Publikumswirksame Debatte über Sicherheit im Kurpark: Geschichte wiederholt sich doch

Seit Politik, auch Kommunalpolitik, einem Reiz-Reaktionsschema folgt, finden sich in Sitzungsvorlagen immer häufiger Tagesordnungspunkte wieder, die nur der Reaktion auf den Reiz geschuldet sind. So verhält es sich auch mit der wieder mal diskutierten nächtlichen Schließung des Kurparks, über die der Betriebsausschuss des Staatsbades am Donnerstag, 19. September, beraten soll. Außerdem will das Staatsbad den Park intensiver bestreifen lassen und prüfen, ob eine Videoüberwachung des Parks rechtlich zulässig und technisch möglich wäre. Mehr Infos: Drei Ansätze für mehr Sicherheit im Kurpark Vor dem Hintergrund, dass in der Nacht zum 23, Juni der 20-jährige Phillipos T. vor dem Kaiserpalais so brutal zusammengeschlagen wurde, dass er zwei Tage später seinen Verletzungen erlag, ist der Reiz, auf den man meint, reagieren zu müssen, kaum auszuhalten. Die Ohnmacht und das Entsetzen im Angesicht der Tat lässt in unserer galoppierenden Gesellschaft eine Reflexion nicht mehr zu. Nur wenige Tage nach dem Verbrechen saß deshalb Bürgermeister Lars Bökenkröger bei &bdquo;Lanz“ im ZDF und forderte mehr Videoüberwachung - wohl wissend, dass die rechtlich nicht zulässig ist. Der Bürgermeister konnte sein Missfallen kaum verbergen Für ein paar Tage stand der Totschlag im Kurpark im Fokus des öffentlichen Interesses, um dann von noch brutaleren Verbrechen wie der Messerattacke von Solingen abgeräumt zu werden. Und auch die politisch Zuständigen wie Landesinnenminister Herbert Reul (CDU) zogen weiter. Zuvor war er jedoch in die Wandelhalle geeilt, um zu erklären, was wohl nicht zu erklären ist: Wie eine solche Tat möglich ist. Die Mimik des Bürgermeisters konnte sein Missfallen über und sein Unverständnis für den anekdotenhaften Parforceritt des Ministers durch die jüngste nordrhein-westfälische Kriminalgeschichte nicht verbergen, denn Konkretes hatte Reul für Bad Oeynhausen nicht zu bieten. Dabei ist er es, der über die Polizei im bevölkerungsreichsten Bundesland gebietet. Die Tat hat den Bürgermeister zu einem Getriebenen gemacht, denn der Volkszorn verlangte, wenn schon nicht nach Rache, dann nach Handlung. Der wiederum setzt der Rechtsstaat enge, bisweilen sehr enge Grenzen. Seit dieses Land die Fähigkeit verloren hat, komplexe Zusammenhänge überhaupt und wenn doch, nicht mit Schaum vorm Mund zu diskutieren, wirkt der Rechtsstaat wie ein Klotz am Bein der politisch Handelnden. Sicherheit ist Aufgabe des Staats, nicht des Staatsbads Man kann davon ausgehen, dass Lars Bökenkröger weiß, dass sowohl die Einzäunung des Kurparks als auch die Forderung nach Videoüberwachung zwischen Kaiserpalais und Wandelhalle Finten eines politischen Spiegelgefechts sind. Doch was soll er tun? Verweist er auf Recht und Gesetz und bittet um Geduld, schwillt dem Volkszorn der Kamm. Das Land steht kurz vor dem Siedepunkt und in den sogenannten sozialen Medien wird geheizt, als gäbe es kein Morgen. Wer diese irrationale Lust am Überkochen nicht noch weiter nähren will, der muss handeln - egal wie. Sicherheit sei ein menschliches Grundbedürfnis, heißt es und die Bürger haben sich mehr oder weniger darauf geeinigt, dass der Staat für Sicherheit sorgen soll. Doch damit ist nicht das &bdquo;Staatsbad“ gemeint, sondern die Polizei. Ihr käme es zu, auch öffentlich deutlich zu machen, dass sie für Sicherheit sorgen kann und sorgen wird. Das wiederum würde bedeuten, dass der NRW-Innenminister in Bad Oeynhausen keine Anekdoten erzählt, sondern erklärt, dass sich zukünftig deutlich mehr Polizisten um die Sicherheit in der Kurstadt kümmern werden. Hat er aber nicht. Stattdessen warb der Christdemokrat dafür, dass seine Polizisten nicht überall sein könnten, und setzte sie Anfang August mal wieder für einen einwöchigen Blitzmarathon ein. Kurpark ist kein Kriminalitätsschwerpunkt Auch deshalb debattiert das Staatsbad nun darüber, einen Zaun durch den Kurpark zu ziehen, der aber so gebaut werden müsse, dass er die Zugänge zum GOP, dem Adiamo, den Restaurants und dem Theater freilasse. Allein diese Voraussetzung zeigt, wie hanebüchen der Vorschlag ist. Komplexer, aber nicht weniger unwahrscheinlich ist es, den Kurpark per Video zu überwachen. Denn die Polizei hat unmissverständlich klargemacht, dass es in Bad Oeynhausen so gut wie keine Kriminalitätsschwerpunkte gebe und wenn doch, dann nicht im Kurpark. Die publikumswirksam angestoßene Debatte über die Sicherheit im Kurpark ist ein Wiedergänger. Schon 2018 hatte der damalige Leiter des Eigenbetriebes Staatsbad, Dirk Henschel, die Einzäunung mit dem Ziel auf die Agenda gesetzt, darüber fürderhin nicht mehr diskutieren zu müssen. Auch damals kochten Emotionen und Argumente hoch, mit dem Ergebnis, dass das Staatsbad die Kurparkordnung verschärfte und die Bestreifung des Gartenkunstwerks intensivierte. Die Einfriedung des Bodendenkmals wurde verworfen. Geschichte wiederholt sich doch.

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