Gedenktafel für „Ghettohaus“ der Bad Oeynhausener Juden mit sechs Jahren Verspätung

Bad Oeynhausen. Sechs Jahre nach dem Abriss bekommt das sogenannte Bad Oeynhausener &bdquo;Ghettohaus“ eine Gedenktafel. Damit soll an den Ort in der Kurstadt erinnert werden, der für Juden aus Bad Oeynhausen die letzte Adresse vor ihrer Deportation in den Tod war. Der Arbeitskreis Heimatpflege und der Verein Stolpersteine laden für Samstag, 9. November, ab 17 Uhr zur Enthüllung der Gedenktafel an die Weststraße 8 ein. Juden im Deutschen Reich wurden ab Herbst 1941 aus ihren Wohnungen und Häuser vertrieben und mussten auf Anordnung der Stadtverwaltungen in zentrale Unterkünfte ziehen. Der Wohnraum war meist deutlich kleiner und musste mit mehreren Menschen geteilt werden. &bdquo;Soweit erforderlich, kann der Juden zur Verfügung zu stellende Raum eingeengt werden“, hieß es in einem Erlass zur Durchführung. Die Bad Oeynhausener Stadtverwaltung bestimmte die Kurpension &bdquo;Haus Bromberg“ in der Ludendorffstraße, der heutigen Weststraße, zur letzten Wohnstätte ihrer jüdischen Bürger. Von hier aus wurden die Menschen ab Juli 1942 in die Vernichtungslager im Osten deportiert. Das Haus gehörte Juden und wurde zur Zwangsadresse Das Gebäude ist 2018 von den Johannitern abgerissen worden. Der kaufmännische Leiter der Klinik Michael Schelp betonte damals: &bdquo;Wir sind uns der besonderen Geschichte des Gebäudes bewusst.“ Im Rahmen der Erweiterungsbauten der Johanniter-Reha-Klinik wurde das Haus zuletzt nur noch als Baubüro genutzt. Anstelle des Gebäudes sollte ein Garten für Patienten entstehen. Auf dem Bürgersteig davor erinnert der Verein Stolpersteine an Julie und Hedwig Bibro sowie Lotte Caro. Für die drei Frauen war die Kurpension Arbeits- und Wohnstätte zugleich. Es war ihre letzte frei gewählte Adresse in Bad Oeynhausen. Die &bdquo;Judenwohnung“ im Erdgeschoss wurde danach allerdings zur letzten Zwangsunterkunft für Juden aus der Kurstadt. Unter ihnen war auch der Begründer der Bad Oeynhausener Volkshochschule Ludwig Back (1873-1942). Stadtheimatpfleger Klaus Peter Schumann hat sich vor dem Abriss für den teilweisen Erhalt des Gebäudes eingesetzt. Die zuständigen Behörden stellten das Haus aber nicht unter Denkmalschutz, obwohl der damalige Stadtarchivar Rico Quaschny 2013 bereits die Geschichte des Hauses und die Bedeutung der &bdquo;Ghettowohnung“ für die Stadt Bad Oeynhausen deutlich gemacht hatte. Das Amt für Denkmalpflege des Landschaftsverbands Westfalen-Lippe (LWL) begründete 2018 gegenüber der NW die Entscheidung mit städtebaulichen Argumenten. Das Haus sei mehrfach umgebaut worden und nicht mehr als &bdquo;Ghettohaus“ zu erkennen gewesen. Es gäbe also keine Bausubstanz, die laut dem damals geltenden Denkmalschutzgesetz NRW schutzfähig sei. Nazi-Architekt bekommt Denkmalschutz Das mehrfach umgebaute &bdquo;Ghettohaus“ der Juden wurde zum Abriss freigegeben. Das vergleichsweise junge Rathaus am Ostkorso, ein Entwurf des ehemaligen &bdquo;Architekten der Hitlerjugend“ Hanns Dustmann (1902-1979) dagegen wurde 2010 unter Denkmalschutz gestellt. Dustmann betrieb in der Nachkriegszeit Architekturbüros in Bielefeld und Düsseldorf und verdiente sein Geld mit Neubauten für Banken, Versicherungen und Energiekonzerne. Von ihm stammt auch die ehemalige Zentrale der Norddeutschen Landesbank am Georgsplatz in Hannover; auch dieser Bau ist längst denkmalgeschützt. Der Verein Stolpersteine lädt am Jahrestag der Reichspogromnacht zu einem eineinhalbstündigen Spaziergang mit Informationen entlang ausgewählter Stolpersteine. Beginn ist am Gedenkbrunnen vor der Auferstehungskirche um 15.30 Uhr. Der Spaziergang soll gegen 17 Uhr vor dem &bdquo;Haus Bromberg“ enden. Dort wird die neue Gedenktafel im Beisein von Bürgermeister Lars Bökenkröger enthüllt.

Meistgelesen