Rattenjagd an der Bad Oeynhausener Bahnhofstreppe

Bad Oeynhausen. Das neue Tor zu Stadt, die Bahnhofstreppe, empfängt nicht nur Kurgäste und Reisende, sondern auch ungeliebte Besucher und Untermieter: Ratten. In der frisch angelegten Anlage gegenüber der Klosterstraße zeugen rund ein Dutzend Köderboxen davon, dass die Stadt ihrer wieder Herr werden will. Die schiere Menge der Köder zeugt aber auch davon, dass das gar nicht so leicht ist. Gleich zwei Boxen harren neben dem Mülleimer an der Bahnhofstreppe wohl auf Wanderratten. &bdquo;Die Tiere kommen über den Bahndamm aus dem Sielpark in die Stadt“, vermutet Stadtsprecher Volker Müller-Ulrich, der sich sicher ist, dass die Tiere vorm Bahnhof schon seit Jahren geködert werden, um die Population im Griff und die Ausbreitung unter Kontrolle zu halten. Nach der Neuanlage der Beete an der Bahnhofstreppe und an der Rampe seien die Köderboxen nun nur leichter zu entdecken. Einen Zusammenhang zwischen den wandernden Ratten und einer Konzentration von gastronomischen Einrichtungen in Wurfdistanz zu den Köderboxen will Müller-Ulrich nicht herstellen. So erblickt der Gast der Kurstadt, erklimmt er die Bahnhofstreppe und blickt nach links, Köderboxen entlang der Mauer, die das Beet fasst. Da die Devise der schlauen Nager lautet: &bdquo;Immer an der Wand lang“, werden die Boxen, die ihnen freien Durchblick gewähren, auf ihren Laufwegen platziert. Im Inneren der Box sind die Köder an einer Stange in einer Nebenkammer aufgereiht und sollen so nicht verschleppt werden können. Ratten schleppen Erreger an die Oberfläche Die Wanderratte (Rattus norvegicus) stammt ursprünglich aus den Steppengebieten Asiens und ist in Deutschland die am häufigsten angesiedelte Rattenart. Ihr schlechtes Image verdankt sie nach neuesten Erkenntnissen übrigens einer Falschnachricht. Denn nicht die Ratten, sondern menschliche Wirte brachten das Bakterium &bdquo;Yersinia pestis“ anno 1346 nach Europa. Ausgehend von Sizilien und Venedig brachte der Schwarze Tod laut Expertenschätzungen innerhalb von nur sechs Jahren 25 Millionen Menschen um. Doch Ratten sind nicht ohne, denn Experten zählen 120 Infektionskrankheiten auf, die die Tiere übertragen können. Laut Umweltbundesamt und Robert-Koch-Institut seien darunter Salmonellen, das Hanta-Virus und Fleckfieber. Allerdings sind letztere beiden Krankheiten in Deutschland keine allzu häufige Infektionen. Mit dem Abwassersystem hat der Mensch den Ratten eine perfekte Infrastruktur gebaut, aus der heraus sie die Erreger an die Oberfläche schleppen. Häufig kommt die Leptospirose vor. Sie verursacht hohes Fieber und in schlimmen Fällen auch Gelbsucht. Lesen Sie auch: Schädlingsreport 2025: Warum es in NRW mehr Ratten gibt als anderswo Für die Stadt Bad Oeynhausen kümmerten sich professionelle Schädlingsbekämpfer um die Eindämmung der Rattenpopulation, erklärt Müller-Ulrich. Und das ist kein leichter Job: Das &bdquo;Niedersächsische Landesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit“ hat nachgerechnet: &bdquo;Unter der Annahme, dass die Geschlechtsreife einer Wanderratte nach 90 Tagen eintritt, die Tragzeit 21 Tage beträgt, die mittlere Nachkommenschaft pro Wurf acht Stück umfasst und jeder Wurf aus vier Weibchen und vier Männchen besteht, bringt die Wanderratte in einem Jahr rein rechnerisch 104 Nachkommen zu Welt, die sich ihrerseits weitervermehren. Am Jahresende wird die dritte Folgegeneration geboren und die Ursprungsratte hat somit insgesamt 1.512 Nachkommen.“ Das dürfte die Köderdichte am Bahnhof erklären. Auf Privatgrundstücken sind die Eigentümer in der Pflicht Weniger klar ist, ob Ratten in Bad Oeynhausen gemeldet werden müssen. Der &bdquo;Colon“, die künstliche Intelligenz der Stadtverwaltung, ist mit der Frage nach einer Meldepflicht überfordert. Auch mit dem Suchbegriff &bdquo;Ratten“ kann er nichts anfangen. Der Download-Link zum Informationsflyer führt zunächst auf die Seite der Stadtwerke und von dort ins digitale Nirwana. Nur so viel teilt die Stadt mit: &bdquo;Auf Privatgrundstücken sind grundsätzlich die Eigentümer bzw. Hausverwaltungen für die Bekämpfung von Ratten, verantwortlich. Wenden Sie sich bei Bedarf an einen professionellen Schädlingsbekämpfer oder an den Fachhandel. Informationen zu Fachfirmen erhalten Sie im Internet bzw. dem Branchentelefonbuch.“ Auf öffentlichen Flächen führe die Stadt regelmäßig &bdquo;intensive Bekämpfungsmaßnahmen“ durch. Das Kanalnetz werde regelmäßig und systematisch von den Stadtwerken gereinigt und bei Bedarf beködert. Die Schädlingsbekämpfer der Stadt haben es immer auf die Wanderratte angesehen, denn ihre kleine Schwester, die Hausratte, ist selten geworden. Die Hausratte, auch Schwarze Ratte oder Schiffsratte genannt, ist im Allgemeinen kleiner und schlanker als die Wanderratte. Sie hat eine spitzere Schnauze, große Ohren und einen längeren, schlankeren Schwanz, der länger ist als ihr Körper und keine Schuppen aufweist. Während die Wanderratte (Rattus norvegicus) in der Regel im Herbst aus ihrem natürlichen Biotop im Freiland in die Gebäude eindringt, ist die seltenere Hausratte (Rattus rattus) in Mitteleuropa ganzjährig an Gebäude gebunden. Der Schwanz verrät die nachtaktive Wanderratte, denn sie zieht ihn nach. Fachleute sprechen von &bdquo;Trittsiegel“. Der Schwanz der Wanderratte ist nur schwach bemuskelt und wird beim Laufen nachgeschleppt. Dadurch ist die Schleifspur des Schwanzes in Staub, Schlamm und Ähnlichem gut zwischen den Trittspuren sichtbar. Wanderratten graben häufig Erdbauten mit einer oder mehreren Öffnungen im Freien. Bevorzugte Plätze hierfür sind Böschungen, unter Bodendeckern, an Mauern und unter Gehwegplatten - so wie an der Bahnhofstreppe. 📱News direkt aufs Smartphone: Kostenloser WhatsApp-Kanal der NW Kreis Minden-Lübbecke

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