Bad Oeynhausen droht ein Defizit von 20 Millionen Euro

Bad Oeynhausen. Die Ausgangslage sieht erstmal recht prächtig aus. Über 45 Millionen Euro hat Kämmerer Marco Kindler aktuell noch auf der &bdquo;hohen Kante“. Doch diese Ausgleichsrücklage könnte schnell dahinschmelzen. Denn schon am Ende dieses Jahres wird Bad Oeynhausen voraussichtlich ein stattliches Defizit zu verbuchen haben. Und der Entwurf des Haushaltsplanes für 2024, an dem Kindler derzeit feilt, verspricht noch Schlimmeres. &bdquo;Die Aussichten sind düster“, sagt Bürgermeister Lars Bökenkröger. Gute Jahre liegen hinter der Stadt. Seit 2015 konnte Kindler stets Überschüsse in seinem Haushaltsabschluss verbuchen. Mit dem Geld füllte der Kämmerer die Rücklage auf. 45,2 Millionen sind es laut Kindler aktuell. 6,5 Millionen Euro wird er davon aber voraussichtlich schon zum Ende dieses Jahres brauchen. Denn so hoch ist das Defizit, von dem Kindler für das Haushaltsjahr 2023 ausgeht. &bdquo;Das ist das erste Haushaltsjahr seit 2914, das wir mit einem Verlust abschließen“, sagt Kindler. Und das Minus wäre noch um 4,7 Millionen Euro höher, wenn das Land den Kommunen nicht eingeräumt hätte, besondere Belastungen durch den Ukraine-Krieg und - in den Vorjahren - durch Corona als &bdquo;Sondereffekte“ gesondert zu verbuchen. Allerdings ist das nichts anderes als ein buchhalterischer Kniff, der das Jahresergebnis zwar rechnerisch entlastet, dem aber keine echten Einnahmen gegenüberstehen. Diese gesondert ausgewiesenen Belastungen sind in den nächsten Haushaltsjahren auszugleichen. &bdquo;Schwierigste Haushaltslage seit Ende des Zweiten Weltkriegs“ Zu den Ursachen des negativen Haushaltsergebnisses in 2023 zählen niedrigere Gewerbesteuereinnahmen (32 statt 34 Millionen Euro), steigende Ausgaben in der Jugendhilfe (plus 960.000 Euro) und höhere Energiekosten. &bdquo;Hier können wir als Stadt aber auch von der Energiepreisbremse profitieren“, sagt Kindler. So hatte der Kämmerer ursprünglich sogar mit 5,6 Millionen Euro für Strom, Gas und Fernwärme gerechnet, nun muss er aber nur 4,5 Millionen Euro zahlen. &bdquo;Aber das ist natürlich trotzdem deutlich mehr als im Vorjahr“, sagt Kindler. Ernst werden die Mienen von Bürgermeister und Kämmerer aber erst beim Ausblick auf das Jahr 2024. &bdquo;Wir sind vermutlich in der schwierigsten Haushaltslage seit Ende des Zweiten Weltkriegs“, sagt Bökenkröger. Und es ist wohl nur ein kleiner Trost, dass Bad Oeynhausen nicht allein in dieser Lage ist. &bdquo;Das trifft nahezu alle Kommunen“, so der Bürgermeister. Zu den Faktoren, die den Haushalt des nächsten Jahres belasten, zählt Marco Kindler den Tarifabschluss für den öffentlichen Dienst. &bdquo;Das wird für Bad Oeynhausen Mehrausgaben von etwa 5 Millionen Euro ausmachen“, sagt der Kämmerer. Die vom Kreistag beschlossene Erhöhung der Kreisumlage um 5,6 Prozentpunkte kostet die Kurstadt 6,1 Millionen Euro. &bdquo;Allein das sind schon über elf Millionen Euro mehr Belastung. Wenn man dazu noch das in 2023 auflaufende Defizit rechnet, dann bekommt man dein Gespür für die Dimensionen“, sagt Kindler. Steuererhöhungen sind &bdquo;nicht ausgeschlossen“ Dazu kommen die allgemeine Inflation, Preissteigerungen auch bei Dienstleistern der Stadt und steigende Kosten für Kitas, den offenen Ganztag und die Jugendhilfe. &bdquo;Gerade das sind alles Bereiche, in denen Konsolidierungen, also Einsparungen, nicht möglich sind“, gibt Kindler zu bedenken. Es gibt immerhin auch Lichtblicke: So erwartet der Kämmerer im nächsten Jahr 23,7 Millionen Euro Schlüsselzuweisungen vom Land - 9,3 Millionen Euro mehr als in diesem Jahr. Und eine munter sprudelnde Quelle ist wieder die Spielbankabgabe: Kindler rechnet mit 2,7 Millionen Euro. Dennoch: &bdquo;Wir werden im nächsten Jahr ein Defizit haben, das größer ist als alles, was wir bisher kennen“, fürchtet Kindler. Der Kämmerer rechnet damit, dass das Minus 2024 in der Region von 20 Millionen Euro landen wird. Ein Haushaltssicherungskonzept sei derzeit trotzdem nicht geplant, dank des Finanzpolsters in der Rücklage. &bdquo;Perspektivisch aber werden wir uns darauf einstellen müssen“, sagt Bökenkröger. Und Bürgermeister und Kämmerer stimmen die Bürgerinnen und Bürger auf Steuererhöhungen ein. Die wirksamsten Schrauben, an denen eine Stadt drehen kann, um ihre Einnahmen zu steigern, sind Grundsteuer und Gewerbesteuer. &bdquo;Das ist kein Tabu mehr“, sagt Kindler. &bdquo;Ich würde das nicht ausschließen“, erklärt Bökenkröger. Auch Sparen ist laut Bürgermeister angesagt. Zum einen bei Investitionen. Allerdings: &bdquo;Der Rückbau der Mindener Straße ist gesetzt, daran wollen wir nicht rütteln“, betont Bökenkröger. Anders ist das beim geplanten Kulturzentrum an der Druckerei, das auf Eis gelegt wird. &bdquo;Und auch über einen Rathausanbau müssen wir die nächsten fünf, sechs Jahre nicht diskutieren“, so Bökenkröger. &bdquo;Das Finanzierungssystem funktioniert so nicht mehr“ Marco Kindler berichtet, dass er bei den Arbeiten am Haushaltsplan noch einmal mit allen Geschäftsbereichen in der Verwaltung über Einsparmöglichkeiten gesprochen habe. &bdquo;Mit dem Ergebnis, dass wir hier eine Verringerung der Ausgaben um 1,7 Millionen Euro erreicht haben.“ Das sei ein Effekt, der die Verschiebung der Haushaltsplanung rechtfertige, findet der Bürgermeister. Eigentlich war geplant, dass der Kämmerer seinen Etat-Entwurf für 2024 Anfang November dem Rat vorstellen und der Plan dann im Dezember verabschiedet werden sollte. Das verschiebt sich nun jeweils um eine Ratssitzung: Einbringung am 13. Dezember, Verabschiedung am 28. Februar. &bdquo;So konnten wir auch noch die Steuerschätzung im November abwarten“, sagt Kindler. Für Lars Bökenkröger ist die Lage Bad Oeynhausens auch ein Indiz für ein grundlegendes Problem. &bdquo;Das Finanzierungssystem funktioniert so nicht mehr“, sagt er. Laut Städte- und Gemeindebund hätten 38 Prozent der Kommunen in NRW angekündigt, 2024 in die Haushaltssicherung zu gehen. &bdquo;Wenn Bund und Land den Kommunen nicht helfen, dann fahren wir voll vor die Wand“, fürchtet der Bürgermeister.

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