Zahl der Verkehrstoten in Bad Oeynhausen erreicht traurigen Spitzenwert

Bad Oeynhausen. Der Straßenverkehr in der Kurstadt ist für viele Menschen ein Ärgernis, die sich täglich in ihm bewegen. Gefühlt ist das ein Riesen-Problem und es ist auch Fakt: In Bad Oeynhausen kracht es wieder häufiger als vor Corona. Kreisweit ist das nicht so, die Unfallzahlen steigen sogar langsamer als im Landestrend. Insgesamt verzeichnet die Polizei im Kreis weniger Schwerverletzte, aber mehr Leichtverletzte. Landrat Ali Dogan, Polizeichef Mathias Schmidt und der Leiter der Verkehrsdirektion Dirk Klöpper stellten am Montag die aktuelle Jahresstatistik für den Mühlenkreis vor. Bad Oeynhausen ragt mit einem traurigen Spitzenwert heraus. Im vergangenen Jahr sind vier Menschen im Straßenverkehr getötet worden. So viele Menschen starben zuletzt 2010 auf den Straßen der Kurstadt. Das sind doppelt so viele Verkehrstote wie im vergangenen Jahr und aktuell so viele wie in keiner anderen Stadt im Mühlenkreis. Zum Vergleich: In der Kreisstadt Minden starben 2023 drei Menschen im Straßenverkehr. In Petershagen und Rahden starben zwei Menschen bei Verkehrsunfällen. Polizeichef Mathias Schmidt hat für die Verkehrstoten keine einfache Erklärung. &bdquo;Die überwiegende Zahl der tödlichen Verkehrsunfälle sind Alleinunfälle“, so der oberste Polizist im Mühlenkreis. Das Unfallgeschehen sei in den meisten Fällen &bdquo;nicht verkehrstypisch“, die Unfallursachen höchst unterschiedlich. Die Kurstadt habe derzeit eine Vielzahl von Baustellen, weshalb Verkehrsteilnehmer womöglich ungewohnte Wege zurücklegen müssten. Schmidt: &bdquo;Da ist eine Analyse mit der Stadt gefordert.“ Verkehrstote sind Einzelfälle Zu den Verkehrstoten in Bad Oeynhausen zählt nach Informationen der NW beispielsweise ein 93-jähriger Senior, der im April 2023 mit dem Mittagessen in der Hand noch rasch vor einem an der Ampel wartenden Lastwagen über die Detmolder Straße zu seinem parkenden Auto auf der anderen Straßenseite wollte. Oder der junge Rollerfahrer, der auf einem Samstagmorgen im Juni auf einer schnurgeraden Landstraße in Wulferdingsen ins Schlingern kam und vor einen Baum fuhr. Außerdem verunglücken zwei Pedelecfahrer (58 und 67 Jahre) tödlich im August und September, beide auf der Lohe. Nicht Teil der Unfallstatistik für das vergangene Jahr ist die offensichtliche Selbsttötung eines Autofahrers vorm Krankenhaus Bad Oeynhausen an Heiligabend 2022. Der Autofahrer ist ein ungenannter Verkehrstoter in der Kurstadt-Statistik. Aus allen diesen Einzelfällen kann die Polizei nur schwer Lehren für die Zukunft ziehen. Anders ist das beim Blick auf die kreisweiten Unfallursachen. Etwa die Hälfte aller Unfälle im Mühlenkreis lassen sich zwar nicht in gängige Kategorien der Polizeistatistik einsortieren. Besonders häufig aber geschehen Unfälle im Mühlenkreis beim Abbiegen (18,37 Prozent aller Unfälle). Fehler beim Gewähren der Vorfahrt (13,07 Prozent) sind die zweithäufigste Ursache. Abstand, Alkohol und Geschwindigkeit folgen auf den Plätzen dahinter. Der weit überwiegende Teil der polizeilichen Gegenmaßnahmen hat sich im vergangenen Jahr auf die Geschwindigkeit der Verkehrsteilnehmer bezogen: 18.919 Maßnahmen wegen nicht angepasster oder überschrittener Geschwindigkeit verzeichnet die Statistik. In 2.409 Fällen ist die Polizei bei Missachtungen von Vorfahrt eingeschritten. Und in 2.180 Fällen bei verkehrswidrigen Ablenkungen am Steuer wie zum Beispiel dem Nutzen von Mobiltelefonen. Mehr Fußgänger verunglückt Die Unfallstatistik fürs vergangene Jahr zeigt aus Sicht der Polizei: &bdquo;Die Menschen sind wieder vermehrt unterwegs“, so Polizeidirektor Schmidt. Im Mühlenkreis bedeutet das: Sie fahren Auto. Der Kreis Minden-Lübbecke ist nach Informationen von Landrat Ali Dogan gemessen an der Einwohnerzahl einer der autoreichsten Landkreise im Land NRW. Polizeichef Schmidt nennt das eine &bdquo;unheimlich hohe Fahrzeugdichte“. 711 Menschen oder 51 Prozent der verunglückten Verkehrsteilnehmer im Mühlenkreis waren mit dem Auto unterwegs. Die hohe Zahl der Autos im Verkehr ist nicht nur für andere Autofahrer ein Problem, sondern vor allem für die Schwächeren. Die Zahl der verunglückten Fußgänger ist im Vergleich zum Vorjahr gestiegen. Während im Vorjahr 69 Fußgänger auf den Straßen verunglückten, waren es 2023 bereits 101 Fußgänger. Die zweitgrößte Opfergruppe im Straßenverkehr nach den Autofahrern bleiben jedoch Fahrradfahrer, auch wenn die Unfallzahlen von 268 auf 247 Verunglückte im vergangenen Jahr leicht gesunken sind. Polizeidirektor Schmidt: &bdquo;Hauptproblem sind ältere erwachsene Rad- und Pedelecfahrer in meinem Alter, die es sportlich angehen und dann verunglücken.“ Entgegen allen Vorurteilen bewegen sich Senioren und Kinder offenbar relativ sicher im Straßenverkehr. Im Verhältnis zum Bevölkerungsanteil sind die Alten und die ganz Jungen weniger oft in Unfälle verwickelt als Jugendliche und junge Erwachsene. Menschen im Alter von 16 bis 24 Jahren verunglücken im Mühlenkreis vor allem wegen nicht angepasster Geschwindigkeit, Abstand-Missachtung und Fehlern beim Abbiegen. Bei der Ursachenforschung verweist der Leiter der Direktion Verkehr, Dirk Klöpper, auch auf Hinweise aus aktuellen Statistiken zu Fahrprüfungen: Deutschlandweit fällt fast jeder zweite Prüfling beim Führerschein durch. Klöpper: &bdquo;Das ist ein gesellschaftliches Problem.“ Landrat: &bdquo;Kurze Beine brauchen kurze Wege“ Die aktuelle Debatte richtet derzeit ein Augenmerk auf die Eltern-Taxis vor Schulen und Kitas. Das Land NRW erlaubt sogar per Erlass die zeitweise Sperrung von Straßen vor Schulen. Die Zahl der verunglückten Kinder unter 15 Jahren ist im Mühlenkreis mit 102 Fällen indes wieder auf Vor-Corona-Niveau. Die meisten Kinder verunglücken als Radfahrer. Die Zahl der Schulwegunfälle ist allerdings von 35 auf 29 leicht zurückgegangen. Die Vermeidung von Verkehr vor Schulen und Kitas ist ganz im Sinne von Landrat Ali Dogan. Er verweist jedoch auf einen falschen Anreiz, den die schwarz-gelbe Landesregierung von Ministerpräsident Jürgen Rüttgers (CDU) 2008 mit der Aufhebung der Schulbezirksgrenzen geschaffen hat. Das habe erst den Trend zum Eltern-Taxi ausgelöst. Dogan: &bdquo;Ich bin für den Erhalt der Schulbezirksgrenzen: Kurze Beine brauchen kurze Wege.“

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