Für und gegen die Demokratie: Knapp 600 Teilnehmer bei zwei Demos in Bad Oeynhausen

Bad Oeynhausen. Um Viertel vor zwölf war noch viel Platz auf dem Platz vor der Auferstehungskirche. Die Organisatoren der Demonstration für ein buntes und tolerantes Bad Oeynhausen blieben dennoch gelassen. &bdquo;Das wird noch“, sagte Thomas Heilig und schöpfte seine Zuversicht aus der Erfahrung vom 3. Februar. Bei der ersten &bdquo;Buntes-Bad Oeynhausen“-Demo kamen die Teilnehmer auch erst kurz vor Beginn, dann aber zahlreich. So geschah es auch an diesem Samstag wieder. Am Ende war der Platz gut gefüllt, wieder mit etwa 400 Menschen, so schätzt Polizei-Pressesprecher Nils Schröder. Zu den Demonstrierenden gehörte auch Familie Scheer, die sich sogar mit einem Plakat &bdquo;Bunt statt Braun“ ausgerüstet hatte. &bdquo;Wir wollen uns starkmachen für Demokratie und Menschenrechte. Die Würde des Menschen ist unantastbar“, zitierte Gabi Scheer den Artikel 1 des Grundgesetzes und betonte: &bdquo;Egal, wo er herkommt.“ Genau das war zentrales Thema der Kundgebung auf dem Kirchplatz. Die Organisatoren, Pfarrer Rainer Labie von der Emmaus-Gemeinde und Thomas Heilig, Vorsitzender des Integrationsrates, erklärten: &bdquo;Wir wollen heute Menschen zu Wort kommen lassen, die Bad Oeynhausen reicher machen.“ Dazu baten sie Menschen mit Flüchtlingsgeschichte auf die Stufen vor der Kirche, um über ihre Erfahrungen zu erzählen. &bdquo;Das“, so betonte Labie, &bdquo;erfordert eine Menge Mut.“ &bdquo;Wir hatten Angst um unser Leben“ Den bewiesen Amjad und Maher Qassem. Die beiden Brüder sind aus dem Irak geflohen. &bdquo;Wir hatten Angst um unser Leben“, berichtete Maher. Viele andere Iraker - wie sie Jesiden - seien geflohen oder gestorben. Sein Bruder Amjad war erst elf Jahre alt, als er 2015 mit seiner 19-jährigen Schwester nach Deutschland kam. Erst zwei Jahre später kamen die Brüder und die Eltern nach, berichtete er. Ob sie sich denn hier in Bad Oeynhausen bei ihrer Ankunft willkommen gefühlt hätten, wollte Rainer Labie wissen. Maher Qassem zögerte ein wenig mit der Antwort, dachte erst einen Moment nach. &bdquo;Doch, schon“, versicherte er dann aber. &bdquo;Ich bin dankbar für all die Leute, die mir hier geholfen und mich begleitet haben“, erklärte er. Neun Jahre alt war Shadn Almihimd, als sie 2015 aus Syrien nach Bad Oeynhausen kam - das ihr zur Heimat wurde. &bdquo;Hier bin ich aufgewachsen. Hier bin ich Zuhause“, sagte sie. Und die 15-jährige Zora Smaczny berichtete über die Willkommensklassen am Immanuel-Kant-Gymnasium. Was denn die Menschen in Bad Oeynhausen in der Willkommenskultur noch bessermachen könnten, wollte Labie von seinen Gesprächspartnern wissen. Amjad Qassem brachte das auf eine griffige Formel: &bdquo;Zusammenhalten!“ &bdquo;Nachhaken, wenn andere eine rassistische Bemerkung machen“ Dafür plädierte auch Thomas Heilig. &bdquo;Alle sollten das Gefühl haben: Wir gehören dazu“, forderte er. &bdquo;Und dafür können wir auch eine Menge tun.“ Zum Beispiel solle man nachhaken, wenn andere eine rassistische Bemerkung machten. &bdquo;Fragt nach: Bist du dir bewusst, was du da gerade gesagt hast?“, riet Heilig. Er sei sich sicher: &bdquo;Viele plappern da auch etwas nach, ohne nachzudenken.“ Nach einer guten halben Stunde war die bunte Demo beendet. Einige der Demonstranten zogen danach Richtung Augustaplatz, wo sich die zweite Demonstration an diesem Mittag formierte. Während sich diese Gruppe hinter dem &bdquo;Die Ampel muss weg“-Banner sammelte, suchte ihr Trommler das Gespräch mit Teilnehmern der &bdquo;Buntes Bad Oeynhausen“-Demo. &bdquo;Wir sind rechts, ja“, räumte er ein, &bdquo;aber keine Nazis“, so versicherte er. In der Anti-Ampel-Demonstration fanden sich etliche Basis- und AFD-Mitglieder, darunter auch wieder Thomas Röckemann, der Fraktionsvorsitzende der AfD im Mindener Kreistag. Auch wenn es zunächst auf dem Augustplatz nicht so aussah, am Ende schätzte die Polizei, dass rund 180 Teilnehmer bei diesem Protestzug mitmarschierten. Das waren 50 mehr als bei der ersten Demo Anfang Februar. Staatsschutz ermittelt wegen Asphalt-Parolen Daraus dürfe man aber nicht schließen, dass Bad Oeynhausen nun besonders rechts sei, sagte der SPD-Bundestagsabgeordnete Stefan Schwartze, der an der &bdquo;bunten“ Demo teilgenommen hatte. &bdquo;Bad Oeynhausen ist eben einfach gut zu erreichen, mit dem Auto oder der Bahn“, so Schwartze. Tatsächlich waren unter den Teilnehmern des Anti-Ampel-Aufzuges auch etliche aus Herford, Bielefeld, Minden oder gar aus Hannover auszumachen. Auf Reden verzichteten die Ampel-Gegner. Sie setzten mehr auf Parolen, Plakate und Trillerpfeifen. Auch dieser Protestmarsch verlief nach Angaben von Polizeisprecher Nils Schröder friedlich. Gegen 14.20 Uhr war auch diese Demonstration beendet. Bereits im Vorfeld beider Demonstrationen aber mussten die Ordnungshüter doch tätig werden. Dafür sorgten mehrere auf den Asphalt in der Innenstadt gesprühte Botschaften. &bdquo;Wir sind mehr“ war dabei eine harmlosere, die von der Polizei eher als Sachbeschädigung eingestuft, aber dennoch angezeigt wurde. &bdquo;Es gab aber auch andere Botschaften mit Beleidigungen gegenüber der AfD“, berichtete Andrea Kielsmeier, die Leiterin der Polizeiwache Bad Oeynhausen. Hier sei der Staatsschutz eingeschaltet worden.

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