Nach dem Großbrand in Bad Oeynhausen: Wie es der fünfköpfigen Familie aktuell geht

Bad Oeynhausen. Doch, das emotionale Loch war durchaus da. Die ersten Tage nach dem Brand standen Anna und Alex Janzen unter Schock, erlebten alles wie durch einen Nebel. &bdquo;Die Situation war einfach schlimm“, sagen sie rückblickend. Inzwischen aber überwiegt bei der Familie die Dankbarkeit für all die unerwartete Hilfe. Nun fehlt noch der letzte Schritt, um nach dem Großbrand abzuschließen: der Abriss der Brandruine. Denn die haben Janzens, die inzwischen ihre Tagespflege wieder eröffnet haben, jeden Tag vor Augen. Den 13. Dezember werden Anna und Alex Janzen wohl nie vergessen. Es ist später Nachmittag, als das Ehepaar mit einer Tasse Kaffee in den Feierabend startet. Die Kinder sind bei der Oma nebenan, die Vorfreude auf eine private Weihnachtsfeier am Abend schon da. Doch dann bemerken Janzens auf einmal Brandgeruch und Qualm, der aus der Zwischendecke kommt. Sie stürmen samt Hund aus dem Haus, rufen die Feuerwehr und evakuieren Oma und Töchter aus dem Nachbarhaus, das nur wenige Meter neben dem alten Fachwerkhaus steht. Dann müssen sie dabei zusehen, wie ihr Zuhause ein Opfer der Flammen wird. Lob an die Feuerwehr &bdquo;Die Feuerwehr war so schnell vor Ort, aber das Feuer hat sich durch die Holzbalken und die alten Decken so schnell ausgebreitet, da blieb nur das kontrollierte Abbrennen“, bilanziert Alex Janzen. Der 39-Jährige ist froh, dass zumindest der Anbau und das Haus seiner Mutter, das ehemalige Jägerstübchen nebenan, gerettet werden konnten. &bdquo;Da hat die Feuerwehr gute Arbeit geleistet“, lobt er. Froh ist er auch, dass die Familie unversehrt geblieben ist. &bdquo;Es geht uns noch gut nach alledem“, bilanziert seine Frau. 2015 hat das Ehepaar das Haus in Bergkirchen gekauft, hat das 22 Meter lange Objekt seitdem nach und nach renoviert. &bdquo;Wir haben zuerst den Heuboden ausgebaut, damit meine Frau dort ihre Tagespflege eröffnen konnte.“ Vor drei Jahren folgte die Scheune, danach das Wohnhaus. &bdquo;Die Mädchen hatten grade alle neue Zimmer bekommen, die neue Küche war noch vor Weihnachten angedacht - ich hätte nur noch streichen und den Boden abschleifen müssen.“ Eine Woche Arbeit wäre das für ihn noch gewesen. &bdquo;Zu meinem 40. Geburtstag sollte es in diesem Jahr endlich eine Einweihungsparty geben“, verrät Alex Janzen. Die muss nun noch einmal geschoben werden. Brandursache ungeklärt Was vermutlich ungeklärt bleiben wird, ist die Brandursache. Die Kripo stellte lediglich fest, dass es keine Brandstiftung war und das Feuer im Inneren des Hauses entstanden sein muss. Und auch die Experten der Versicherung wurden in den Überresten nicht fündig. &bdquo;Es ist ja nichts mehr da“, sagt Alex Janzen und zuckt mit den Schultern. Auch wenn das beim Einbiegen auf den Hof auf den ersten Blick anders aussieht. Der Nordgiebel steht nahezu noch vollständig, lediglich die offene Haustür gibt den Blick auf die Ruine frei. Doch hinter dem Giebel ist - nichts. &bdquo;Wir wollen alles abreißen und auf der gleichen Fläche neu bauen“, sagt Anna Janzen. Die 37-Jährige hofft, dass die Ruine, die noch immer (je nach Wetterlage) einen Brandgeruch verströmt, im März weg ist und dann der Neubau beginnen kann. Ein bis anderthalb Jahre - dann möchte die Familie ihr neues Zuhause beziehen. &bdquo;Wir sind hier in Bergkirchen einfach angekommen.“ Und für diese Heimeligkeit soll das neue Haus vor allem eines bekommen: einen vorgelagerten falschen Fachwerkgiebel. Als Erinnerung an das, was mal war. Zurück auf dem Grundstück sind Janzens aber bereits seit kurz vor Weihnachten. Sie besorgten auf die Schnelle einen kleinen Baum und ein paar Weihnachtsgeschenke für die Töchter. Eine Woche lang waren sie bei den Eltern von Freunden untergekommen, dann zogen sie ins Dachgeschoss des Anbaus. Wobei Anbau leicht untertrieben ist - die ehemalige Scheune ist mit ihren 400 Quadratmetern Wohnfläche größer als manches Einfamilienhaus. &bdquo;Das ist schon Luxus“, gibt Alex Janzen zu. Glück für die Familie, denn durch den Platz ist auch die Existenz gesichert: Beide Elternteile arbeiten selbstständig in der KIndertagespflege. &bdquo;Wir betreuen unsere Kinder nun hier - und wohnen zudem auch im Anbau. Wir können einfach zuhause sein“, ist Anna Janzen dankbar. &bdquo;Wir schlafen derzeit alle in einem Raum, die Kinder finden es toll - bis auf unsere Große“, sagt der 39-Jährige und lacht. Die 15-Jährige sei alles andere als begeistert, sich das Zimmer mit Geschwistern und Eltern zu teilen. &bdquo;Für uns ist es aber die optimale Lösung.“ Tagespflege wieder gestartet Vor gut zwei Wochen sind Anna und Alex Janzen nach der Grundreinigung und kleineren Renovierungen im Anbau wieder mit der Kinderbetreuung gestartet. &bdquo;Wir sind dankbar, wieder einen Alltag zu haben - und die Eltern sind froh, dass nach der langen Ausfallzeit die Betreuung weitergeht“, bilanziert die 37-Jährige, die wie ihr Mann in Kirgisien geboren wurde. Vor zehn Jahren machte sich Anna Janzen als Tagesmutter selbstständig. &bdquo;Mit zwei Kindern war es schwierig, in meinen Job beim Kinderarzt zurückzukehren“, sagt sie. Fünf Jahre hatte sie ihre Gruppe in Vlotho-Exter, danach in Bergkirchen. Vor gut drei Jahren beschloss auch Ehemann Alex, seinen Job aufzugeben und als Tagesvater zu arbeiten. &bdquo;Ich bin gelernter Bäcker und habe zuletzt bei Hipp gearbeitet.“ Im Vier-Schicht-System mit Wochenendarbeit - für die Familie blieb da wenig Zeit. &bdquo;Vielen Kindern fehlt die männliche Bezugsperson. Entweder es gibt keinen Papa oder er macht Karriere und ist nie da“, hat Alex Janzen in der Gesellschaft beobachtet. Umso wichtiger seien Männer in der Arbeit mit Kindern. &bdquo;Außerdem sind Kinder viel entspannter als erwachsene Menschen.“ Auf dem 1,5 Hektar großen Grundstück mit kleinem Wäldchen bleibt viel Platz für die Kinder - die eigenen und die betreuten. &bdquo;Wir haben gut 1.000 Quadrameter als Spielfläche für die Tageskinder eingezäunt“, berichtet Anna Janzen. Hinzu kommen Ausflüge mit dem Bollerwagen, Picknicks, Spielen mit dem Familienhund oder das Bepflanzen des Gewächshauses. Alex Janzen: &bdquo;Wir hatten zudem Hühner, die wir nach dem Brand aber abgegeben haben, weil wir anfangs nicht wussten, wie schnell wir zurückkommen.“ Weil das Gebäude aber im Landschaftsschutzgebiet liegt, bekam und bekommt das Ehepaar keine Genehmigung für eine Großtagespflege, also eine Art Minikindergarten. Rund 50 Kinder, so schätzt Anna Janzen, hätten sie in all den Jahren betreut. &bdquo;Wir haben total viele Anfragen, eine Warteliste, die aber irgendwann geschlossen wird, weil eh kaum einer abspringt“, winkt sie ab. 120.000 Euro an Spenden gesammelt Immer noch überwältigt ist das Ehepaar von der großen Hilfsbereitschaft nach dem Brand. Zwei Spendenaktionen - eine von den Eltern der Tageskinder, eine der Herforder Gemeinde - brachten knapp 120.000 Euro an Spendengeldern. &bdquo;Verrückt“, sagt Janzen. Sie habe die ersten Tage gar nicht auf den Spendenstand geschaut, &bdquo;weil ich dafür keinen Kopf hatte“. &bdquo;Das war Wahnsinn, was an Hilfe kam.“ Die das Ehepaar, das seit 2013 zur Gemeinde der bibeltreuen Christen in Herford gehört, gut gebrauchen kann. Denn bis auf Anna Janzens Handy und die Pässe, die so nah an der Haustür gelagert waren, dass sie im einzigen übrig gebliebenen Schrank überlebten, hat die Familie nichts mehr. Wie verkraften das die drei Jüngsten der Familie, die Töchter Ruth (7), Hannah (10) und Pia (15)? &bdquo;Die kommen gut damit klar“, hat die Mutter beobachtet, der &bdquo;ein Stein vom Herzen fällt, dass es den Kindern gut geht“. &bdquo;Wir haben immer versucht, ihnen beizubringen, dass man sich nicht an materielle Dinge klammern, sondern Wert auf Freundschaften legen soll. Hat offenbar geklappt“, sagt sie zufrieden. Für die Kinder sei die Hilfsbereitschaft der Menschen ein tolles Beispiel für die Gesellschaft, eine Art Wertvermittlung. &bdquo;Das sollen die Kinder für ihr Leben mitnehmen“, wünscht sich die 37-Jährige, die sich selbst gar nicht zu den Menschen zählt, die solche Hilfe bekommen. &bdquo;Wir sind eigentlich immer die Macher und Geber gewesen - jetzt erfahren wir mal die andere Seite.“ &bdquo;Man lernt Loszulassen“ Die gespendeten 120.000 Euro sollten, so der Wunsch der Initiatoren der Aktion, die erste Not lindern. &bdquo;Derzeit müssen wir abwarten, wie es mit der Versicherung letztendlich läuft“, sagt Alex Janzen, der zuversichtlich ist, dass sie bald mit dem Wiederaufbau beginnen können. &bdquo;Von den Spenden werden wir sicherlich einige Dinge für unsere Zimmer kaufen - schließlich müssen wir uns für gut anderthalb Jahre in der Scheune einrichten.“ Etwas Gutes nimmt die Familie neben der Hilfsbereitschaft noch mit aus der Sache: &bdquo;Man lernt loszulassen. Nichts hat Ewigkeitswert.“

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