Bad Oeynhausener belästigt Internet-Bekanntschaft im Aldi und im Auto

Bad Oeynhausen. Das Internet ist ein unendlich großer Tummelplatz der Liebe. Einschlägige Portale versprechen Vermittlungsdienste für nahezu alles. Die Auswahl ist riesig. Der Nervenkitzel auch. Schließlich ist nicht immer offensichtlich, wer sich hinter digitalen Profilen verbirgt. Eine 59-jährige Frau aus Gronau und ein 63-jähriger Rentner aus Bad Oeynhausen wollten das herausfinden. Sie lernten sich auf einer Plattform namens Markt.de über eine klassische Bekanntschaftsanzeige kennen. Nach ausführlichen, anzüglichen Chats und dem Austausch von Intimfotos trafen sie sich in der Kurstadt. Doch das ging schief. Laut Anklage der Staatsanwaltschaft Bielefeld wurde der 63-jährige Bad Oeynhausener am Freitag, 31. Mai 2024 in einem Aldi-Markt sexuell übergriffig. Gegen ihren Willen soll der Mann der Frau an die Brust gefasst und ihren Nacken geküsst haben. Auf der Rückfahrt soll er der Autofahrerin mehrfach in den Schritt gefasst haben. Der Angeklagte bestreitet die Vorwürfe und hat sich einen Verteidiger genommen. Seine Darstellung der Beziehung beginnt in Gronau. &bdquo;Wir haben ein Treffen bei ihr Zuhause verabredet“, erklärt der Angeklagte im Amtsgericht. Sie habe ihn vom Bahnhof Gronau abgeholt und man habe ein &bdquo;mittelalterliches Spectaculum“ irgendwo in der Umgebung besucht. Mehr zum Thema: Herforder vor Gericht: 37-Jähriger soll einer Frau das Ohr abgerissen haben Intime Chats und Fotos von Geschlechtsteilen Beide hätten schnell festgestellt, dass die Chemie nicht passte. Allerdings habe er bei der Frau übernachten müssen, weil die Züge nicht fuhren und seine Tochter ihn nicht mit dem Auto abholen konnte. Später sei es noch zu einem zweiten Treffen, diesmal in Bad Oeynhausen gekommen. Die Dame sei mit dem Auto angereist. Von sexueller Belästigung will der Angeklagte nichts wissen: &bdquo;Da war nichts im Aldi.“ Er habe schließlich &bdquo;die Hände voll mit ihrem Einkauf“ gehabt. Auch im Auto sei nichts passiert, beteuert er. &bdquo;Haben Sie die Frau überhaupt angefasst?“, will der Richter angesichts dieser Ausführungen wissen und hält dem Angeklagten dessen anzügliche Textnachrichten vor. Der 63-Jährige schrieb: &bdquo;Du fühlst dich so gut an.“ Die Frau schickte dem Angeklagten offenbar auf dessen Wunsch ein Foto ihres Geschlechtsteils, was der Rentner mit &bdquo;lecker“ kommentierte. Dass er ein Intimfoto der Frau nach dem Treffen bei Whatsapp hochgeladen hat, gibt der Angeklagte allerdings zu: &bdquo;Das war ein Versehen.“ Er kenne sich nicht aus mit der Technik und sei überrascht gewesen, das Bild überhaupt u bekommen. Warum er darauf im Chat mit Fotos männlicher Geschlechtsteile antwortete, kann er nicht erklären. Er habe nicht seinen eigenen Intimbereich fotografiert, das sei gar nicht seine Art, beteuert er. &bdquo;Wenn, dann hatte ich die Fotos aus dem Internet.“ Weg vom Rendezvous - in den Aldi Die betroffene Frau schildert die Begegnung der beiden ganz anders. Ja, sie habe die Anzeige geschaltet. Nein, man habe sich nie in Gronau getroffen und einen Mittelaltermarkt habe auch nicht besucht. Das möge sie gar nicht. Und übernachtet habe er auch nicht bei ihr. Sie sei bloß zu ihm nach Bad Oeynhausen gefahren. Doch schon als er die Wohnungstür öffnete, habe es ihr die Sprache verschlagen. &bdquo;Das war schlimmer als eine Messi-Wohnung.“ Sie hätte über Müllhaufen krabbeln müssen. Für den mitgebrachten Kuchen habe es dort keine saubere Gabel gegeben. Ihr Besuch bei Aldi sei bloß ein Vorwand gewesen. Dort sei der Angeklagte zudringlich geworden. Er habe sie überall angefasst. Auf der Rückfahrt habe sie seine Hand immer wieder wegschieben müssen, er habe daran gerochen und aufgestöhnt. Zum Glück habe sie eine Hose angehabt. &bdquo;Das war sehr unangenehm.“ Vor seiner Wohnung habe sie ihn abgesetzt und behauptet, noch rasch mit ihrer Tochter telefonieren zu müssen. &bdquo;Ich habe stattdessen Gas gegeben und bin nach Hause gefahren.“ Am nächsten Tag habe sie Anzeige erstattet, was der zuständige Polizist aus Gronau bestätigt. Der Verteidiger hält der Frau vor, auch nach der Begegnung weiter mit dem Angeklagten gechattet zu haben, was sie bestätigt: &bdquo;Ich kann meine Gefühle nicht einfach an- und ausschalten.“ Gab es ein zweites Treffen? Was die sexuelle Belästigung betrifft, steht Aussage gegen Aussage. Der Verteidiger des Angeklagten unterbricht den Prozess zweimal, um sich lange mit seinem Mandanten zu beraten. Der Angeklagte bleibt aber bei seiner Schilderung. Das Gericht versucht deshalb, die Wahrhaftigkeit der Aussagen auf Umwegen abzuklopfen und googelt nach Mittelaltermärkten. Ergebnis: Zum fraglichen Zeitpunkt gab’s wohl keinen Mittelaltermarkt in oder um Gronau. Auch bei den Angaben zu seinen persönlichen Verhältnissen gibt es Unstimmigkeiten. Der Angeklagte beschreibt sich als erfolgreichen Kaufmann, der nach der Wiedervereinigung im Osten das große Geld machte. Die Tochter des Angeklagten verfolgt den Prozess auf der Zuschauerbank und schüttelt immer wieder den Kopf. Den Tränen nahe erklärt sie, dass ihr Vater unter Depressionen leide und seit Jahren Frührentner sei. Der Staatsanwalt fordert schließlich eine Geldstrafe von 145 Tagessätzen zu 30 Euro (4.350 Euro). Der Verteidiger bezweifelt die Schuld seines Mandanten, weil die Frau weiter intime Textnachrichten mit ihm ausgetauscht habe. Sein Mandant sei zudem krank, er fordert Freispruch oder im Falle eines Schuldspruchs eine Geldstrafe von 90 Tagessätzen. Der Richter hat jedoch keine Zweifel an der Schuld des Angeklagten und verurteilt ihn wegen zweifacher sexueller Belästigung zu einer Geldstrafe von 140 Tagessätzen zu 30 Euro (4.200 Euro). &bdquo;Ihre Einlassung ist zu widersprüchlich“, hält er dem Angeklagten vor. Und Richtung Verteidiger: Der Chat nach dem Übergriff sei danach &bdquo;sachlich, distanziert und knapp“. Der Angeklagte habe einen Vertrauensbruch in aller Öffentlichkeit begangen. Ein Geständnis hätte die Strafe abgemildert. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig. 📱News direkt aufs Smartphone: Kostenloser WhatsApp-Kanal der NW Kreis Minden-Lübbecke

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