Aus Ärger über parkende Autos: Radfahrer zersticht Reifen in Bad Oeynhausen

Bad Oeynhausen. Die Zeit zwischen Weihnachten und Neujahr ist für viele Menschen ein merkwürdiger Zwischenraum. Die Tage sind kurz, es ist meist feucht und kalt und das Fahrradfahren macht in dieser Zeit überhaupt keinen Spaß. Ein 64-jähriger Berufspendler aus Bad Oeynhausen ist trotzdem auf sein Rad gestiegen, um damit jeden Tag zur Arbeit ins Johannes-Wesling-Klinikum nach Minden zu radeln. Auf halber Strecke ärgerte er sich offenbar so heftig über parkende Autos, dass er sein Taschenmesser zückte und Autoreifen zerstach. Der 64-jährige Radfahrer musste sich deshalb am Dienstag vorm Amtsgericht Bad Oeynhausen wegen siebenfacher Sachbeschädigung verantworten. Die Staatsanwaltschaft Bielefeld wirft dem bislang völlig unbescholtenen Mann vor, an drei Tagen hintereinander jeweils einen Reifen von insgesamt sieben vor dem Restaurant &bdquo;Elliniko“ parkenden Autos aufgeschlitzt zu haben. Am Freitag, 29. Dezember 2023, wurde der schlitzende Radler auf frischer Tat erwischt. Lesen Sie auch: Reifenstecher in der Innenstadt von Bad Oeynhausen unterwegs Der Schaden: vierstellig. Auch wenn an jedem Auto bloß ein Reifen platt war, mussten doch jeweils zwei Reifen ersetzt werden. Autoreifen werden nämlich nur paarweise getauscht. Hinzu kommen weitere Kosten der Autofahrer, zum Beispiel für Taxen. Drei der Betroffenen vor dem Restaurant in Dehme kamen von weiter her. Einer aus Melle, einer aus Hannover und einer aus Köln. &bdquo;Weiß nicht, was ihn geritten hat“ Vor Gericht versucht der Angeklagte gar nicht erst, sein Handeln zu erklären. Sein Verteidiger nannte es eine &bdquo;Kurzschlusstat“. Sein Mandant sei damals beruflich und privat in einer &bdquo;sehr angespannten Situation“ gewesen. Beim Vorbeiradeln habe er sich jeden Tag über das &bdquo;wilde Parken“ rund ums Restaurant geärgert und zum Taschenmesser gegriffen. Der Rechtsanwalt erklärte, sein Mandant könne sich sein Tun selbst nicht erklären: &bdquo;Er weiß nicht, was ihn geritten hat.“ Allerdings könne er ausschließen, dass es noch einmal passiere. Der radelnde Messer-Mann hat nicht nur gestanden, sondern inzwischen auch fünf Autofahrern den materiellen Schaden und die damit verbundenen Kosten ersetzt. Bislang ist dabei eine Summe von 1.496,82 Euro gezahlt worden. Ein betroffener Autofahrer hat sich noch nicht beim Rechtsanwalt gemeldet. Und ein Autofahrer weilt derzeit nach Auskunft seiner Eltern in Afrika. Beiden will der Angeklagte aber die Kosten ersetzen. Pro Fahrzeug musste der Angeklagte bislang Summen zwischen 144 Euro für den Schaden an einem Skoda und 390 Euro für den Schaden an einem BMW zahlen. Der Richter will vom Radler wissen, wie er die Autos auswählte, die er aufschlitzte. Doch der folgte offenbar keinem höheren Plan. &bdquo;Ich bin einfach am Auto vorbei geradelt“, sagt er. &bdquo;Ich habe nicht geguckt, welche Marke das war.“ Das Taschenmesser wird eingezogen Der Richter hält das Tatwerkzeug, ein Taschenmesser, hoch. Der Angeklagte will es nicht zurück. Das Messer wird eingezogen und verwertet. Der Verteidiger sagt, er habe seinem Mandanten abgeraten, künftig Messer mit sich zu führen. Dann käme er auch nicht auf die Idee, es zu gebrauchen. Der Staatsanwalt kann die Erklärung des Angeklagten mit dem angeblichen Ärger über Autofahrer nicht nachvollziehen. Er kenne die Kurve in Dehme, die Parksituation sei dort aber eigentlich unauffällig. Dass der Angeklagte an drei Abenden wahllos Autoreifen zersteche, zeuge von &bdquo;einer gewissen kriminellen Energie“. Immerhin habe er jedoch gestanden und Wiedergutmachung geleistet. &bdquo;Das ist eigentlich eine typische Nachbarschaftstat“, sagt der Staatsanwalt. Ohne Geständnis des Angeklagten hätte er dafür mindestens 90 Tagessätze gefordert. In diesem Fall beantragt der Staatsanwalt eine Geldstrafe von 80 Tagessätzen zu 40 Euro (3.200 Euro). Lesen Sie auch: Reifenstecherei in Bad Oeynhausen: Viele Autobesitzer wissen nichts vom Schaden Der Verteidiger dagegen verweist auf die Bemühungen des Angeklagten, den Schaden zu ersetzen. Er hält eine Geldstrafe von 50 Tagessätzen zu 40 Euro (2.000 Euro) für ausreichend. Der Angeklagte sagt zum Schluss: &bdquo;Das war vollkommener Blödsinn und ich bin bereit, dafür die Verantwortung zu übernehmen, was ich in gewissem Maße schon gemacht habe.“ Wie das Gericht entscheidet Der Richter erkennt das Bemühen des Angeklagten an, den Schaden auszugleichen. &bdquo;Das machen nur die wenigsten“, sagt er. Trotzdem sei die Tat &bdquo;sehr unschön“ und &bdquo;ausgesprochen ärgerlich“ für die Betroffenen. Die Tat sei außerdem nicht spontan. Wie vom Staatsanwalt gefordert verurteilt der Richter den Angeklagten deshalb zu einer Geldstrafe von 80 Tagessätzen zu 40 Euro (3.200 Euro). Der Angeklagte muss außerdem die Kosten des Verfahrens tragen – und die noch ausstehenden Autofahrer entschädigen. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.

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