Wie sich der Bad Oeynhausener Wald regenerieren soll

Bad Oeynhausen. So licht ist die Lichtung gar nicht mehr. Was den Förster bei jedem Schritt mehr entzückt. Bis 2020 standen hier Fichten, die der unheiligen Allianz aus Stürmen, Trockenheit, Hitze und Borkenkäfer zum Opfer fielen. Mit gut zwei Hektar ist das eine der größeren Schadflächen im Wiehengebirge nördlich von Bad Oeynhausen. Von Brache allerdings kann hier kaum noch die Rede sein. Denn das vor drei Jahren noch kahle Waldstück hat sich schon prächtig begrünt. Im Wesentlichen aus eigener Kraft. Aber nicht nur. Es dominiert die Vogelbeere. Die auch Eberesche genannten Bäume ragen schon bis zu drei Meter aus dem Bewuchs heraus. Auch Bergahorn, Lärchen, Birken und vereinzelte Stieleichen haben sich hier selbst ausgesät. Und ein Teil auf dem Kamm des Wiehen ist eine aufstrebende Kinderstube von Fichten, die hier wieder heranwachsen. "Die nehmen wir so mit", sagt Markus Uhr. Für den diese ehemalige Kahlfläche ein Musterbeispiel für die Kraft zur Selbstverjüngung des Waldes ist. Und doch hat der Förster das Waldstück nicht allein sich selbst überlassen. "Wir haben hier auch gezielt angepflanzt", berichtet Uhr. Und zwar Arten, die von allein nicht kommen werden, weil es keine entsprechenden potenziellen Mutterpflanzen in der näheren Umgebung gibt. Zum Beispiel: Esskastanien. Die aus dem Mittelmeerraum stammende Baumart steht in dem Ruf, gut mit Hitze und Trockenheit klarzukommen. Deshalb hat Uhr schon vor Jahren einige der Edelkastanien im Wiehengebirge gepflanzt. Und auch auf der Brachfläche oberhalb von Bergkirchen hat der Förster 2021 einige der Esskastanien gesetzt. Mit leichter Sorge macht sich Uhr nun auf, zu schauen, wie es den jungen Kastanien hier geht. Und er ist erleichtert. "Die sehen ja toll aus", lautet das Urteil des Försters. Einen guten halben Meter hoch sind die Jungbäume zwar erst. Aber sie sind erkennbar gesund, mit viel frischem Laub und neuen Trieben. Ein Konkurrent der Jungbäume mit vier Beinen Ganz haben sie das Wettrennen gegen die wuchernden Brombeeren noch nicht gewonnen, doch die Chancen stehen gut. Ein anderer grüner Konkurrent ist der Adlerfarn, der aber auf dieser ehemaligen Kahlfläche nicht wächst. Die Jungbäume profitieren dagegen von den bereits recht hohen Vogelbeerbäumen, die schon für etwas Schatten auf dieser exponierten Fläche auf dem Wiehengebirgskamm sorgen. "Je größer die Brachflächen sind, desto schwieriger ist die Aufforstung", sagt der Förster. Denn große Flächen trocknen schneller aus, wenn der Regen fehlt. Ein anderer Konkurrent der Jungbäume hat vier Beine: Die Bissspuren der Rehe sind unübersehbar. An einigen Douglasien sind weiße Farbspuren zu sehen. "Das ist ein aus Schafstalg gewonnenes Mittel, dessen Geruch die Rehe nicht mögen", erklärt Uhr. "Wir müssen vor allem die leckeren Bäume vor den Rehen schützen", sagt Uhr. Bei anderen Jungbäumen ist die Rinde von den dünnen, jungen Stämmen geschält. "Hier hat ein Rehbock versucht, die Basthaut von seinem Gehörn zu fegen", weiß der Förster. Bambusstäbe neben dem Stamm einiger Douglasien sollen den Böcken dieses "Fegen" verleiden. Wichtiger noch als solche Schutzmaßnahmen aber ist für den Förster, dass das Rehwild gezielt bejagd wird. Denn nur, wenn der Rehwildbestand im Zaume gehalten werde, könnten sich die jungen Bäume auch gesund entwickeln. "Wir wissen ja nicht, was auf den Wald noch so zukommt" Wenn sich doch so viele Bäume von ganz allein auf dieser Brachfläche angesiedelt haben, warum werden dann überhaupt noch andere Baumarten angepflanzt? "Wir wissen ja nicht, was auf uns und den Wald noch so zukommt", gibt Markus Uhr mit Blick auf den Klimawandel zu bedenken. "Da bedeutet Mischung eben auch Risikoverteilung", erklärt der Förster. Deshalb werde die natürliche Verjüngung ergänzt durch Baumarten, die hier ohne Zutun des Menschen nicht sprießen würden. Grundsätzlich lässt ihn die Entwicklung auf der Brachfläche nördlich von Bergkirchen hoffen. "Das sieht schon sehr gut aus", findet der Förster. "Wenn sich alle Flächen so entwickeln würden, hätten wir keine Probleme." Eine Baumart sucht man unter den Jungpflanzen hier aber vergeblich. Es gibt praktisch keine jungen Buchen. Dabei sind zwei Drittel der Bäume in diesem Teil des Wiehengebirges Buchen. "Warum sollten wir die also noch gezielt anpflanzen?", fragt Uhr. Und von selbst kommen die Buchen - erst einmal - nicht. "Die Buche wächst nicht gern auf Freiflächen", weiß der Förster. Sie sei kein Pionierbaum, sondern eine "Schlusswald-Baumart". "Wir sehen auch, dass die Buche hier auch nicht so prima mit der Trockenheit, vor allem aber mit der Hitze klarkommt", berichtet Uhr. Der beruhigt: "Die Buche wird hier nicht aussterben, aber an Dominanz verlieren." Eine der trockensten Ecken im Land Dass der junge Wald auf dem Wiehenkamm so hoffnungsvoll sprießt, ist vermutlich auch auf den Regen im vergangenen Winter und Frühjahr zurückzuführen. "Das war schon eine Erholungsphase für den Wald", ist Uhr überzeugt. Und doch waren die vergangenen Wochen ohne nennenswerten Niederschlag schon wieder Stress für den Wald. "Der Regen in der vergangenen Woche war zum Glück ergiebig. Und er kam praktisch in letzter Minute", sagt Uhr. Die Trockenheit im Oberboden sei damit erst einmal beseitigt. "Das kann aber auch ganz schnell wieder anders werden, wenn es jetzt wieder heiß und trocken bleibt", warnt der Förster. Und ohnehin haben die jüngsten Regengüsse nur in den oberen Bodenschichten gewirkt. "In den unteren Schichten haben wir hier eine der trockensten Ecken in Nordrhein-Westfalen", sagt Markus Uhr.

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