Umweltdebatte in Bad Oeynhausen: Kiesabbau beschäftigt Oberverwaltungsgericht

Bad Oeynhausen. Seit sechs Jahren baggert das Unternehmen Reese am Gut Deesberg nahe der Weser Sand und Kies aus dem Untergrund. Noch etwas länger beschäftigt der Kiesabbau aber schon die Gerichte. Der Streit um den Schutz von Grundwasser und Heilquellen begann schon 2018, unmittelbar nachdem die Bezirksregierung in Detmold Reese die Betriebsgenehmigung für das neue Kieswerk in Bad Oeynhausens Südosten erteilt hatte. Die Stadt Bad Oeynhausen beklagte die Genehmigung. Dieser Rechtsstreit wurde mit einem vom Oberverwaltungsgericht (OVG) Münster vorgeschlagenen Vergleich in der Hauptsache beigelegt. Doch beendet ist die juristische Auseinandersetzung damit noch nicht. &bdquo;Zahlreiche ältere Verfahren gleicher Dringlichkeit“ Denn die Stadt versucht, ein Beweissicherungsverfahren gerichtlich durchzusetzen, in dem geklärt werden soll, ob von den Kiesabgrabungen eine Gefahr für Grund- und Trinkwasser und die Heilquellen der Kurstadt ausgeht. Diesen Antrag der Stadt wies das Verwaltungsgericht in Minden am 30. Juni 2023 zurück. Die Stadt aber legte gegen diese erstinstanzliche Entscheidung Beschwerde beim Oberverwaltungsgericht in Münster ein. Und dort ruht die Beschwerde offenbar seit zwei Jahren. &bdquo;Nach Auskunft des zuständigen Senats ist ein Zeitpunkt für die Entscheidung nicht absehbar, da zahlreiche ältere Verfahren gleicher Dringlichkeit zunächst zur Bearbeitung anstehen“, teilt die Pressesprecherin des Oberverwaltungsgerichts, die Vorsitzende Richterin Gudrun Dahme, auf Anfrage der NW mit. Das sei auch jüngst den Verfahrensbeteiligten mitgeteilt worden. Die Gerichtssprecherin weist auch darauf hin, dass wegen des Kiesabbaus und des Planfeststellungsbeschlusses, der dem zugrunde liege, in der Vergangenheit bereits &bdquo;ein umfassender Vergleich zwischen den Beteiligten geschlossen worden“ sei. Dem stimmten die Stadt Bad Oeynhausen und die Beklagte, die Bezirksregierung in Detmold, am 22. März 2021 vor dem OVG zu. Damit war ein ganzer Reigen an Klagen und Eilanträgen, die in erster Instanz allesamt vom Verwaltungsgericht in Minden abgewiesen wurden, abgeschlossen. Der Vergleich sieht unter anderem vor, dass das Abbau-Unternehmen, die Gut Deesberger Kiesgewinnungs GmbH, dem Staatsbad erlauben muss, regelmäßig Wasserproben aus den durch die Baggerarbeiten entstehenden Teichen zu entnehmen. &bdquo;Der Abbaubetrieb ist ursächlich für die Versalzung“ Und gleich die erste Probe, die das Staatsbad im September 2021 entnehmen und untersuchen ließ, wies laut Stadt deutlich erhöhte Werte beim Mineral- und Salzgehalt auf. Das von der Stadt beauftragte Büro für Hydrogeologie Leichtle kam auf Basis dieser Werte zu dem Schluss, dass &bdquo;über eine Strecke von 65 Metern aus dem Seeboden mineralisierte Wässer in den See austreten“. Es sei zu befürchten, dass &bdquo;durch fortschreitende Baggerarbeiten weitere Tiefenwasseraustritte entstehen“. Gutachter Thomas Leichtle urteilte: &bdquo;Der Abbaubetrieb ist ursächlich für die ungewöhnlich hohe Versalzung des Baggersees“. Der Abbau verändere die Druck- und Strömungsverhältnisse im Untergrund. Dieser Eingriff führe später zu einer Beeinträchtigung der Heilquellen. Darüber hinaus hält Leichtle auch eine Beeinträchtigung der Trinkwasserversorgung für möglich. Das ließ bei der Stadt erneut die Alarmglocken läuten. Sie beantragte mit dem Segen des Stadtrates ein &bdquo;selbstständiges Beweissicherungsverfahren“ beim Verwaltungsgericht in Minden. Damit sollte ein unabhängiges Gutachten klären, ob die im Baggersee des Kieswerks festgestellten erhöhten Salz- und Mineralienwerte tatsächlich ein Hinweis darauf sind, dass die Heilquellen im Untergrund beschädigt wurden und ob davon eine Gefahr für die Trinkwassergewinnung im Wasserwerk Rehme ausgeht. Die Mindener Richter aber blieben ihrer Linie treu und lehnten den Antrag der Stadt ab. Das Gericht verwies darauf, dass es bereits zwei Gutachten gebe – eins vom Kiesabbauunternehmen und eins von der Stadt in Auftrag gegeben. Damit habe sich die Bezirksregierung mit der Problematik &bdquo;ausreichend auseinandergesetzt“. Bad Oeynhausen hielt dagegen, dass in den Gutachten eine mögliche Gefährdung von Trinkwasser und Heilquellen nicht ausdrücklich untersucht worden sei. Zudem sollte das neue Gutachten nicht von einem der Beteiligten, sondern vom Gericht in Auftrag gegeben werden, damit es als unabhängig anerkannt werden könne. Aus dem Archiv: Baggern, Waschen, Sieben: So sieht es im umstrittenen Kieswerk aus Keine Entwarnung trotz gesunkener Werte Und auch die Stadt blieb sich treu, legte gegen die Mindener Entscheidung Beschwerde ein und forderte weiterhin ein unabhängiges drittes Gutachten. Doch diese Beschwerde liegt nun seit zwei Jahren offenbar weitgehend unbearbeitet beim OVG in Münster. Denn laut Gerichtssprecherin Gudrun Dahme gibt es derzeit noch keinerlei Erkenntnisse darüber, wann mit einer Entscheidung zu rechnen sein könnte. Derweil steht die nächste Probenentnahme im Baggerteich an. Wie Volker Müller-Ulrich, Pressesprecher der Stadtverwaltung, erklärt, werden einmal im Jahr Proben aus den Baggerteichen entnommen und analysiert. 2022 habe diese Analyse erneut deutlich erhöhte Leitwerte aufgezeigt, die erneut auf erhöhte Salz- und Mineralgehalte hinwiesen. 2023 habe es wegen des Personalwechsels an der Spitze des Eigenbetriebes Staatsbades keine Messungen gegeben, so Müller-Ulrich. Und 2024 seien die gemessenen Werte deutlich niedriger ausgefallen als zuvor. Das könnte theoretisch ein Hinweis darauf sein, dass sich das Problem von selbst löst. Die Stadt aber sieht das anders. Weihnachten 2023 gab es ein größeres Hochwasser an Werre und Weser. In Dehme waren 15 Häuser sogar von den Fluten der Weser eingeschlossen. &bdquo;Dieses Hochwasser und die anhaltend hohen Pegelstände der Weser danach haben vermutlich zu einer Verdünnung des Wassers in den Baggerteichen am Kieswerk geführt“, sagt Müller-Ulrich. &bdquo;Wir gehen davon aus, dass bei der nächsten Untersuchung wieder deutlich höhere Werte gemessen werden.“ Die nächsten Proben sollen voraussichtlich Ende August im Kieswerk genommen werden. Mit den Ergebnissen rechnet die Stadt Anfang Oktober. 📱News direkt aufs Smartphone: Kostenloser WhatsApp-Kanal der NW Kreis Minden-Lübbecke

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