Anwohner kritisieren geplantes Neubaugebiet in Bad Oeynhausen

Bad Oeynhausen. Der Bäcker, das Ärztehaus, mehrere Schulen oder der Supermarkt sind nur einen Katzensprung entfernt. Gleich nebenan plätschert der Kaarbach und weitläufige Wiesen laden zum Spaziergang mit Hund ein. Wer im Westen vom Bad Oeynhausener Stadtteil Eidinghausen wohnt, lebt mitten in der Stadt und trotzdem auf dem Land. Die schmale Straße Eidingsen verbindet die Vorteile beider Lebenswelten: Vom Bäcker geht’s direkt auf den Acker. Oder in der Sprache der Immobilienmakler: Die Lage ist attraktiv. Und das soll auch so bleiben, finden zahlreiche Anwohner aus den Wohngebieten ringsherum. Allerdings ist die Veränderung bereits beschlossen. Die Stadt Bad Oeynhausen will den Acker zwischen Eidingsen und Bunsenstraße zu einem 1,6 Hektar großen Neubaugebiet machen. Das hat der Stadtrat Ende Februar mit großer Mehrheit beschlossen. Vor allem junge Familien sollen eine Chance auf Bauland bekommen. Für die Anwohner aus den Einfamilienhäusern ringsherum wäre das Stadt-Land-Idyll dann wohl verloren. Bislang können sie aus ihren Küchenfenstern Hasen und Rehe beobachten, Hunde ausführen oder die weite Fläche als Naherholungsgebiet nutzen. 167 Stellungnahmen haben die Anwohner zu den Plänen der Stadtverwaltung abgegeben. Beim Gespräch vor Ort erläutern 17 der Nachbarn ihre Gründe für ihre Widersprüche. Die sind sehr unterschiedlich. Alle jedoch weisen auf die absehbare Flächenversiegelung hin. Außerdem eint sie die Empörung über die mangelhafte Informationspolitik aus dem Rathaus. Die Anwohner sind vom Wohngebiet regelrecht überrascht worden. &bdquo;Wir haben durch Zufall davon erfahren“, sagt Norbert Augustin. &bdquo;Der Müllwagen kommt schon jetzt nicht durch“ Sabrina Eikmeier findet, dass die Bevorzugung von jungen Familien ein Verstoß gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz ist. &bdquo;Was ist mit Ehepaaren in der Familiengründung?“ Ruth Weitkamp befürchtet erheblich mehr Autoverkehr auf der Bunsenstraße, Michaela Feilzer auf den Verkehr auf der schmalen Straße Eidingsen: &bdquo;Da kommt schon der Müllwagen an manchen Tagen nicht durch!“ Patienten des Ärztehauses und Kunden der Bäckereifiliale würden die Straße oft zuparken. Feilzer verweist auf die geplante Gebäudehöhe, die ihre Wohnhäuser deutlich übertreffe. Und Olaf Baumann argumentiert mit dem Bestandsschutz für die alteingesessene Nachbarschaft: Die neuen Nachbarn würden einen erheblichen Stressfaktor für die vorwiegend ältere Nachbarschaft bedeuten. Seit Monaten tragen die Anwohner ihren Protest in die Sitzungen des Stadtrates und seiner Ausschüsse. Bei der jüngsten Ratssitzung Ende Februar 2024 hatten sie überraschend fast Erfolg mit ihrem Protest. Der Stadtrat erwog tatsächlich über mehrere Minuten, das die &bdquo;60. Änderung des Flächennutzungsplans“ von der Tagesordnung zu nehmen. SPD-Fraktionschef Olaf Winkelmann schlug eine Unterbrechung vor. Die Fraktionsvorsitzenden besprachen sich dann mit dem Technischen Beigeordneten Thomas Lüer - zogen die Tagesordnung dann aber doch noch durch. Eine Verschiebung, hieß es später, hätte das Baurecht nicht aufgehalten. Anwohner zwingen Stadtrat zur Diskussion Zuvor hatten 40 Anwohner die Bürgerfragestunde im Stadtrat genutzt, um ihre Einwände ausführlich mitzuteilen. Ratsherr Reiner Barg (BBO) forderte darauf Bürgermeister und Stadtrat darauf, den weiteren Flächenverbrauch in Bad Oeynhausen zu unterbinden und statt Ackerflächen Industriebrachen in Wohngebiete umzuwandeln. Laut Barg sind über 40 Prozent der Fläche der Stadt Bad Oeynhausen versiegelt. Weitere Ackerflächen dürften deshalb nicht geopfert werden. Landesweit liegt der Grad der Versiegelung nach Angaben der Stadtverwaltung bei 47,3 Prozent. Aktuelle Zahlen für Bad Oeynhausen legte die Verwaltung nicht vor. Das Verwaltungsverfahren zur Ausweisung des Neubaugebiets dümpelt bereits seit 2021 durch den Stadtrat. Die Verwaltung hat die Pläne während der Coronakrise im &bdquo;Amtlichen Kreisblatt des Kreises Minden-Lübbecke“ veröffentlicht. Anwohner entdeckten sie und legten im Spätsommer 2021 Widerspruch sowohl gegen die Änderung des Flächennutzungsplans, als auch die Aufstellung des Bebauungsplans ein. Ohne Erfolg. Die Verwaltung nahm die Anwohner-Kritik zur Kenntnis. &bdquo;Nach Abwägung aller Belange gegeneinander und untereinander“ blieb es jedoch bei den Plänen zum Neubaugebiet. Allerdings machte die Verwaltung 2021 einen Fehler im Änderungsverfahren des Flächennutzungsplans, weshalb Ende Februar das ausgebesserte Verfahren wiederholt wurde: Die Stadt hatte vergessen, zwei Ackerflächen auf der Lohe und in Dehme zu benennen, die wegen des Neubaugebiets in Eidinghausen nicht mehr in Bauland umgewandelt werden sollen. Beide Äcker gleichen nach Ansicht der Verwaltung die Flächenbilanz aus. Fehler bei der Änderung des Flächennutzungsplans Zwischenzeitlich hat der Stadtrat auch das Verfahren zum Bebauungsplan angeschoben. Eigentlich müsste erst der Flächennutzungsplan stehen, um ein Neubaugebiet zu beschließen. Nun ist das umgekehrt. Nach Darstellung von Stadtpressesprecher Volker Müller-Ulrich ist das zwar ungewöhnlich, aber rechtssicher. Auf den etwa 1,6 Hektar Acker in Eidinghausen sollen 32 bis 38 Wohneinheiten entstehen. Die Vermarktung der Fläche beginne, sobald die Planverfahren rechtskräftig seien und die Erschließung geklärt ist. Die Verwaltung rechnet mit bis zu 38 Familien. Wie die Häuser aussehen, ist den Bauherren überlassen. Erlaubt sind ein bis zwei Geschosse pro Grundstück. Die Gebäudehöhe, so Stadtpressesprecher Volker Müller-Ulrich, &bdquo;orientiert sich an die in unmittelbarer Nachbarschaft vorhandene Bebauung“. Sie sei zudem &bdquo;abhängig von der festgesetzten zulässigen Anzahl von Vollgeschossen“. Demnach seien bei einem zulässigen Vollgeschoss acht Meter Firsthöhe möglich und bei zwei zulässigen Vollgeschosse elf Meter. Die Anwohner wiederum kritisieren, dass die Autos der neuen Familien erheblich mehr Verkehr in den Wohngebieten rings um das Neubaugebiet auslösen werden. Noch in der Ratssitzung Ende Februar versicherte der Technische Beigeordnete Thomas Lüer, die Anwohner dabei einzubeziehen. Nach Auskunft von Stadtpressesprecher Müller-Ulrich wolle die Verwaltung noch ein Verkehrskonzept erstellen, das den Anwohnern vorgestellt werde: &bdquo;Es ist anzunehmen, dass die Verkehrsdichte in der Fläche im Neubaugebiet vergleichbar der vorhandenen Bebauung sein werde.“

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