Delbrück/Espelkamp. Ein 43-Jähriger steht im Verdacht, einen 69-jährigen Mann aus Iserlohn durch ein Abhängigkeitsverhältnis zu einem versuchten Suizid gedrängt zu haben. Zwei Tage lang soll der Mann auf sein Opfer eingewirkt haben, bis dieser Anfang März in einem Waldstück in Delbrück vergeblich versuchte, Suizid zu begehen. Auch einen 77-Jährigen aus Espelkamp soll der Tatverdächtige massiv unter Druck gesetzt haben.
Nach ersten Erkenntnissen ging es dem 43-Jährigen darum, Geld von seinen Opfer zu erlangen oder als Erbe benannt zu werden. Die Mordkommission "Testament" des Polizeipräsidiums Bielefeld hat Ermittlungen aufgrund eines versuchten Tötungsdelikts aufgenommen, teilen Polizei und die Staatsanwaltschaft Paderborn in einer gemeinsamen Presseerklärung mit.
Demnach sollen der 43-Jährige und der 69-Jährige sich nach Angaben des Opfers vor rund zwei Jahren auf einer Online-Dating-Plattform kennengelernt haben und eine platonische Beziehung eingegangen sein. Mit der Zeit habe der Tatverdächtige auch finanzielle Angelegenheiten des Geschädigten übernommen.
Opfer wurde geschlagen, beleidigt, erniedrigt
Anfang März habe der Tatverdächtige sein Opfer an dessen Wohnanschrift aufgesucht. Gemeinsam sei man dann in eine Unterkunft des Tatverdächtigen in Hilter am Teutorburger Wald gefahren. Über einen Zeitraum von zwei Tagen habe der Tatverdächtige dort auf sein Opfer eingewirkt, es geschlagen, beleidigt, fortlaufend erniedrigt und ihm Medikamente verweigert.
Durch die körperliche und psychische Dauerbelastung sei der 69-Jährige nicht mehr im Stande gewesen, rationale Entscheidungen zu treffen und habe den Anweisungen des Tatverdächtigen Folge geleistet. So habe er auch ein Testament erstellt, das den 43-Jährigen begünstigen sollte.
Schließlich soll dieser sein Opfer am Samstag, 5. März, dazu aufgefordert haben, sich umzubringen, was der 69-jährige Iserlohner in einem Waldstück in Delbrück vergeblich versuchte. Ein Passant hatte das stark geschwächte Opfer in einem am Wegesrand geparkten Auto in Begleitung des dringend Tatverdächtigen bemerkt.
Passant wählt den Notruf
Da sich der Iserlohner kaum mehr geregt habe, wählte der Passant den Notruf. Dies soll der 43-Jährige vergeblich zu verhindern versucht haben, indem er beteuert habe, dem Mann ginge es gut. Der 69-Jährige wurde schließlich in ein Krankenhaus gebracht. Da gegen den 43-Jährigen zum Zeitpunkt des Notrufs kein Tatverdacht bestand, durfte dieser seine Fahrt nach der Feststellung seiner Personalien fortsetzen.
Während seiner stationären Behandlung in einem Krankenhaus erzählte der 69-Jährige jedoch wenige Tage später, was aus seiner Sicht vorgefallen war. Daraufhin wurde der 43-jährige dringend Tatverdächtige in Quakenbrück vorläufig festgenommen. Der zuständige Haftrichter des Amtsgerichts Paderborn erließ zunächst einen Untersuchungshaftbefehl gegen den Mann. Zwei Wochen später wurde aufgrund zwischenzeitlich zutage getretener psychischer Auffälligkeiten seine Unterbringungen in einer psychiatrischen Klinik angeordnet.
Motiv: Habgier
Da die Suizid-Entscheidung des Opfers nach dessen Angaben nicht eigenverantwortlich, sondern aufgrund massiven Drucks in Form von physischer und psychischer Gewalt getroffen worden war, geht die Staatsanwaltschaft Paderborn vom dringenden Verdacht des versuchten Mordes aus Habgier in mittelbarer Täterschaft aus.
Ermittlungen laufen zudem in einem weiteren, ähnlich gelagerten Fall: Ein 77-jähriger Mann aus Espelkamp hatte Ende Februar versucht, sich das Leben zu nehmen, nachdem der 43-Jährige diesen durch massive psychische Einwirkungen zum Suizid gedrängt haben soll. Das Opfer wurde mit lebensgefährlichen Verletzungen in ein Krankenhaus gebracht. Dieser Sachverhalt ist bislang nicht Gegenstand eines Unterbringungsbefehls.
In beiden Fällen soll die Kontaktaufnahme des 43-Jährigen mit seinen Opfern über eine Dating-Plattform erfolgt sein. Entstanden seien platonische Freundschaften, ähnlich einem Vater-Sohn-Verhältnis. Nachdem sich der dringend Tatverdächtige anfangs fürsorglich um die Männer gekümmert habe, sei er schließlich fordernder und zunehmend aggressiver geworden. Mit unterschiedlichen Legenden und Druckmitteln habe er große Geldbeträge von seinen Opfern erlangt und sich als Vormund oder Erbe benennen lassen.