Ärztlicher Direktor des HDZ Bad Oeynhausen warnt vor Rassismus und Lieferengpässen

Bad Oeynhausen. Vor vier Jahren, beim letzten Neujahrsempfang des Herz- und Diabeteszentrums NRW (HDZ) 2020, war das Coronavirus noch weit weg. Wenige Wochen später hatte es Bad Oeynhausen und seine wichtigste und größte Klinik im Klammergriff. &bdquo;Wir trugen Melitta-Filtertüten aus Spezialpapier“, erinnert sich HDZ-Geschäftsführerin Karin Overlack zum Auftakt des aktuellen HDZ-Neujahrsempfangs am Mittwochabend, 17. Januar, im Theater im Park vor 430 Gästen, &bdquo;und waren heilfroh, als irgendwann zu Ostern 2020 Sitex mit einer Stoffmaske aufwartete, in die man Vlies einlegen konnte.“ Diese Erinnerungen an die Steinzeit der Pandemiebekämpfung bringen das medizinisch vorgebildete Publikum zum Schmunzeln. Lang ist’s her. Inzwischen ist die Aufarbeitung der skandalumwitterten Maskenbeschaffung vor den Gerichten gelandet und eine Politiker-Tochter aus Bayern wegen Steuerhinterziehung zu einer Gefängnisstrafe verurteilt worden. Das erwähnt Overlack zwar nicht, aber die Nachwehen der Seuche sind auch so im Theater im Park zu spüren. Die Nachwehen der Coronakrise Überall wird inzwischen wieder maskenfrei gehüstelt und geschnieft, es ist Erkältungszeit. Karin Overlack begrüßt ihre Gäste deshalb nur mit einem Kopfnicken - ohne Händeschütteln. &bdquo;Ich habe den Eindruck, es sind heute zu viele Keime unterwegs“, sagt Overlack. Die einzige Hand, die sie schüttelt, ist die von Ulrich Gleichmann, einem der &bdquo;Gründungsväter des HDZ“ wie Overlack hervorhebt. Das Klinikum feiert dieses Jahr 40-jähriges Bestehen. Das Coronavirus brachte dem HDZ und seiner Hightech-Medizin ab 2020 &bdquo;eine Flut von Intensivpatienten, die andernorts nicht weiterversorgt werden konnten“, so Overlack. Noch im März, so schildert die Geschäftsführerin die sich damals dramatisch zuspitzende Krise, sei überlegt worden, dass das HDZ nur noch Notfälle versorgen solle. Eine Entscheidung mit womöglich verheerenden Folgen für Herz- und Diabetespatienten. Das HDZ habe jedoch seinen &bdquo;eigentlichen Versorgungsauftrag nicht vergessen“. Die Mitarbeiter hätten &bdquo;mit einer unfassbaren Ruhe und Souveränität behandelt“ und sich &bdquo;in ganz engem Schulterschluss abgestimmt“. Für die Geschäftsführerin sind das &bdquo;drei Schlüssel, die uns halbwegs gut durch diese Krise kommen ließen“. Während &bdquo;halb Deutschland scheinbar im Dornröschen-Lockdown“ war und &bdquo;viele Krankenhäuser fast leer standen“, so Overlack, habe das HDZ weiter funktioniert &bdquo;so gut es eben ging“. Die Klinik habe versucht, sich auch &bdquo;entlang der Krise stetig weiterzuentwickeln“. Stationen wurden renoviert, erweitert, Operationssäle neu gebaut und auch die eigene Energieversorgung etwas grüner. Und dann übernahm das Land NRW auch noch die 50-Prozent-Anteile der Sana-Gruppe am HDZ komplett. Seit Mai 2023 gehört das HDZ zu zwei medizinischen Fakultäten: in Bochum und Bielefeld. Klartext gegen Rassismus und Ausgrenzung Die Folgen der Coronakrise schildert der Ärztliche Direktor Jan Gummert ähnlich, verbunden mit einem Lob: &bdquo;Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter haben in dieser herausfordernden Zeiten Großartiges geleistet.“ Mit dem Virus und seinen Folgen hält sich der Herzchirurg aber nicht länger auf. Gummert redet politisch Klartext: &bdquo;Personalgewinnung wird eine der großen Herausforderungen in 2024 sein.“ Es werde auch für das HDZ zunehmend schwierig, Mitarbeiter zu gewinnen. Die Integration von Ärzten aus dem Ausland sei deshalb eine &bdquo;wichtige Aufgabe, die durch zunehmende ausländerfeindliche Tendenzen in Deutschland sicherlich nicht einfacher“ werde. Das HDZ sei &bdquo;stolz auf seine internationale Mitarbeiterschaft“, sagt Gummert und bekommt für die folgende Aussage lang anhaltenden Applaus: &bdquo;Um es deutlich zu sagen: Wir positionieren uns aktiv gegen Rassismus und Ausgrenzung.“ Gummert benennt noch ein zweites Problem, das dringend einer Lösung bedürfte: Lieferschwierigkeiten bei seltenen, aber im HDZ dringend benötigten Medizinprodukten. Ausgelöst durch falsche Brustimplantate in Frankreich wurden die Zulassungsbestimmungen für Medizinprodukte europaweit verschärft. Gummert kritisiert, dass die Politik dabei &bdquo;weit über das Ziel hinausgeschossen“ sei. Viel Kritik an Lauterbachs Klinikplänen Spezielle Katheter für Kinder beispielsweise würden bloß in geringer Stückzahl gefragt, verschwinden vom Markt und werden nicht neu zugelassen, weil das Verfahren für die Firmen zu teuer sei. &bdquo;Die Ärzteschaft hat die Politik seit Jahren auf die Folgen hingewiesen, aber erst jetzt, 5 nach 12, wacht die Politik auf.“ Das einzige Lob, das an diesem Abend aus Bad Oeynhausen an die Gesundheitspolitik gesandt wird, bekommt Karl-Josef Laumann (CDU), Arbeits- und Gesundheitsminister des Landes NRW - und damit Vertreter des HDZ-Eigentümers für die laufende Krankenhausreform. Overlack tröstet, dass er &bdquo;nicht überhastet, sondern analysenbasiert“ und &bdquo;in der gewohnt sturen Manier“ den Glauben an ein gutes Ende stärke. Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) dagegen erntet dafür Schelte. Gummert erinnert an die wieder schrumpfende Zahl von Herztransplantationen. 2023 seien es nur 75 Patienten gewesen, davon sieben Kinder. &bdquo;Es gibt einfach zu wenig Spenderorgane.“ Der Herzchirurg erinnert an die Widerspruchslösung und seine &bdquo;maßlose Enttäuschung“, als die Regelung 2020 im Bundestag scheiterte. Und auch der ärztliche Direktor lobt den Eigentümer: &bdquo;Unserem Gesundheitsminister Laumann ist es zu verdanken, dass der Bundesrat eine neue Initiative gestartet hat.“ Der gemeinsame Bundesausschuss, so Gummert, wolle eine Mindestmenge für Herztransplantationen festlegen. Damit würden Gelegenheitstransplantationen unterbunden. Und davon könnten die vielen wartenden Patienten des HDZ profitieren. Schillernder Ausklang Nach diesen wortgewaltigen Ansprachen las und kommentierte der bekannte Schauspieler Fabian Hinrichs eine Stunde lang Friedrich Schiller, den Klartext-Autor aus dem 18. Jahrhundert. Dazu gab’s was auf die Ohren vom Ensemble Vinorosso: Schillers &bdquo;Ode an die Freude“, vertont von Beethoven, gespielt im Stil jiddischer Klezmermusik.

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