Angeklagter gesteht tödliche Schüsse - und wollte sich selbst umbringen

Espelkamp/Bielefeld. Der 17. Juni 2021 ist ein herrlicher Sommertag mit Temperaturen von 34 Grad und wolkenlosem Himmel. Doch die sommerliche Ruhe wird jäh gestört durch mehrere Schüsse, die in der Straße Mittelgang fallen. Zuvor wurde bereits in der Rahdener Straße, knapp 100 Meter entfernt, im ersten Obergeschoss eines Reihenhauses geschossen. Zwei Menschen haben innerhalb weniger Minuten ihre Leben gelassen, getötet durch Schüsse aus einer schwarzen Pistole, Marke Mauser. Kurze Zeit später sind die Tatorte durch Spezialeinsatzkräfte der Polizei abgesperrt, Drohnen kreisen in der Luft, Entsetzen und Angst bei den Anwohnern, der Täter ist auf der Flucht. Am Abend wird er durch eine Streife am Hillweg in Diepenau gefunden. Er sitzt an einen Baum gelehnt und lässt sich widerstandslos festnehmen.2015 die Ehe aus den Fugen Ercan K. muss sich jetzt wegen Mordes an seiner Frau und seinem Schwager verantworten. Am Donnerstag, dem zweiten Verhandlungstag vor dem Landgericht Bielefeld, verliest sein Strafverteidiger Carsten Ernst eine Erklärung seines Mandanten. Sie beantwortet viele Fragen zum Tathergang, lässt aber die Frage unbeantwortet, ob die Morde im Affekt geschahen oder geplant waren. Fast dreißig Jahre waren sie verheiratet, Ercan, 53 Jahre, und Sati, 51 Jahre alt. Nach außen schien es eine glückliche Familie zu sein, mit vier Kindern. Niemand kam je mit dem Gesetz in Konflikt. Doch 2015 gerät das gemeinsame Leben aus den Fugen. &bdquo;Meine Frau wollte sich von mir trennen. Mein Weltbild geriet ins Wanken. Das konnte ich mir nicht vorstellen“, erklärte der Angeklagte vor Gericht. Er habe sich eine Pistole besorgt, um seinem Leben ein Ende zu setzen. Doch seine Frau habe schließlich eingelenkt und man habe wie zuvor gemeinsam in Diepenau gelebt.Als Waschlappen beleidigt? Das änderte sich 2020 schlagartig. Wieder sprach Sati von Trennung. Sie reiste alleine in die Türkei, wo sie sich verliebte. Und erneut wurde der Angeklagte mit den Trennungsabsichten seiner Frau konfrontiert. &bdquo;Bei einem Trennungsgespräch einigten wir uns darauf, dass meine Frau 60.000 Euro und das zu unserer Hochzeit geschenkte Gold bekommt. Gleichzeitig hatte ich den Entschluss gefasst, aus dem Leben zu scheiden. Ich wollte es am 16. 6. in der Wohnung meiner Frau in Espelkamp tun. Doch niemand war zuhause. Am nächsten Morgen, am 17.6., war ich wieder dort. Die Tür zum Hauseingang öffnete sich und mein Schwager und Sati betraten das Haus. In der Wohnung in Espelkamp haben wir noch einmal über die Trennung gesprochen“, heißt es in der Erklärung des Angeklagten.Ihm sei vom Schwager eröffnet worden, dass er bei seiner Frau keine Rolle mehr spiele. Er habe ihn weggestoßen und als Waschlappen beleidigt. &bdquo;Dann zog ich die Waffe, er kam auf mich zu, ich habe mehrere Schüsse auf ihn abgegeben. Meine Frau verließ schreiend die Wohnung. Ich lief hinterher. Ich wollte nur mit ihr sprechen, bevor ich selber sterbe“, heißt es weiter vom Angeklagten. Seine Frau sei dann trotz Aufforderung nicht stehengeblieben und erst in der Straße Mittelgang habe er sie erreicht. Sie habe jegliches Gespräch abgelehnt und sich weggedreht. Da habe er geschossen. Für seinen eigenen Tod habe es nicht gereicht, das Magazin der Pistole sei leer gewesen.Genaue Details der Tatorte Mit Verlesen dieser Erklärung des Tathergangs will der Angeklagte ab jetzt schweigen und keine weiteren Fragen beantworten. War es eine geplante Tat oder ein Doppelmord im Affekt? Für das Strafmaß ist dies entscheidend. Und damit begann am Donnerstag auch die eigentliche Arbeit für die Kammer, die umfangreiche Beweisaufnahme. Der Vorsitzende Richter, Georg Zimmermann warnt die Prozessbesucher, Angehörige von Opfern und Täter, sich auf grausame Bilder vom Tatort, die auf einem großen Bildschirm zu sehen sind, einstellen zu müssen. Umfangreich ist der Bericht der Einsatzkräfte vom ersten Tatort, der Rahdener Straße, wo der 48-jährige Schwager des Angeklagten sein Leben ließ. Überall im ersten Obergeschoß der Wohnung sind Spuren von Blut und Projektile zu finden. Der Tote sitzt zusammengesunken auf einem Sofa. Ein Handy liegt zu seinen Füßen.Angehörige verlassen den Saal Am zweiten Tatort, in der Straße Mittelgang gegenüber der Rahdener Straße, liegt eine tote Frau unter einem blauen Tuch verborgen. Verstreut um sie herum: Armbanduhr, Schlüssel, Führerschein und kleine Anhänger in Herzform. Eine goldene Patronenhülse liegt zwischen zerborstenem Blumenkübel und der Eingangstür, deren Glas durchschossen ist. Eine andere Hülse hat sich zwischen die Gehwegplatten gebohrt. Der Tatortfundbericht ist detailliert und beschreibt auch die letzten Einzelheiten, gleichzeitig durch Fotos dokumentiert.Einige Angehörige haben den Gerichtssaal verlassen. Sie können die Ausführungen, die so viel Leid über ihre Familien gebracht haben, nicht aushalten. Und der Prozess ist noch lange nicht beendet.

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