Wirtschaft im Kreis Minden-Lübbecke steuert auf konjunkturellen Tiefpunkt zu

Bad Oeynhausen/Minden. Kaum Planungssicherheit, überbordende Bürokratie, schwächelnder Export sowie eine Weltlage voller Spannungen: Das sind die Themen, die auch der Wirtschaft im Kreis Minden-Lübbecke zu schaffen machen. Und die die Unternehmen aus Industrie, Handel und Dienstleistung wenig optimistisch in die Zukunft blicken lassen. &bdquo;Im Mühlenkreis zeigen sich weiterhin keine Signale für eine zeitnahe durchgreifende Erholung“, fasst Karl-Ernst Hunting die Situation zusammen. Am Donnerstag stellte der Leiter der Mindener Zweigstelle der IHK gemeinsam mit den beiden IHK-Vollversammlungsmitgliedern Horst Kottmeyer und Alexander Naue die Ergebnisse der Konjunkturumfrage vor. Dabei legen der Bad Oeynhausener Spediteur Horst Kottmeyer und Alexander Naue vom gleichnamigen Kunststoffhersteller aus Espelkamp an einfachen Beispielen dar, welche Blüten die Bürokratie treibt. &bdquo;Um herauszufinden, wie gut Regenwasser auf einem Baugrundstück versickert, reichte früher ein mit Wasser gefülltes größeres Loch und man schaute, wie schnell das Wasser versickert. Heute muss erst ein rund 6.000 Euro teures Gutachten her“, nennt Kottmeyer ein Beispiel. &bdquo;Durch die Vorgaben wird alles teurer und es dauert länger.“ Und das seien Kosten, die vor allem deutsche Unternehmen stemmen müssen, weder amerikanische, noch chinesische. Auch Alexander Naue spielt auf die Dauer von Genehmigungsverfahren an: &bdquo;Der Bauantrag für eine Produktionshalle muss diverse Abteilungen in der Verwaltung durchlaufen. Es braucht gefühlt acht bis zehn Unterschriften und das Ganze dauert acht bis zehn Monate“, sagt Naue. In dieser Zeit sei in anderen Ländern die Halle bereits fertig. &bdquo;Gut gedacht, aber schlecht gemacht“ Als ein Beispiel für &bdquo;gut gedacht, aber schlecht gemacht“ führen die beiden Unternehmer das allerdings nur in Deutschland zur Pflicht werdende Energie-Audit an. &bdquo;Im November kommen die Prüfer und das Ganze dauert 20 Tage“, sagt Kottmeyer. Das koste zusätzliches Geld. Der Plan dahinter ist, dass sich Unternehmen in puncto Energieverbrauch in jedem Jahr um zehn Prozent verbessern. Das Unternehmen Naue plant den Bau einer großflächigen Photovoltaik-Anlage. &bdquo;Für das Energie-Audit wäre es schlauer, wenn wir die Anlage scheibchenweise über mehrere Jahre bauen würden, aber das machen wir nicht“, sagt Alexander Naue und plädiert für Nachbesserungen. Nachhaltigkeit und Umweltschutz seien wichtig und richtig, aber die Anstrengungen dafür dürften nicht allein zu Lasten deutscher Unternehmen gehen, findet Naue. &bdquo;Ich fände es richtig, wenn beispielsweise ein Unternehmen für das Energie-Audit bei öffentlichen Ausschreibungen belohnt wird und nicht nur das günstigste Angebot zählt.“ &bdquo;Wir brauchen Planungssicherheit über mehrere Jahre“ Auch die fehlende Planungssicherheit untermauert Horst Kottmeyer mit einem Beispiel: &bdquo;Wenn ich jetzt einen E-Lkw bestelle, der übrigens das Zweieinhalbfache eines Verbrenners kostet, wird mir der im Oktober 2025 geliefert. Die Maut-Befreiung für E-Lkw läuft Ende 2025 aus - Planungssicherheit geht anders“, sagt Kottmeyer. Auch angesichts der unzureichenden Ladeinfrastruktur sei das unternehmerische Risiko bei einer Investition in E-Lkw einfach zu groß. &bdquo;Wir brauchen Planungssicherheit über mehrere Jahre“, so Kottmeyer. Letztlich teilen die beiden Unternehmer die Auffassung, dass die Politik zu weit weg von der Praxis sei. &bdquo;Es müssten viel mehr Gespräche mit Unternehmern stattfinden“, ist Horst Kottmeyer überzeugt. Wie auch Alexander Naue und Horst Kottmeyer richten sich jetzt viele Unternehmen im Kreis Minden-Lübbecke verstärkt darauf aus, mit den schwierigen wirtschaftlichen Rahmenbedingungen wie steigenden Arbeitskosten, mangelnder Inlandsnachfrage, hohen Energie- und Rohstoffpreisen zurecht zu kommen. &bdquo;Eine deutlich erkennbare, über einzelne Teilbranchen hinaus bestehende Hoffnung auf eine zeitnahe Besserung der konjunkturellen Aussichten ist aus den Umfrageergebnissen nicht abzuleiten“, sagt Karl-Ernst Hunting zur Herbstumfrage. An der Konjunkturumfrage der Industrie- und Handelskammer beteiligten sich aus dem Kreis Minden-Lübbecke 310 Unternehmen aus Industrie, Handel und Dienstleistung mit insgesamt rund 17.500 Beschäftigten. &bdquo;Die Unternehmen brauchen Zukunftshoffnung“ &bdquo;Die Umfrage haben wir allerdings bereits im August durchgeführt“, so Hunting. Die schlechte Stimmung der letzten beiden Wochen sei also noch gar nicht erfasst. Verglichen mit der Frühjahrsumfrage sei die erhoffte Erholung weiterhin ausgeblieben. &bdquo;Das ist nicht gut. Die Unternehmen brauchen Zukunftshoffnung für ihre weitere Entwicklung“, kommentierte Horst Kottmeyer. Das konjunkturelle Klima im Mühlenkreis sei nur geringfügig besser als beim Tiefstand in der Immobilien- und Finanzkrise 2008/2009. In der Industrie erwarten in den kommenden zwölf Monaten 66 Prozent der Unternehmen fallende, 16 Prozent gleichbleibende und nur 18 Prozent steigende Erträge. &bdquo;Eine auffallend schlechte Prognose“, so Alexander Naue, die nur vom ersten Corona-Sommer 2020 getoppt würde. Das gebe auch wenig Hoffnung für Handel und Dienstleistung, denn die Industrie sei der Motor der Wirtschaft. Im Handel gehen 47 Prozent der Befragten von fallenden Erträgen aus und 46 Prozent von gleichbleibenden Erträgen. Bei den Dienstleistern sieht es etwas besser aus, hier erwarten 51 Prozent gleichbleibende Erträge und 33 Prozent prognostizieren fallende Erträge. Einen Rückgang erwarten die Betriebe auch bei der Nachfrage nach Arbeitskräften. Dieser Trend habe sich bereits im Februar 2024 angedeutet und sich jetzt noch verstärkt. Ein wichtiger Gradmesser für die wirtschaftliche Lage sind auch die geplanten Investitionen für die kommenden 12 Monate. &bdquo;Die Industrieunternehmen investieren in Ersatzbeschaffungen und Rationalisierung“, so Naue. Investitionen in Produktentwicklung, Umweltschutz und Kapazitätserweiterung sind verglichen mit dem Frühjahr stark rückläufig. &bdquo;Aus Gesprächen mit international tätigen Unternehmern weiß ich, dass sie lieber in den USA oder Asien investieren als in Europa“, sagt Naue.

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