Altlastensanierung in Bad Oeynhausen: Gericht stoppt vorerst Bauprojekt

Bad Oeynhausen/Minden. Auf dem Gelände der ehemaligen Hilgenböker-Tankstelle am Alten Rehmer Weg darf derzeit kein Backshop gebaut werden. Die Klage des Grundstückseigentümers gegen die Stadt Bad Oeynhausen auf Erteilung einer Baugenehmigung hat das Mindener Verwaltungsgericht jetzt abgewiesen. Die Stadt hatte den Antrag des Grundstückseigentümers für den Bau eines Backshops mit großzügiger Außenterrasse vor gut zwei Jahren abgelehnt, weil sich in tieferen Bodenschichten nach wie vor Altlasten befinden. In der gut dreistündigen Verhandlung Ende Juni hatten die Richter bereits deutlich gemacht, dass die Klage abzulehnen sei. In ihrer schriftlichen Urteilsbegründung hat die Kammer jetzt klargestellt, dass der Bau eines Backshops mit Terrasse und Parkplätzen eine gründliche Sanierung des Bodens unmöglich mache, teilte Richterin und Gerichtssprecherin Florina Gebel auf NW-Anfrage mit. Zumal nicht ganz geklärt sei, wie weit sich die mineralölhaltigen Überreste der Tankstelle gen Norden und damit gen Werre bewegt haben. Die Kammer stellte somit auch klar, dass erst gründlich saniert werden müsse, bevor gebaut werden könne. 1.300 Tonnen belasteter Boden wurden bereits ausgehoben Die Tankstelle, die Gustav Hilgenböker 1935 auf dem Dreiecksgrundstück eröffnete, wurde bis 2007 betrieben. Der benachbarte Tiwa-Markt – der seit 2018 geschlossen ist – nutzte das Grundstück zeitweise als Parkplatz. Dessen Eigentümer kaufte auch das ehemalige Tankstellen-Areal. Als die stillgelegte Tankstelle dann 2014 abgerissen wurde, wurden mehrere große Lagertanks aus dem Untergrund geborgen. Wie die NW seinerzeit berichtete, war einer von drei jeweils 100.000 Liter fassenden Erdtanks undicht. Das Kreis-Umweltamt, das damals die Arbeiten begleitete, stellte eine größere Verunreinigung des Bodens fest. Nach Schätzung des Umweltamts wurden 2014 in bis zu 7,5 Metern Tiefe rund 1.300 Tonnen an belastetem Boden ausgehoben und entsorgt. Doch offenbar war die Bodensanierung nicht gründlich genug. Später stellte sich heraus, dass sich in knapp neun Metern Tiefe noch weitere sieben Tonnen diesel- und benzinhaltige Altlasten befinden, die zudem auch noch in Bewegung geraten sind. Per Ordnungsverfügung trug das Kreis-Umweltamt im Jahr 2022 dem Grundstückseigentümer auf, Monitoring-Messungen und die Untersuchungen zur Sanierungsart auf seine Kosten durchführen zu lassen. Und letztlich auch die Kosten für die tiefer gehende Sanierung zu übernehmen. Lesen Sie auch: Streit um Altlast auf ehemaligem Tankstellenareal in Bad Oeynhausen geht in die nächste Runde Gegen diese Ordnungsverfügung klagte der Grundstückseigentümer mit Erfolg. Das Verwaltungsgericht bemängelte damals, der Kreis habe eine Verantwortlichkeit der Voreigentümerin nicht ausreichend in die Überlegungen miteinbezogen. Das hat der Kreis nun offenbar nachgeholt. Auf NW-Anfrage teilt Kreissprecherin Sabine Ohnesorge dazu schriftlich mit: &bdquo;Per Ordnungsverfügung wurden dem ehemaligen Eigentümer des Grundstückes Mindener Straße 41 ergänzende bzw. abschließende Sanierungsuntersuchungen mit Auswahl einer endgültigen Sanierungsvariante sowie die Fortführung des Grundwassermonitorings aufgegeben. Die Ordnungsverfügung wurde beklagt. Das verwaltungsgerichtliche Klageverfahren läuft derzeit.“ Kammer befasst sich mit Möglichkeiten der Sanierung In dem aktuellen Verfahren um die Erteilung einer Baugenehmigung hatte sich die Kammer ausführlich mit den verschiedenen Möglichkeiten der Altlastensanierung befasst und den Diplom-Geologen Michael Sack eingeladen, der bereits die erste Sanierung begleitet hatte. Grundsätzlich seien hier &bdquo;zwei Varianten der Sanierung machbar“, erläuterte Sack in der Verhandlung Ende Juni. Für einen offenen Aushub bis in zehn Meter Tiefe veranschlagte Sack Kosten in Höhe von rund 850.000 Euro. Für eine biologische Sanierung, eine sogenannte In-Situ-Sanierung im Erdreich, rechnet Sack mit Kosten von 273.000 Euro und eventuell noch Einleitungsgebühren in Höhe von 150.000 Euro. Bei dieser biologischen Variante setzt man auf die Fähigkeit von bestimmten Bakterienstämmen, Mineralöl zu zersetzen. &bdquo;Mit einem Infiltrat – vorzugsweise Sauerstoff – verbessert man den Lebensraum, damit die Bakterien schneller und besser arbeiten können“, erklärte Sack. Sollte Sauerstoff nicht die richtige Lösung sein, gäbe es für diese Bakterien noch schmackhafte Lösungen wie Phosphat oder Zucker. Die Mikroorganismen wandeln die Mineralkohlenwasserstoffe – also in diesem Fall Diesel und Benzin – in feste Masse um, zu vergleichen mit Bitumen. Diese Feststoffe können nicht mehr wandern und stellen somit keine Gefahr mehr für die Werre oder gar die Heilquellen dar. &bdquo;Voraussetzung für die In-Situ-Sanierung ist aber ein einjähriger Feldversuch, bei dem wir die aktuelle Reichweite der wandernden Altlast ermitteln“, so Sack. Untersucht werden soll auch, ob der Ölfilm bereits unter die Mindener Straße gewandert ist. Auch die Leistungsfähigkeit der Bakterien wäre ein Ergebnis des Feldversuchs. Technisch gesehen funktioniert diese biologische Sanierung mit Hilfe von gebohrten Brunnen, die einen Durchmesser von etwa 40 Zentimetern haben, und weiteren Beobachtungsbohrlöchern. Die Wirksamkeit dieser Methode bezifferte der Gutachter auf mehr als 90 Prozent. 📱News direkt aufs Smartphone: Kostenloser WhatsApp-Kanal der NW Kreis Minden-Lübbecke

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