Bäume fällen und Brücke erneuern: Das steht beim Werre-Umbau als Nächstes an

Bad Oeynhausen. Wenn es im nächsten Jahr mit dem Umbau der Werre oberhalb des Sielwehres ernst werden soll, müssen Planer und Bauarbeiter auf zwei besonders geschützte Fischarten keine besondere Rücksicht mehr nehmen. Die Groppe und das Neunauge wurden bei der jüngsten Untersuchung des Fischbestandes in der Werre nicht mehr gefunden - zumindest nicht in dem Bereich oberhalb des Wehres. Eckhard Nolting, Biologe und Projektleiter bei der Stadt Bad Oeynhausen für den Flussumbau, sieht das mit einem lachenden und einem weinenden Auge. Denn einerseits macht das die Bauarbeiten ein wenig leichter. &bdquo;Andererseits ist es natürlich schade, dass diese seltenen Arten nicht mehr da sind“, sagt Nolting. Nicht nur gehalten, sondern gut entwickelt hat sich dagegen der Steinbeißer in der Werre. Der Steinbeißer hat es im Grunde zu verantworten, dass die Werre im Bereich der Städte Bad Oeynhausen und Löhne zusammen mit der Else in Bünde und Kirchlengern im Jahr 2000 von der NRW-Landesregierung als Flora-Fauna-Habitat (FFH-Gebiet), also als besonders schützenswerter Lebensraum für Pflanzen und Tiere, eingestuft wurde. Und so spielte der acht bis zwölf Zentimeter lange Fisch, der nur in besonders klarem und sauerstoffreichem Wasser gedeiht, auch im Erörterungsverfahren zum Bau der Nordumgehung eine wichtige Rolle. &bdquo;Der Fisch schwimmt im Wasser“ Die Planer von Straßen NRW bemühten sich redlich, die Bedenken von Naturschützern gegen den Bau der Autobahn, die zwei Mal die Werre kreuzt, zu zerstreuen. Der Lebensraum des Steinbeißers werde durch den Autobahnbau nicht beeinflusst, sagte Thomas Winter, der die Umweltverträglichkeitsstudie für die Nordumgehung gemacht hat. Gebaut werde an Land, aber: &bdquo;Der Fisch schwimmt im Wasser“, sagte Winter im Februar 2003. Und das tut er noch heute. &bdquo;Der Steinbeißer hat sich unterhalb des Wehres sehr gut entwickelt“, sagt Nolting. Dort also, wo die Werre schon im Herbst 2022 auf gut 400 Metern Länge bis zur Kaarbach-Einmündung so naturnah umgebaut wurde, wie es demnächst auch oberhalb des Sielwehres bis hinein ins Löhner Zentrum geschehen soll. In den abgeflachten Uferzonen, auf den Sand- und Kiesbänken findet der Steinbeißer offenbar hervorragende Laich- und Lebensräume. Die zweite FFH-Fischart, die Groppe, hat Bad Oeynhausen dagegen offenbar verlassen. Womöglich wurde sie mit den vergangenen Hochwassern flussabwärts getragen, überlegt Nolting. Vielleicht aber trage auch die Schwarzmaulgrundel, eine invasive Art, die sich zunehmend auch in deutschen Flüssen ausbreitet, eine Mitschuld, indem sie den Laich der Groppe verspeist habe. Keine FFH-Art, aber auch ein Indikator für eine sehr gute Wasserqualität ist das Neunauge, das von Biologen und Anglern in der Werre bei Bad Oeynhausen beobachtet wurde. &bdquo;Einige sind womöglich die Werre hoch gewandert. Im Bereich oberhalb des Sielwehrs aber wurden zuletzt keine Neunaugen mehr erfasst“, berichtet Nolting. Die Bäume sollen Ende des Jahres gefällt werden Die Untersuchung des Fischbestandes gehört zu den Vorbereitungen auf den großen Werreumbau. Auf insgesamt fünf Kilometern Länge soll der Fluss bis zur Albert-Schweitzer-Straße in Löhne in den nächsten Jahren naturnah gestaltet werden. Der nun folgende zweite Bauabschnitt beginnt am Werreknie, etwa in Höhe der Stadtgrenze zu Löhne. Von hier geht es flussabwärts bis zum Sielwehr. Vor allem am südlichen Werreufer und im Sielpark müssen für die Umgestaltung etliche Bäume gefällt werden. &bdquo;Die Gehölzarbeiten sollen Ende des Jahres beginnen“, kündigt Nolting an. Zu den Vorbereitungen gehört auch das &bdquo;Monitoring“, also das kontinuierliche Beobachten der Tierbestände. Vögel, Fische und Fledermäuse stehen hier im Fokus. Der Sielpark gilt geradezu als Paradies für Fledermäuse, elf Arten wurden hier nachgewiesen. &bdquo;Wir haben bereits 40 bis 50 Ersatzhöhlen für Fledermäuse aufhängen lassen“, berichtet Eckhard Nolting. In denen sollen die Tiere Unterschlupf finden, wenn ein Baum, in dem sie bislang wohnten, der Säge zum Opfer fallen sollte. Zuerst bekommt der Kokturkanal einen &bdquo;Bypass“ Bevor aber das große Sägen beginnt, soll die zweite Phase des Projektes am Kokturkanal starten. Am Turbinenhaus, das an der Einmündung des Fußgänger- und Radfahrertunnels unter der Kanalstraße hindurch Richtung Sültebusch steht, wird ein &bdquo;Bypass“ gebaut, der in besonderen Hochwassersituationen für einen besseren Abfluss durch den Kokturkanal sorgen soll. Dafür soll ein unterirdischer Betonkanal gebaut werden, drei Meter breit, 1,50 Meter hoch und gut 20 Meter lang. Der Bau soll im September beginnen. &bdquo;Wir hoffen, dass er in zwei bis zweieinhalb Monaten abgeschlossen ist“, sagt Nolting. Als Umleitungsstrecke für Radfahrer und Fußgänger solle die alte Brücke, direkt neben dem jetzigen Zugang zur Sültebusch-Unterführung, ertüchtigt werden, kündigt Nolting an. Die sieht zwar schon deutlich heruntergekommen aus. Aber als vorübergehende Umleitung werde sie noch gehen, so Noltings Einschätzung. 170.000 Kubikmeter Erde bewegen Mit dem zweiten Bauabschnitt soll es dann im nächsten Jahr direkt an der Werre weitergehen. Hier müssen 170.000 Kubikmeter Erde bewegt werden. Dieser Bauabschnitt soll 2026 mit dem Anriss des Sielwehrs und der alten Sielbrücke abgeschlossen werden. Anstelle des Wehrs bekommt die Werre eine &bdquo;raue Gleite“, ein Abschnitt, in dem das Flussbett mit großen Steinen aufgefüllt wird. 17,6 Millionen Euro kostet dieser gesamte zweite Projektabschnitt. 80 Prozent davon übernimmt das Land NRW. Danach fehlt noch der dritte Bauabschnitt bis in die Löhner Innenstadt. Wann der beginnt, ist noch nicht bekannt.

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