheitslage weise deshalb in Espelkamp wie auch in den von der Espelkamper Wache betreuten Gebieten Rahden und Stemwede keine besonderen Auffälligkeiten auf. &bdquo;Es ist überall gleichmäßig nach oben gegangen“, so interpretiert er die vorliegende Statistik. Im neuen Jahr ist bereits schon viel passiert Allerdings habe man im gerade begonnenen Jahr schon einiges zu tun bekommen. Er nennt in diesem Zusammenhang die Sprengung eines Geldautomaten an der Breslauer Straße vor wenigen Wochen sowie die zuvor erfolgte Bombendrohung gegen ein ganz in der Nähe befindliches Geschäft. &bdquo;Das hat uns schon in Atem gehalten“, wird er deutlich. Doch fließen diese Ereignisse erst in die Statistik des kommenden Jahres ein. Jetzt würden ja erst die Zahlen von 2022 vorliegen. Und hier gebe es ganz klar &bdquo;Nachholeffekte aus der Corona-Zeit“. Arbeit seit Corona hat sich verändert Für die Polizisten in Espelkamp bedeute dies nicht weniger Arbeit, sondern diese habe sich wieder verändert. So gebe es inzwischen keine typischen Corona-Veranstaltungen mehr wie die Montagsspaziergänge. Teilweise habe es sogar zwei dieser Demonstrationszüge in der Woche gegeben. Und manchmal auch noch am Samstag. Einer der Hauptorganisatoren, so Deubel, Viktor Harder, habe erst im Februar dieses Jahres den Montagsspaziergang abgesagt. &bdquo;Zuletzt sind im Schnitt etwa acht Personen mitgegangen“, sagt Deubel. Der andere Organisator, Dietrich Janzen, er sitzt im Espelkamper Rat für Bündnis C, sei schon seit gut einem Jahr nicht mehr dabei. &bdquo;Wir haben diese Veranstaltungen mit größter Distanz begleitet“, so Deubel. Während der Ausgangssperre habe man auch darauf geachtet, dass diese eingehalten wird. &bdquo;Wenn dann mal Menschen unterwegs waren oder sich auch trafen, haben wir sie angesprochen und sie gebeten, wieder auseinanderzugehen.“ Auch wenn sie mit ihren Hunden offiziell Gassi gegangen seien. &bdquo;Das würden wir heute so nicht mehr machen“, gibt der Wachleiter zu. Jetzt gebe es keine Corona-Vergehen mehr, auf die man achten müsse. Deubel: &bdquo;Das Alltagsgeschäft hat uns wieder“. Es gebe wieder &bdquo;mehr von allem, mehr Kriminalität, mehr Einbrüche und auch mehr Unfälle“. Die Pendlerströme seien ebenfalls wieder – wie gewohnt – unterwegs und die Straßen &bdquo;genauso voll wie vor der Corona-Pandemie“. Zusammenarbeit mit Lübbecker Kollegen hat sich bewährt Bewährt habe sich der gemeinsam vereinbarte Schichtdienst mit den Lübbecker Kollegen während der Corona-Zeit, denn dadurch konnten sich die Kollegen in beiden Wachen eher aus dem Weg gehen. &bdquo;Das war manchmal so schlimm, dass ich mir hier ganz einsam vorkam in unserem Gebäude. Das hat sich Gott sei Dank wieder geändert“, stellte der Wachleiter erfreut fest. Er hatte auch einige Zahlen parat, die die vorher gemachten Aussagen bestätigten. In Espelkamp hat es 2021 908 Kriminalitätsdelikte insgesamt gegeben. 2022 betrug die Zahl der Straftaten 977, das ist eine Zunahme um immerhin 69 Delikte in einem Jahr. Rechnet man dies hoch auf eine Einwohnerzahl von 100.000, ergibt sich die Kriminalitäts-Häufigkeits-Zahl (KHZ). Sie wird immer als Vergleich auch zu anderen Orten genommen. Da liegt Espelkamp bei 3.947. Zum Vergleich: Minden hat eine KHZ von 7.604. Nun ist die Kreisstadt mit ihren fast 90.000 Einwohnern vielleicht nicht ganz vergleichbar mit Espelkamp, dafür aber Lübbecke: Hier liegt die KHZ bei 4.705. &bdquo;Wir sind hier sicherlich nicht an der Spitze, es ist aber auch nicht so ländlich wie in Stemwede, Hüllhorst oder Rahden, wo die Zahlen dann doch deutlich niedriger liegen,“ sagt Deubel. Ein wenig auffällig sind die Sachbeschädigungen, die an den heimischen Schulen zu verzeichnen sind. Allerdings sei dies schon immer ein Phänomen in Espelkamp gewesen, das jedoch nicht zugenommen habe. Das gelte auch für Kfz-Delikte, deren Zahl zwar auch relativ hoch sei, sich aber nicht verstärkt habe. "Bei häuslicher Gewalt sind alle Kollegen sensibilisiert" Was die häusliche Gewalt angehe, seien im Kreisgebiet 548 Taten festgestellt worden. Sie seien allerdings nicht auf die Kommunen aufgeschlüsselt. Es habe zwar eine &bdquo;Corona-Delle“ gegeben. Aktuelle Zahlen könne er nicht präsentieren, dennoch seien sie &bdquo;gefühlt auf hohem Niveau“, so Deubel. &bdquo;Alle Kollegen sind hier sehr sensibilisiert“. Es gebe hier ein gutes Verhältnis zum vor Ort befindlichen Hexenhaus. Man komme regelmäßig zusammen, um sich abzusprechen, die Polizei würde auch engmaschig einbezogen. Auffälligkeiten in Sachen Jugendkriminalität und Bandenkriminalität kann Deubel in Espelkamp nicht feststellen. Die kürzlich erfolgte Pistolen-Soft-Air-Attacke sei wohl ein einmaliger Vorgang gewesen. Nachgewiesen habe man 90 Fälle, es habe auch schon Jahre mit 130 Vorfällen gegeben. Gute Nachricht: Es gibt keine Unfalltoten Was die Unfälle angeht, freute sich Deubel über eine klare Verbesserung: &bdquo;Es gab keine Toten, aber 24 Schwerverletzte.“ Allerdings hat die Zahl deutlich zugenommen. So gab es 649 Verkehrsunfälle, ein Plus von 113; 464 Unfälle seien ohne Verletzte gewesen, bei 83 Unglücken gab es Verletzte. Mit 102 war die Zahl der Unfälle mit Unfallflucht hoch. Auffällig war auch wieder die hohe Zahl von Unfällen mit Zweiradfahrern, vor allem auch mit Pedelecs. Bei denen habe es sich vorwiegend um Alleinunfälle gehandelt. Hier musste die Polizei 42 Mal ausrücken, um sie aufzunehmen. Die Dunkelziffer liege hier sehr hoch, so Deubel. Wenn sich auch ansonsten wieder &bdquo;Normalität“ Bahn bricht, so beobachten die Polizeibeamten doch in einem Punkt eine deutliche Veränderung: Die Gewalt gegen die im Einsatz befindlichen Beamten nehme deutlich zu, darauf wiesen Deubel und sein Kollege Martin Hoffmann ausdrücklich hin. Nicht erst seit dem Lübbecker Fall, wo ein Anschlag auf zwei Polizeibeamte verübt wurde (nw.de berichtete), beobachten die Kollegen deutlich mehr Widerspruch und auch Aggressionen. &bdquo;Es wird gefährlich, wenn man Polizist ist. Wenn man älter als 50 ist, steckt man die Angriffe und Verletzungen auch nicht mehr so gut weg und man schläft nicht mehr gut“, so Hoffmann. Das &bdquo;zermürbe auf die Jahre“. Die beiden Beamten führen dieses zunehmend aggressive Verhalten auch auf &bdquo;Nachahm-Effekte durch Social Media“ zurück. Umso mehr freute man sich auf den Neubau, der sichtbar Fortschritte mache, so Sven-Otto Deubel. Es habe sich als &bdquo;absolut richtig erwiesen, jetzt zu bauen“.

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