Streit um Altlast auf ehemaligem Tankstellenareal in Bad Oeynhausen geht in die nächste Runde

Bad Oeynhausen. Den Antrag für den Bau eines Backshops mit großzügiger Außenterrasse auf dem Eckgrundstück Alter Rehmer Weg/Mindener Straße hatte die Stadt Bad Oeynhausen vor gut zwei Jahren abgelehnt, weil sich in tieferen Bodenschichten nach wie vor Altlasten befinden. Gegen die Ablehnung seines Bauantrags reichte der Eigentümer des Geländes der ehemaligen Tankstelle Hilgenböker Klage beim Mindener Verwaltungsgericht ein. Am Donnerstag fand nun die Hauptverhandlung statt. Am Ende mit einem überraschenden Lösungsvorschlag. Nach rund dreistündiger Verhandlung machte der Vorsitzende Richter deutlich, dass die Klage abzulehnen sei und ein Bauantrag so nicht genehmigt werden könne. Ein Argument dafür seien aus juristischer Sicht aber nicht die Altlasten, sondern unvollständige Bauunterlagen. &bdquo;Die Unterlagen sind widersprüchlich“, sagte der Vorsitzende Richter Ebeling. Die geplanten Parkplätze seien im Lageplan anders positioniert als im Brandschutzplan. Außerdem fehle ein Lärmschutzgutachten für einen Backshop an der Mindener Straße. Allein das sei Grund genug für eine Ablehnung der Klage. Aber: &bdquo;Grundsätzlich spricht überhaupt nichts gegen einen Backshop an dieser Stelle, wären da nicht die Altlasten“, so Ebeling. Die Widersprüche im Antrag ließen sich auflösen. Und so unterbreitete der Vorsitzende Richter dem Kläger einen Vorschlag. &bdquo;Gehen Sie vom Bauantrag auf den Status eines Vorbescheids runter. In dem nur die Frage zu klären ist, dass die Altlasten der Genehmigung des Backshops nicht im Wege stehen.“ Auf Anraten seines Anwalts stimmte Kläger Christian Tiede dem Vorschlag der Kammer zu. Diese Frage will nun das Gericht in den kommenden zwei bis drei Wochen klären. Die Tücken des einfachen Baugenehmigungsverfahrens Zuvor hatte sich die Kammer ausführlich mit den verschiedenen Möglichkeiten der Altlastensanierung und mit den juristischen Tücken des sogenannten &bdquo;vereinfachten Baugenehmigungsverfahren“ befasst, bei dem die Genehmigungsbehörden deutlich weniger prüfen müssen, aber deutlich mehr im Nachgang von den Gerichten zu klären sei. Um die Frage nach dem geeigneten Sanierungsverfahren zu beantworten, hatte das Verwaltungsgericht den Diplom-Geologen und Bodengutachter Michael Sack eingeladen. Das Gelände der ehemaligen Tankstelle Hilgenböker wurde 2014 zurückgebaut und der Boden bis in 7,5 Meter Tiefe saniert. 1.600 Kubikmeter belastete Erde wurden damals abgetragen. Diese erste Sanierung hat der Geologe ebenfalls begleitet. Später hat sich herausgestellt, dass in knapp neun Metern Tiefe noch bis zu sieben Tonnen diesel- und benzinhaltige Altlasten schlummern, die zudem auch noch in Bewegung geraten sind. Und weil die Altlast Richtung Norden, also Richtung Werre, wandert, hatte das Kreisumweltamt den Eigentümer per Ordnungsverfügung aufgefordert, für eine tiefer gehende Sanierung und regelmäßige Kontrollen zu sorgen. Gleich zwei Ordnungsverfügungen hat der Kreis dem aktuellen Eigentümer geschickt. Gegen beide ist Tiede gerichtlich vorgegangen - einmal mit Erfolg. Das zweite Verfahren ist noch anhängig. Lesen Sie auch: Erneuter Rechtsstreit zur Altlast Mindener Straße in Bad Oeynhausen Gutachter will die Arbeit der Bakterien mit Sauerstoff beschleunigen Grundsätzlich seien hier &bdquo;zwei Varianten der Sanierung machbar“, erläuterte Sack. Einen offenen Aushub bis in zehn Meter Tiefe veranschlagte Sack mit Kosten in Höhe von rund 850.000 Euro. Für eine biologische Sanierung, eine sogenannte In-Situ-Sanierung im Erdreich, rechnet Sack mit Kosten von 273.000 Euro und eventuell noch Einleitungsgebühren in Höhe von 150.000 Euro. Bei dieser biologischen Variante setzt man auf die Fähigkeit von bestimmten Bakterienstämmen, die Mineralöl ersetzen können. &bdquo;Mit einem Infiltrat - vorzugsweise Sauerstoff - verbessert man den Lebensraum, damit die Bakterien schneller und besser arbeiten können“, erklärte Sack. Sollte Sauerstoff nicht die richtige Lösung sein, gäbe es für diese Bakterien noch schmackhafte Lösungen wie Phosphat oder Zucker. Die Mikroorganismen wandeln die Mineralkohlenwasserstoffe - also in diesem Fall Diesel und Benzin - in feste Masse, zu vergleichen mit Bitumen, um. Diese Feststoffe können nicht mehr wandern und stellen somit keine Gefahr mehr für die Werre oder gar die Heilquellen dar. &bdquo;Voraussetzung für die In-Situ-Sanierung ist aber ein einjähriger Feldversuch, bei dem wir die aktuelle Reichweite der wandernden Altlast ermitteln“, so Sack. Untersucht werden soll auch, ob der Ölfilm bereits unter die Mindener Straße gewandert ist. Auch die Leistungsfähigkeit der Bakterien wäre ein Ergebnis des Feldversuchs. Technisch gesehen funktioniert diese biologische Sanierung mit Hilfe von gebohrten Brunnen, die einen Durchmesser von etwa 40 Zentimetern haben, und weiteren Beobachtungsbohrlöchern. Da die Altlast bis unter das geplante Gebäude reicht, wollten die Richter mit ihren Fragen an den Gutachter auch herausfinden, ob Beobachtungsbohrungen oder Kontrollbohrungen auch möglich sind, wenn der Backshop schon steht. Auch im Hinblick auf die vom Gericht berechneten rund 60.000 Euro Pacht, die dem Eigentümer pro Jahr durch die Lappen gehen. &bdquo;Kann man dann auf der Terrasse eine Bodenplatte rausnehmen und da bohren?“, fragte der Vorsitzende Richter. Möglich sei das, antwortete der Bodengutachter. Auch im Gebäude, aber: &bdquo;Schön ist das aber nicht.“ Auf die mehrfach und eindringlich gestellte Frage des Vorsitzenden Richters, wie der Gutachter die Wirksamkeit der von ihm favorisierten In-Situ-Sanierung einschätzt, ließ er sich schließlich auf mehr als 90 Prozent festnageln. 📱News direkt aufs Smartphone: Kostenloser WhatsApp-Kanal der NW Kreis Minden-Lübbecke

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