Bad Oeynhausener Heilquellen bedroht? Gutachten zu undichter Geothermiebohrung

Bad Oeynhausen. Das Staatsbad ist neugierig geworden. Der Eigenbetrieb der Stadt Bad Oeynhausen möchte wissen, ob die seit zehn Jahren in der Brucher Straße sprudelnde Quelle - Folge einer undichten Geothermiebohrung - möglicherweise Einfluss auf die Heilquellen der Kurstadt hat. Dazu werde das Staatsbad nun ein Fachbüro einschalten, so kündigte Volker Müller-Ulrich, Pressesprecher der Stadt, gegenüber der NW an. &bdquo;Der Schutz unserer Heilquellen gehört für mich zu den sensibelsten Themen der Stadt. Selbstverständlich werden wir mögliche Auswirkungen der Bohrung an der Brucher Straße auf die Heilquellen durch unser Fachbüro bewerten lassen“, erklärte Bürgermeister Lars Bökenkröger dazu auf Nachfrage der NW. Vor zehn Jahren sorgte eine frisch und munter sprudelnde Quelle in der Brucher Straße in der Südstadt zunächst für Rätselraten - vor allem bei den Behörden. Denn für die Anwohner, deren Gärten im Sommer 2014 überschwemmt wurden - und zwar nicht vom Regen - war die Ursache rasch ausgemacht. Sie hatten eine Erdwärmebohrung im Verdacht, die offenbar ein Wasservorkommen im Untergrund angeschnitten hatte. Hintergrund: In Bad Oeynhausen landen 25 Milliarden Liter soleartiges Grundwasser einfach im Kanal Dieser Verdacht, den Stadtwerke und Kreisverwaltung zunächst von sich gewiesen hatten, sollte sich bestätigen. Offenbar erwischte der Bohrer in knapp 40 Metern Tiefe eine unter Druck stehende Wasserblase. Durch den artesischen Eigendruck strömte das Wasser in Mengen an die Oberfläche - und das tut es auch heute noch. Die Versuche, die undichte Bohrung wieder abzudichten, scheiterten. Daraufhin wurde im März 2015 eine Entlastungsbohrung gesetzt, durch die das nach oben drückende Wasser gezielt in den Regenwasserkanal der Stadtwerke abgeleitet wird. 30 Kubikmeter pro Stunde - zehn Jahre lang Beeindruckend sind die Zahlen, die der Kreis Minden-Lübbecke als Untere Wasserbehörde dazu nennt. Von maximal 30 Kubikmetern pro Stunde, also 720 Kubikmetern pro Tag, sei man vor der Einleitung des Untergrundwassers in den Regenwasserkanal ausgegangen, berichtete Kreis-Sprecherin Sabine Ohnesorge auf Anfrage der NW. Eine konkrete Mengenmessung sei aber bisher nicht durchgeführt worden. Hochgerechnet ergibt das bis zu 2,5 Millionen Kubikmeter oder 2,5 Milliarden Liter Wasser, die in den vergangenen neuneinhalb Jahren ins Regenwassernetz der Stadtwerke geflossen sind. Und um gewöhnliches Grundwasser scheint es sich dabei nicht zu handeln. &bdquo;Die uns bekannten Analysen des Grundwassers aus 2015 zeigen im Vergleich zu den Grenzwerten der Trinkwasserverordnung erhöhte Werte bei den Parametern Eisen, Mangan und Sulfat“, erklärte die Kreissprecherin weiter. &bdquo;Insofern kann man schon von soleartigem Grundwasser sprechen.“ Regelmäßige Untersuchungen des Wassers würden aber nicht durchgeführt. Und das, obwohl der Bereich der Brucher Straße zum Heilquellenschutzgebiet Bad Oeynhausens gehört. Für die Ausweisung des Schutzgebietes ist die Bezirksregierung Detmold als Obere Wasserbehörde zuständig. &bdquo;Die Rolle der Bezirksregierung Detmold als Obere Wasserbehörde ist die rechtskonforme Festsetzung des Heilquellenschutzgebietes“, bestätigte Pressesprecher Peter Westphal auf Anfrage. &bdquo;Die Brucher Straße lag damals und liegt derzeit im Heilquellenschutzgebiet“, so Westphal weiter. Zuständig für die Genehmigung der Geothermiebohrung sei aber der Kreis Minden-Lübbecke gewesen. &bdquo;Die Bezirksregierung war am Genehmigungsverfahren nicht beteiligt“, erklärt Westphal. Und er betont, dass auch für die weiteren Maßnahmen und Untersuchungen der Kreis Minden-Lübbecke als Untere Wasserbehörde zuständig sei. &bdquo;Die Verfahrensweise des Kreises ist nachvollziehbar“ Auf die erneute Nachfrage, ob sich damit die Bezirksregierung nach Festsetzung der Heilquellenschutzgebiete gar nicht mehr darum kümmere, was in diesen Schutzzonen passiere, erklärt Westphal: &bdquo;Die Bezirksregierung hat sich mit dem Kreis ausgetauscht. Die Verfahrensweise des Kreises ist nach den aktuell vorliegenden Informationen nachvollziehbar.“ Auch für Stadt und Staatsbad Bad Oeynhausen ist in erster Linie mal der Kreis zuständig. &bdquo;Wir stehen im Austausch mit dem Kreis Minden-Lübbecke, der die Bohrung als dafür zuständige Behörde genehmigt hat“, betont Lars Bökenkröger. &bdquo;In dem Verfahren wurde das Staatsbad aber angehört“, räumt Stadtpressesprecher Volker Müller-Ulrich ein. Es habe keine Einwände gegen eine Geothermiebohrung in der Brucher Straße bis in 75 Meter Tiefe erhoben. Das Staatsbad habe sich damit auf derselben Linie wie der Geologische Dienst des Landes NRW gesehen, der ebenfalls keine Bedenken gegen eine solche Bohrung gehabt habe. Nähere Informationen aber möchte das Staatsbad nun darüber haben, ob angesichts der enormen Wassermengen, die in den vergangenen Jahren aus dem Untergrund ins Regenwassernetz geflossen sind, die Heilquellen geschädigt werden könnten. &bdquo;Wir werden jetzt alle Daten zu dem Wasseraustritt vom Kreis anfordern und an das Institut Leichtle weiterleiten“, stellt Müller-Ulrich in Aussicht. Die Kernfrage an den Gutachter laute: Kann ein Zusammenhang mit den Heilquellen bestehen? &bdquo;Das ist der erste Schritt. Ob es danach weitere Schritte in dieser Sache gibt, hängt davon ab, wie die Einschätzung des Gutachters ausfällt“, so der Pressesprecher der Stadt. In Sachen Kieswerk zieht die Stadt alle juristischen Register Das Büro Leichtle gilt als ausgewiesener Kenner der Bad Oeynhausener Heilquellen. Das Institut hatte das Staatsbad bereits in dem Verfahren zur Neufestsetzung der Heilquellenschutzverordnung begleitet, die 2023 in Kraft trat. Und das Büro für Hydrogeologie erarbeitete für das Staatsbad auch die Gutachten in dem Verfahren um eine mögliche Schädigung der Heilquellen durch die Kiesabgrabung am Deerberg. Darin bestätigte Leichtle den Verdacht, dass der Kiesbagger eine Abdeckschicht über den Heilquellen beschädigt haben könnte, durch die nun Heilwasser in den Kiesteich eindringt. In Sachen Kieswerk ergriff die Stadt alle sich ihr bietenden juristischen Möglichkeiten. Zweimal allerdings unterlag die Stadt mit ihrem Ansinnen, Maßnahmen gegen eine mögliche Gefährdung von Quellen und Trinkwasser zu ergreifen, schon vor dem Verwaltungsgericht Minden, einmal vor dem Oberverwaltungsgericht (OVG) Münster. Das OVG beschäftigt sich aktuell mit der Beschwerde der Stadt Bad Oeynhausen gegen die Entscheidung der Mindener Richter, die ein drittes Gutachten zu den Auswirkungen des Kiesabbaus abgelehnt hatten.

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