Imbissbetreiber in Not: Ein Kampf an mehreren Fronten

Lübbecker Land. Die Zeichen stehen auf Krise. Vor allem die Gastronomie ächzt und stöhnt unter gleich mehreren negativen Entwicklungen. Zum einen haben sich bestimmte Nahrungsmittel-Rohstoffe verknappt, was die Preise in die Höhe treibt, zum anderen steigen die Energiepreise so enorm, dass Transport, Lagerung und Herstellung bestimmter Nahrungsmittel deutlich teurer werden. Und zum anderen wird auch noch der Mindestlohn angehoben, was den Personalkosten-Anteil wiederum erhöht. nw.de stellt am Beispiel eines Imbissbetreibers an der Schweriner Straße in Espelkamp die aktuellen Nöte dieser Sparte dar."Da fehlen mir einfach die Zutaten" "Haben sie noch einen Moment Zeit? Ich habe gerade eine Bestellung erhalten", sagt Mehmet Köse. Ich habe. Der 51-jährige Betreiber eines Imbisses an der Schweriner Straße verschwindet in der Küche. Sechs große Pizzen werden gleich abgeholt. Er wirbelt wie ein Derwisch durch sein Geschäft, holt die Zutaten, rollt den Teig aus, wirft den Pizzaofen an. Alles muss schnell gehen, denn dann geht wieder das Telefon. "Ja, Suppen habe ich so früh noch nicht fertig. Da fehlen mir noch die Zutaten. Aber heute Abend ab 17 Uhr habe ich die fertig", ruft er ins Telefon. Der Kunde gibt sich damit zufrieden.Mehmet Köse muss alles allein machen Inzwischen hat sich der Imbiss vorne gefüllt. Vor allem mit 14- bis 16-jährigen Schülern vom benachbarten Schulzentrum. Die haben richtig Hunger, denn es ist inzwischen fast 14 Uhr geworden, die Schule zu Ende, der Magen leer. Sie sind ungeduldig. Doch Mehmet Köse muss alles allein machen: "Kleine Döner", eine Döner-Box mit Hähnchenfleisch, ein Cacik, Leckeres vom Drehspieß und Grillgerichte. Er tut, was er kann.Halal-Fleisch an die ersten islamschen Gemeinden verkauft Der erste Andrang ist vorüber. Der aus der Stemweder Gemeinde Westrup stammende gebürtige Türke ist ein Vollblut-Gastronom. Auch Vater und Großvater waren in diesem Metier bereits tätig. Sie haben sich in Stemwede in der ersten Auswandererwelle aus der Türkei angesiedelt und in der Gemeinde einen Bauernhof betrieben, wo sie Tiere züchteten, eine Fleischerei aufmachten und Halal-Fleisch an die ersten türkischen und islamischen Moschee-Gemeinden verkauften.Und dann kamen die Krisen . . . Mehmet Köse steht in der Familientradition, kaufte mehrere Verkaufswagen, war viel unterwegs und betrieb bereits mehrere Imbisse. Die Geschäfte liefen - damals. Er verkaufte schließlich alles und wollte dann in Espelkamp an der Schweriner Straße "ganz groß einsteigen". Und dann kamen die Krisen - eine nach der anderen. Erst Corona, dann die Ukraine- und die Energiekrise. Er war, bevor er sein Geschäft öffnete, gerade beim Großhandel einkaufen. "Es ist erbärmlich, es ist abnormal, das sind ja wahre Märchengeschichten." Mehmet Köse packt die Wut. Das Kebab-Fleisch ist zwischen 40 und 45 Prozent teurer, für eine 15,7 Kilogramm Käserolle hat er vor der Krise 74 Euro bezahlt, jetzt muss er 110 Euro hinblättern. Das spezielle Pizzamehl ist um mehr als 100 Prozent im Preis gestiegen, ebenso Sonnenblumenöl, das er vornehmlich zum Frittieren nimmt. Manchmal muss er bis zu sechs Großhändler abklappern, um überhaupt entsprechende Mengen zu erhalten. Auf jedes Angebot auf der Karte kommen zwei Euro drauf Hinzu kommen deutliche Steigerungen beim Stromverbrauch, beim Wärmebezug - er hat eine Gasheizung für sein Geschäft - und natürlich auch für den Lieferservice. Ihm bleibe jetzt nichts anderes übrig, als beim Lieferservice eine Pauschale zu verlangen. "Bei einem Spritpreis von 2,30 Euro, was soll ich da machen?" Und bei den übrigen Angeboten auf seiner Karte kommen jeweils zwei Euro obendrauf. Das sei eine "Mischkalkulation und bei Weitem nicht kostendeckend", macht er deutlich. Doch könne er ja die Kunden nicht gänzlich vertreiben. Man müsse schauen, wie es weitergeht. Übrig bleibe dabei für ihn nichts. Im Gegenteil. "Wenn ich nicht Freunde hätte und nicht noch etwas übrig vom Verkauf meiner Imbisswagen von früher, wäre ich hier schon wieder raus", gibt er zu. Und was die Branche insgesamt angehe, sei er sehr pessimistisch. 30 bis 40 Prozent hielten nicht durch und müssten in naher Zukunft schließen, malt er ein düsteres Bild von seiner Branche. "Das bricht uns allen das Genick" Der Vorsitzende des Hotel- und Gaststättenverbandes Dehoga im Kreis Minden-Lübbecke, Michael Grillemeier aus Hille, stimmt in vielem zu. Mit "maßvollen Erhöhungen" müsse die Preisexplosion an die Kunden weitergegeben werden. Dies dürfe natürlich nicht zu hoch sein, denn dann blieben die Kunden weg, auf der anderen Seite könnten die Preise auch nicht so bleiben. "Das bricht uns allen das Genick", ist sich der Restaurantbesitzer sicher. Eine Tendenz zu Schließungen könne er im Augenblick noch nicht erkennen. Bei Ölen gebe es eine Verdoppelung des Preises, beim Mehl teilweise auch eine Verdreifachung. Aber auch Gemüse, Obst und Fleisch hätten deutlich angezogen. "Es ist sehr schwierig geworden und nicht mehr absehbar, wie das weitergehen soll."Vernünftig einkaufen, nicht hamstern Grillemeier rät den Kollegen, kreativer zu arbeiten. In vielen Fällen könnte das noch reichlich vorhandene Rapsöl verwendet werden. Statt Pommes Frites könne man beispielsweise eine Kartoffel mit Kräuterquark oder eine Rosmarinkartoffel anbieten. Auch Olivenöl sei reichlich vorhanden. "Wenn alle vernünftig einkaufen würden und nicht hamstern, hätten wir in vielen Bereichen die Probleme nicht", so Grillemeier.

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