Ältester Kandidat: Seidel will mit Erfahrung durch die Krise führen

Sie sind der älteste Kandidat im Quartett der Bürgermeister-Bewerber. Weshalb treten Sie noch einmal an? PAUL-GERHARD SEIDEL: Ich möchte als politisch aktiver Mensch meine Erfahrungen, die ich über Jahrzehnte gesammelt habe, einbringen, um zu helfen diese wirklich nicht erfreuliche Zeit der Corona-Pandemie besser zu überwinden. Ich bin mir sicher, dass wir uns danach wieder gut aufstellen können. Was meinen Sie mit politischer Erfahrung? SEIDEL: Ich bin politisch durch meinen Vater geprägt worden. Der war seinerzeit Amtsbürgermeister und langjähriges SPD-Mitglied. Die große Volkspartei war auch viele Jahre lang meine politische Heimat. 30 Jahre lang habe ich für die Sozialdemokraten in unterschiedlichen Funktionen und Zusammenhängen gearbeitet, bis ich nicht mehr mit ihren Zielen übereinstimmte. Ich trat den Unabhängigen bei und sitze für sie bereits seit vielen Jahren im Espelkamper Rat. Wenn Sie in drei Punkten zusammenfassen würden, was für Sie die zunächst dringendsten und wichtigsten Themen sind, die Sie angehen möchten? SEIDEL: Das ist ganz einfach und pragmatisch gesagt. Zunächst muss die Corona-Krise und ihre Folgen bewältigt werden. Dann kann man an die anderen Dinge denken Wir müssen, trotz zurückgehender Steuereinnahmen, die notwendigen Investitionen zeitnah umsetzen, um Arbeitsplätze zu sichern. Als zweiten Punkt muss es darum gehen, die Wirtschaftsförderung und die Stadtentwicklung nachhaltig zu gestalten. Dazu gehört, trotz der Coronakrise eine Erhöhung der Gewerbesteuer zu vermeiden und den Umwelt- und Klimaschutz weiter voranzubringen.Wir wollen zum Beispiel den Ausbau des Fernwärmenetzes in der Gabelhorst und die Kraft-Wärmekopplung weiter fördern. Ebenso muss die Erstellung des Mobilitätskonzeptes politisch begleitet werden und die mögliche Gründung einer Mobilitätsgesellschaft bei den Stadtwerken vorangetrieben werden. Der dritte Punkt ist sicher die Unterstützung und Förderung des Ehrenamtes und der Vereine. Ihre Bedeutung hat sich gerade auch jetzt während der Coronapandemie gezeigt. Ich möchte sowohl die finanzielle Unterstützung ausbauen, als auch eine weitere Vernetzung aller Beteiligten fördern. Dabei spielt für mich das gut funktionierende Quartiersmanagement eine große Rolle. Weiterhin wichtig ist, den Sport- und Kulturstandort Espelkamp zu sichern, auch unser Theater. Für diese Aufgaben müssen wir wahrscheinlich noch Geld in die Hand nehmen. Das ist ja schon eine ganze Menge. Haben Sie noch weitere Ideen? SEIDEL: Ja, ich habe noch weitere Ideen, wir zum Beispiel die Gründung eines genossenschaftlichen Dorfladens in der Südschiene zur Stärkung der dörflichen Strukturen.Aber es gibt auch noch einige Punkte, die abgearbeitet werden müssen. Hier ist zum Beispiel die Umgestaltung des Wilhelm-Kern-Platzes und die Weiterentwicklung der Breslauer Straße zu nennen, ebenso wie die Unterstützung des neu gegründeten Tourismusverbandes. Was läuft Ihrer Meinung nach nicht so gut? SEIDEL: Unsere gesamte Internet-Versorgung, die Digitalisierung, das Mobilfunknetz. Aber daran wird ja zur Zeit gearbeitet. Wir müssen aber dafür sorgen, dass alle mit Glasfaserkabelangeschlossen werden, auch die, die jetzt in den sogenannten grauen Flecken liegen. Sollte das auf Bundes- und Landesebene bzw. mit dem Kreis oder den Nachbarkommunen nicht gelingen, muss die Stadt Espelkamp das alleine lösen. Was ist Ihrer Meinung nach das größte Problem in Espelkamp?SEIDEL: Der Einzelhandel in der Innenstadt. Wir müssen noch mehr als bisher das Stadtmarketing unterstützen. Auch müssen wir alle vertretbaren Voraussetzungen schaffen, um zum Beispiel den Leerstand beim ehemaligen Combi wieder mit Leben zu füllen, oder attraktive Geschäfte in die Innenstadt zu ziehen. Beim Gewerbe müssen neue Flächen ausgewiesen werden. Dabei ist jedoch darauf zu achten, den Flächenverbrauch zu reduzieren, auch damit der Landwirtschaft nicht die notwendigen Flächen entzogen werden. Was läuft derzeit in Espelkamp am besten? SEIDEL: Das Quartiersmanagement ist eine sehr gute neue Einrichtung. Das muss über den dreijährigen Förderzeitraum erhalten bleiben. Die Arbeit muss auf weitere Stadtteile und auch die Dörfer ausgeweitet werden. Auch das Ärztehaus ist ein hervorragendes Projekt für den Standort Espelkamp. Dafür darf man dem Investor und der Verwaltung in Person von Matthias Tegeler dankbar sein.Auch der Ersatzbau für die Rundturnhalle und die Sanierung des Freibandes laufen gut. Und wo fühlt sich der 67-Jährige am wohlsten? SEIDEL: Da gibt es wohl mehrere Orte. Natürlich Zuhause in Fiestel im Garten. Aber auch im Ferienhaus in den Niederlanden. Die Menschen sind dort etwas entschleunigter. Das wünsche ich mir hier auch so manches Mal. In Espelkamp lebe ich gerne, weil man kann hier Kreativität entwickeln und etwas bewegen kann. Was darf Ihrer Meinung nach überhaupt nicht passieren? SEIDEL: Dass die Steuereinnahmen dauerhaft einbrechen und Bund und Land uns immer neue Aufgaben auferlegen ohne die Kosten zu übernehmen. Das höhlt die kommunale Selbstverwaltung aus. Und: Dass die Ewiggestrigen und Verbohrten Einfluss auf die Politik in Espelkamp bekommen. Deshalb kann ich nur alle aufrufen, zur Wahl zu gehen und für ein buntes tolerantes Espelkamp zu stimmen. Das Interview führte NW-Redakteur Karsten Schulz.

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