Seichte Kost und Klischees statt Klassikern mit Anspruch in Bad Oeynhausens Theater

Bad Oeynhausen. Anspruchsvolles Ballett? Pustekuchen! Theaterstücke, deren Inhalte Thema bei den Abiturprüfungen sind? Nicht im Angebot! Herausfordernden oder inspirierende Inszenierungen? Auch die machen sich im Spielplan zunehmend rar. Das Programm für das Theater im Park hat nach jahrelanger Talfahrt einen Tiefpunkt erreicht. Besonders deutlich wird die Entwicklung beim Blick zurück: Während vor 20 Jahren mit einem überwiegend bildungsnahen Programm noch Qualität vor Quote stand, macht in der kommenden Saison einmal mehr federleichte Unterhaltung das Rennen. Auch wenn das Theater im Park - anders als staatlich subventionierte Häuser wie etwa das Detmolder Landestheater - keinen expliziten gesetzlichen Bildungsauftrag hat: Im Spielplan eines jeden Hauses zeigt sich eben auch sein Selbstverständnis. Lesen Sie auch: Entscheidung über Kündigung des Landestheaters Detmold vertagt Langjährige Abonnenten sind abgewandert Wer der Bühne in dem spätbarocken Bau von 1915 schon länger die Treue hält, wird sich sicher noch mit Wehmut an den ein oder anderen Höhepunkt aus der Vergangenheit erinnern: An die emotionalen Abgründe der zerrütteten Familienverhältnisse aus Gaetano Donizettis Oper &bdquo;Lucia di Lammermoor“ vielleicht, die man 2007 in Bad Oeynhausen erleben konnte. An die Zerbrechlichkeit gesellschaftlicher Zustände in Gerhard Hauptmanns Tragikomödie &bdquo;Die Ratten“, die 2012 auf große Resonanz stieß. Oder an die &bdquo;Kindertotenlieder“ 2015 aus dem dramatischen Ballettabend &bdquo;Der Teufel tanzt (es) mir“ zu Musik von Gustav Mahler. Dann wurde das Eis in den Spielplänen schon dünner und die Abwanderung langjähriger Abonnenten hinterlässt auch im Angebot, das zunehmend auf Quote schielte, seine Spuren. &bdquo;Romeo und Julia“ als getanztes, modernes Familiendrama am Ende der letzten Saison war noch einmal eine dieser raren Sternstunden. Abirelevante Theaterstücke fehlen Dann die Sache mit den sogenannten &bdquo;abirelevanten“ Theaterstücken, deren Stoff Jahr für Jahr für die Allgemeine Hochschulreife geprüft wird: Egal ob Goethes &bdquo;Faust“, Lessings &bdquo;Emilia Galotti“ oder Franz Kafkas &bdquo;Prozess“ angesagt waren - im Theater im Park haben sich diese Klassiker schon vor Jahren aus dem Staub gemacht. Und das bei einem Einzugsgebiet von zwei städtischen Schulen mit gymnasialer Oberstufe, jeweils einem Gymnasium in Löhne und Vlotho und wenn man möchte, auch einem weiteren in Porta Westfalica. Ein Thema, über das offensichtlich auch in der Staatsbad GmbH gesprochen wird, wie Beate Krämer sagt. &bdquo;Wir diskutieren das immer wieder“, versichert die Geschäftsführerin. Mehr zum Thema: Welche Konsequenzen eine Kündigung des Landestheaters hätte Statt der angesagten Klassiker gibt es auch in dieser Saison einmal mehr überwiegend unkritische und vordergründig unterhaltsame Abende zu Ehren bekannter Persönlichkeiten. Wiederkehrend stereotype Ballettabende aus der Konserve - voller Klischees, aber ohne Risiken und Nebenwirkungen. Oder zum dritten Mal in Folge spärlich bekleidete Damen, die sich auf nostalgischen Schaukelpferden räkeln. Aber auch Coverbands, &bdquo;Lachabende“, Michael-Jackson-Imitate oder fernsehbekannte Schauspieler als Zugpferde gehören längst zum dominierenden Repertoire des Spielplans. Zubereitet wurden sie zumeist von Agenturen oder Tourneetheatern, die eben keinen Bildungsauftrag haben. In kleinen Dosen gab es das schon immer. Dass sie den Spielplan bestimmen, hat sich erst in den letzten Jahren immer weiter verfestigt. Das Staatsbad macht Kurtheater Da passt es, wenn Beate Krämer das aktuelle Angebot im Vorwort des Spielplans als &bdquo;ganz in der Tradition eines Kurtheaters“ bezeichnet. Immerhin: Die Geschäftsführerin spricht von insgesamt rund 1.000 Besuchern, wobei unklar bleibt, wie viele davon die Vorteile der den Eintrittspreis mindernden Theatercard nutzen und wie viele Abonnenten im klassischen Sinn sind. In Bezug auf die Auslastung nennt die Chefin im Theater einen Wert &bdquo;zwischen 70 und 80 Prozent“. Aber: Kultur ist nicht nur Unterhaltung und Quote, sondern auch ein Wirtschaftszweig und zugleich Tourismus- und Standortfaktor, der nicht nur bei Einheimischen, sondern auch bei Menschen, die erwägen, in die Kurstadt zu ziehen, eine nicht unerhebliche Rolle spielt. Ob sich Bad Oeynhausen dafür mit federleichtem Entertainment á la &bdquo;Kurtheater“ dauerhaft gut positioniert, mag dahingestellt sein.

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