Bielefelder Unfallbilanz: Acht Verkehrstote und Höchststand bei den Verletzten

Bielefeld. Die Zahl der Verkehrsunfälle ist in Bielefeld gestiegen. Nach zwei Jahren mit rund 9.000 Unfällen verzeichnete die Polizei im vergangenen Jahr knapp 10.000 Kollisionen im Straßenverkehr. Ein Anstieg, mit dem das Unfallgeschehen nach vier ruhigeren Jahren wieder das hohe Vor-Corona-Niveau erreicht hat (2019: 9.912 Unfälle). Und eigentlich stiegen die Zahlen noch weit darüber hinaus. Polizeipräsidentin Sandra Müller-Steinhauer und Polizeidirektor Hendrik Bösch, stellvertretender Leiter der Verkehrspolizei, zogen trotzdem in weiten Teilen ein positives Fazit. Allerdings: Ein Statistik-Fehler führte in der Vergangenheit dazu, dass die Bielefelder Unfallstatistik erst 2024 im vollen Umfang erfasst wurde. Zuvor waren Bagatellunfälle, die mit einer mündlichen Verwarnung ausgegangen waren (ohne ausführlichen Unfallbericht oder Geldzahlung), nicht in die jährliche Verkehrsunfallbilanz eingeflossen. Sie waren statistisch schlicht unter den Tisch gefallen. Das erklärt den scheinbar hohen Anstieg auf 12.240 Unfälle. Diese Zahl müsse als statistischer Sonderfall gewertet werden, erklärt die Polizeisprecherin. Rechne man die Bagatellunfälle – wie bisher irrtümlich geschehen – wieder heraus, komme Bielefeld auf knapp 10.000 Unfälle im Jahr 2024. Das ist aber trotzdem noch ein Fünf-Jahres-Hoch. Verkehrstote Acht Menschen starben in Folge eines Verkehrsunfalls auf Bielefelds Straße. Das ist ein Todesopfer weniger als im Vorjahr. Leider blieb die Zahl der Verkehrstoten damit auch 2024 auf einem überdurchschnittlichen Niveau (der Zehn-Jahres-Schnitt liegt bei 6,9). Polizeipräsidentin Müller-Steinhauer sprach daher von einer &bdquo;schlimmen Zahl“. Der bisherige Höchstwert der vergangenen Dekade lag 2017 bei zehn Toten. Die Polizeipräsidentin betonte, dass man sich bei einer Unfallbilanz nicht nur auf die Zahlen konzentrieren dürfe. Hinter jeder dieser Zahlen versteckten sich immer auch Schicksale. &bdquo;Das dürfen wir nicht vergessen. Und das ist auch der Grund für uns, an die Verantwortung aller Menschen im Straßenverkehr zu appellieren. Wir dürfen uns nicht nur auf das Glück verlassen. Es geht immer auch um Menschenleben.“ In Bielefeld starben im vergangenen Jahr drei Motorrad- und ein Quadfahrer, ein Fußgänger und drei Autoinsassen. Drei der Verkehrstoten gehören zur Gruppe der &bdquo;jungen Erwachsenen“ (18 bis 24 Jahre). Lesen Sie dazu: Tödlicher Unfall bei Regen: Autofahrer prallt an Bielefelder Allee gegen Baum Auffällig viele Motorrad-Tote Die Hälfte der acht Verkehrstoten waren übrigens mit einem Motorrad sowie in einem Fall mit einem Quad unterwegs. &bdquo;Diese deutliche Steigerung stellt den höchsten Stand der letzten 16 Jahre dar“, so die Polizeipräsidentin. Eine Entwicklung, die auch auf Landesebene zu erkennen sei. Den Analysten war dabei aufgefallen, dass drei der vier tödlichen Motorradunfälle eher in Grenzbereichen zu den Nachbarkreisen geschehen waren. Obwohl die Zahl verletzter Motorradfahrer (91) auf den niedrigsten Wert seit 2020 (86) gefallen war, will die Verkehrspolizei deshalb auf die Entwicklung bei den Verkehrstoten reagieren und insbesondere zum Start der Motorradsaison Kontrollen an den bekannten Ausfallstraßen durchführen. Zum Thema: Christoph 13 gelandet: Tödlicher Motorradunfall zwischen Bielefeld und Gütersloh Polizeidirektor Bösch fiel dabei etwa die Brockhagener Straße ein, die in der Verlängerung schließlich im Kreis Gütersloh zu beliebten Bikertreffs wie der Brocker Mühle führe. Bei den Kontrollen wolle die Polizei die Fahrer an ein angemessenes Tempo und geeignete Schutzausrüstung erinnern sowie auf innovative Ideen zum Schutz ihres Lebens (Airbag-Westen) hinweisen. Lesen Sie auch: Gefahren im Frühsommer: Wie Motorradfahrer jetzt sicher unterwegs sind Unfälle mit Verletzten Die Zahl der Verkehrsteilnehmer, die bei einem Unfall zu Schaden kamen, stieg im vergangenen Jahr von 1.267 um 1,3 Prozent auf 1.284 Personen. Es ist der höchste Wert der vergangenen fünf Jahre. 1.088 der Verunglückten wurden dabei zum Glück nur leicht verletzt, 188 hingegen aber schwer. Während die Zahl der Leichtverletzten stagnierte, stieg die Zahl der Schwerverletzten um 9,3 Prozent gegenüber dem im Vorjahr (Minusrekord: 172). Die Zahl ist zwar gestiegen, liegt aber noch deutlich unter dem Zehn-Jahres-Durchschnitt von 205 Schwerverletzten pro Jahr. Radunfälle Einen besonderen Blick wirft die Polizei im Verkehr immer auf die Gruppen, die ohne Knautschzone unterwegs sind. Dazu gehören immer auch die Radfahrerinnen und Radfahrer. 379 der 1.284 Verunglückten waren im vergangenen Jahr mit einem Fahrrad oder Pedelec unterwegs. Damit stieg die Unfallstatistik in dieser Kategorie um 4,4 Prozent, die Zahl der Schwerverletzten sank aber um 6,7 Prozent, Verkehrstote gab es unter den Radlern im vergangenen Jahr gar nicht zu beklagen. Pedelec-Unfälle erstmals rückgängig Interessant: Unter den 379 verunglückten Radlern waren 120 mit einem Pedelec unterwegs – also knapp ein Drittel. Damit ging die Zahl der Unfall-Elektroräder erstmals seit der gesonderten Erfassung 2020 ein wenig zurück. 2023 hatte die Polizei noch 133 Verunglückte auf Pedelecs gezählt. Unter den Verletzten waren 2024 ein Drittel weniger Kinder als im Vorjahr, dafür aber 26 Prozent mehr Seniorinnen und Senioren (Anstieg von 50 auf 63). Sie stehen damit im besonderen Fokus der aktuellen Unfallprävention der Bielefelder Polizei. Fußgänger-Unfälle Das Gleiche gilt auch für die verletzten Fußgänger. Unter den 156 betroffenen Fußgängern (ein Todesopfer, 34 Schwerverletzte, 121 Leichtverletzte) stieg der Anteil der Senioren deutlich an (plus 89 Prozent). Die Zahl der betroffenen Kinder hingegen sank erfreulicherweise um 35 Prozent. Lesen Sie auch: Von Auto erfasst: Fußgänger (39) stirbt nach Unfall auf dem Bielefelder Südring Negativer Trend bei Senioren Die Senioren fielen 2024 eher negativ auf. Die Zahl der Verunglückten über 65 Jahre stieg um 20,4 Prozent auf 165 Betroffene. Die Zahl der Schwerverletzten stieg sogar um ein Drittel. Nach einem erfreulichen Rückgang im Vorjahr stieg die Zahl der betroffenen Senioren innerhalb der Gruppe der verletzten Fußgänger um erstaunliche 89 Prozent, bei den Autofahrern um knapp 28 Prozent und bei den Zweirad-Fahrern (Rad und Pedelec) um 26 Prozent. Eine Erklärung für die Entwicklung fanden die Verkehrsexperten der Polizei bisher nicht. Trotzdem wolle die Behörde die präventiven Bemühungen für diese Zielgruppe nun nochmals intensivieren. Unfallschwerpunkte In Bielefeld gibt es aktuell 36 Unfallschwerpunkte, sagt Polizeidirektor Bösch. An diesen 36 Unfallhäufungsstellen ereigneten sich 30,5 Prozent aller Unfälle mit Verletzten und 27 Prozent aller Unfälle mit Sachschaden. Das heißt, an diesen wenigen neuralgischen Stellen passieren auffallend viele Unfälle. Die Polizei will sich nun die &bdquo;Top 10“ dieser Unfallschwerpunkte vornehmen und &bdquo;diese besonders im Blick behalten“, erklärt Bösch. &bdquo;Davon versprechen wir uns einiges. Wir hoffen, dass ein regelmäßiges Eingreifen Einfluss auf die Unfallzahlen haben wird“, betont die Polizeipräsidentin.“ An welcher Stelle, welche Art der Kontrolle geeignet sein wird und welche Unfall-Hotspots überhaupt in den Fokus rücken sollen, das sei alles noch Teil der Diskussion innerhalb der Unfallkommission, die mit mehreren Behörden (Amt für Verkehr, Straßenbaubetrieb, Polizei) dafür zuständig ist, unfallbegünstigende Probleme zu erkennen und zu beseitigen. Neuer Unfallschwerpunkt: Bielefelder Unfallopfer warnt vor tödlicher Gefahr auf dieser Straße Verfolgungsfahrten und Autorennen Die Zahl der illegalen Autorennen stieg im vergangenen Jahr von 38 auf 39 Vorfälle. In 14 Fällen endete die Fahrt sogar mit einem Unfall (im Vorjahr: 10). Zum Glück kam es in Bielefeld bei diesem &bdquo;grob rücksichtslosen und gefährlichen Verkehrsverhalten“ nicht zum Äußersten. Die Entwicklung auf Landesebene sei mit 15 Unfalltoten hingegen sehr beunruhigend, betont die Chefin der Bielefelder Polizei. In Bielefeld sei übrigens das klassische Rennen zwischen zwei Autofahrern eher die Ausnahme. In zwei Drittel der Fälle handelte es sich eigentlich um Verfolgungsjagden mit der Polizei, weil die Fahrer sich einer Kontrolle der Polizei entziehen wollten. Juristisch wird diese Flucht aber gleichwertig wie ein illegales Autorennen gewertet. Die OWL-Autobahnen Die Bilanz auf den Autobahnen in OWL (A2, A33, A40, A44) zeigt ebenfalls Licht und Schatten. Während die Zahl der Getöteten sich auf den Bundesautobahnen verdoppelt hat (6 statt 3), registrierte die Autobahnpolizei weniger Schwerverletzte. Hauptunfallursache hier bleibt die zu hohe Geschwindigkeit (in der Stadt sind es &bdquo;Fehler beim Wenden und Abbiegen“) der Verkehrsteilnehmer. Der zu kleine Abstand zum Vordermann ist aber mindestens genauso gefährlich: Bei den Unfällen mit Verletzten hat die diese Unfallursache verdoppelt. An 83,3 Prozent der tödlichen Unfälle auf den Autobahnen waren Lkw beteiligt. Zwei von acht Unfällen am Ende eines Staus endeten in Ostwestfalen tödlich. In beiden Fällen waren Lkw-Fahrer die Unfallverursacher.

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