Bürgermeister schlägt Videoüberwachung im Kurpark Bad Oeynhausen vor

Bad Oeynhausen. Drei Jugendliche lärmen auf einem Spielplatz. Eine Flasche Schnaps kreist. Einer zündet sich eine Zigarette an, zerknüllt die aufgerissene Verpackung und kickt den Müll wie ein Baseballspieler in die Ferne. Wenige Minuten später ziehen drei Männer vom Ordnungsamt die Jugendlichen für ihre vergleichsweise läppischen Missetaten zur Rechenschaft. Die Szene entstammt nicht etwa einer Handakte des hiesigen Ordnungsamtes. Sie kursiert als Facebook-Filmchen im Internet und ist von einer Überwachungskamera in der polnischen Partnerstadt Inowroc?aw aufgezeichnet worden. Die hiesige Stadtwache, die Ordnungspolizei, hat das Filmchen als Beleg für den Erfolg der eigenen Videoüberwachung veröffentlicht. In der Bäderstadt Inowroc?aw stehen zahlreiche Überwachungskameras nicht nur in der Innenstadt, sondern auch im Kurpark. Mit Blick auf den großen Erfolg hat die Stadtwache jüngst sogar den Aufbau von neun weiteren Überwachungskameras angekündigt. Überwachungskameras gibt’s bislang bloß im Bahnhof Bürgermeister Lars Bökenkröger hat die Kameras in der polnischen Partnerstadt bei seinem Besuch im vergangenen Jahr selbst gesehen. Und war beeindruckt. Videoüberwachung ist in Deutschland immer schon ein Politikum gewesen. Nach den tödlichen Schlägen in der Nacht auf Sonntag, 23, Juni, auf den Kurhausterrassen in Bad Oeynhausen nimmt die Debatte aber wieder Fahrt auf. Seit Wochen fordert Bökenkröger Videoüberwachung in der Innenstadt. Im Gespräch mit der NW bekräftigt Bökenkröger seine Forderung, zeigt aber zugleich auf die hohen rechtlichen Hürden und Widerstände aus Land und Bund, die das seiner Ansicht nach bislang unmöglich machen. Kameras an neuralgischen Stellen im Stadtgebiet - auch im Kurpark - sind nach Ansicht von Bökenkröger eine von mehreren Möglichkeiten der Politik, um zunehmender Kriminalität, Vandalismus und Gewalt im öffentlichen Raum zu begegnen. Bislang gibt es in der Kurstadt öffentliche Überwachungskameras bloß im Bahnhof. Die Deutsche Bahn betreibt die Anlage, die Bundespolizei darf darauf zugreifen. Die Bahnhof-Kameras speichern die Bilder wenige Tage. Ein Live-Bild gibt’s nicht. Und auch keinen Polizisten, der guckt und eingreifen könnte. Videoüberwachung soll Sicherheitsgefühl stärken Bökenkröger: &bdquo;Ich plädiere dafür, dass Videoüberwachung ein zusätzliches Instrument der Kommunen wird, um das Sicherheitsgefühl der Bürgerinnen und Bürger zu verbessern.“ Land und Bund seien gesetzgeberisch gefragt. Es könne doch nicht sein, so Bökenkröger, dass Menschen in Bad Oeynhausen sich nicht trauen, nachts durch den Kurpark, den Sielpark oder die Unterführung zum Sültebusch zu gehen. Der Bad Oeynhausener Bürgermeister sieht sich mit dieser Forderung übrigens nicht allein, wie er betont: &bdquo;Ich habe Unterstützung zahlreicher Kollegen aus anderen Städten.“ Mit Blick auf die Überwachungskameras in der Partnerstadt Inowroc?aw und das europaweit geltende Datenschutzrecht fragt Bökenkröger: &bdquo;Warum ist das in Polen möglich und hier nicht?“ Niemand wolle &bdquo;chinesische Verhältnisse“, versichert Bökenkröger. Doch bislang gelten in NRW seiner Ansicht nach viel zu hohe Hürden für das Aufstellen von öffentlichen Überwachungskameras. Dabei ist die Überwachungstechnik in Kneipen und Läden allgegenwärtig. Bökenkröger: &bdquo;Überall hängen Kameras im privaten Raum.“ Strenge Datenschutzgesetze verhindern Ausbau Wenn der Bürgermeister so könnte, wie er wollte, würde er in Bad Oeynhausen an folgenden Orten Kameras aufbauen: am Zentralen Omnibusbahnhof und der Unterführung zum Sültebusch-Parkplatz, auf dem Augustaplatz und an den Ein- und Ausgängen des Kurparks. Die strengen Datenschutzgesetze verhindern den Aufbau von Überwachungstechnik, findet Bökenkröger. Außerdem vermutet Bökenkröger politischen Widerstand vor allem aus der FDP. In der Fernsehsendung &bdquo;Markus Lanz“ hat er deshalb auch direkt FDP-Fraktionschef Christian Dürr darauf angesprochen. Datenschutz ist aber zunächst Ländersache. Wäre Landesinnenminister Herbert Reul (CDU) nicht der bessere Ansprechpartner? Herbert Reul kommt nach Bad Oeynhausen Bökenkröger bestätigt, dass er beim Besuch von Reul in Bad Oeynhausen, am Dienstag, 13. August, genau über dieses Thema sprechen will: &bdquo;Ich werde nicht nachlassen, das auf Landesebene einzufordern.“ Strebt der Bürgermeister mit seinem bundesweit beachteten Engagement womöglich sogar höhere politische Weihen an? Seine Forderung könnte er in der nächsten Legislatur auch selbst im Landtag stellen – wenn er kandidiert. Dazu sagt Bökenkröger: &bdquo;Nein. Ich fühle mich in Bad Oeynhausen wohl.“ Für den Aufbau einer öffentlichen Videoüberwachung gelten derzeit unterschiedliche Voraussetzungen. Geht es um das Hausrecht, die Verhinderung von Vandalismus oder Ladendiebstahl, könnte der Staatsbad-Eigenbetrieb womöglich Kameras an den eigenen Liegenschaften aufstellen. Die Augen der Kameras sind dann allerdings nicht auf die Besucher, sondern auf die Gebäude gerichtet. Alle Artikel zum Fall Philipos T. Eine andere Möglichkeit wäre, dass die Polizei selbst die Videoüberwachung betreibt. Das geschieht derzeit beispielsweise vorm Hauptbahnhof in Münster. Allerdings ist dieser Ort als chronischer Kriminalitätsschwerpunkt bekannt. Der Kurpark Bad Oeynhausen ist aber auch nach den tödlichen Schlägen am Rande eines Abiballs nicht der Ort, an dem sich Straftaten häufen würden. Videoüberwachung gilt derzeit als letztes Mittel der Sicherheitspolitik, wenn alle anderen Maßnahmen ausgeschöpft sind. Und genau da setzt Bökenkrögers Kritik an. &bdquo;Wir haben im Kurpark bereits den Sicherheitsdienst von 20 bis 4 Uhr ausgeweitet.“ Die Polizei zeige seit längerem in Bad Oeynhausen verstärkt Präsenz. Es gibt eine Ordnungspartnerschaft und gemeinsame Fußstreifen von Ordnungsamt und Polizei. Die Videoüberwachung ist für Bökenkröger ein zusätzliches Instrument im Werkzeugkasten der Sicherheitspolitik. Das Ordnungsamt kontrolliert nur tagsüber Kann die Stadtverwaltung nicht selbst mehr tun? Bökenkröger nickt. &bdquo;Da sind ganz viele Dinge, um die wir uns kümmern müssen.“ Schulsozialarbeit und Jugendhilfe seien Bereiche, in denen die Stadt deutlich mehr Geld in die Hand nehmen könnte, wenn sie das denn hätte. Der Bürgermeister stößt aber auch in seiner eigenen Verwaltung an Grenzen. Bökenköger hat bereits im Fernsehen öffentlich erklärt, dass sich die Mitarbeiter des Außendiensts scheuen, Gruppen von fünf bis zehn Jugendlichen gegenüberzutreten. Eine Szene wie auf dem Filmchen aus Inowroclaw wäre im Bad Oeynhausener Kurpark wohl kaum denkbar. &bdquo;Der Außendienst des Ordnungsamtes ist keine Hilfspolizei“, sagt Bökenkröger. Der Außendienst könnte aber auch mehr Präsenz zeigen. Zum Beispiel dann, wenn die Sonne untergegangen ist und junge Menschen bei gutem Wetter die Innenstadt fluten? &bdquo;Der Außendienst ist ein Tagdienst“, sagt Bökenkröger: &bdquo;Ich muss jeden Dienstplan erst durch den Personalrat bestätigen lassen.“

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