ICE-Trasse durch OWL: Neubaupläne vor dem Aus?

Bad Oeynhausen/Herford. Die Kritiker der ICE-Trasse bekommen mächtigen Rückenwind. Ein Drittel der Mitglieder der SPD-Bundestagsfraktion stellen sich hinter die Forderung &bdquo;Ausbau statt Neubau“. Jens Köster von der Bürgerinitiative Widuland ist die Freude am Telefon anzumerken. &bdquo;Das ist bemerkenswert“, sagt Köster aus dem Urlaub in Griechenland auf Nachfrage der NW. Der Grundsatzbeschluss der SPD-Landesgruppen NRW, Niedersachsen und Bremen löst in OWL die Hoffnung aus, dass die Deutsche Bahn doch keine Hochgeschwindigkeitstrasse quer durch die Landschaft baut. Allerdings regiert in Berlin eine Ampelkoalition. &bdquo;Da sind auch noch FDP und Grüne“, gibt Köster zu bedenken: &bdquo;Einige Grüne tun sich schwer, sich öffentlich zu positionieren.“ Widuland müsse da &bdquo;noch ein bisschen Überzeugungsarbeit leisten“, findet der Vorsitzende. Doch auch in der SPD-Fraktion gibt es dem Vernehmen nach zahlreiche Freunde der Hochgeschwindigkeitspläne. Hinter dem Grundsatzbeschluss der Landesgruppen stehen aber so einflussreiche Politiker wie SPD-Chef Lars Klingbeil und SPD-Fraktionschef Rolf Mützenich. Bedeutet die Willensbekundung der Abgeordneten das Aus für die Neubau-Pläne der ICE-Trasse? Der Bundestagsabgeordnete Stefan Schwartze aus Vlotho sagt dazu: &bdquo;Das ist erstmal nur ein Grundsatzbeschluss und noch nicht durch die Fraktion.“ Schwartze hat hinter den Kulissen an dem Papier mitgewirkt und die Positionen abgestimmt. Die Bedeutung schätzt er trotzdem vorsichtig ein: &bdquo;Es zeigt zumindest, dass der Widerstand gegen Bahn und Ministerium wächst. Und zwar deutlich.“ Landrat Müller: Deutschlandtakt muss auf den Prüfstand Der Landrat des Kreises Herford weilt mit anderen Landräten aus NRW am Donnerstag in Berlin, als er von dem Beschluss seiner Parteifreunde aus dem Bundestag erfährt. &bdquo;Gerade habe ich mit Staatssekretär Theurer darüber gesprochen“, erzählt Müller gut gelaunt am Telefon: &bdquo;Er wusste noch nichts davon.“ Müller ist einer der schärfsten Kritiker des Bürgerdialogs der Bahn zur ICE-Trasse. Am 2. Juni hat der Herforder Kreistag einstimmig eine Resolution gegen die Neubau-Trasse verabschiedet. Müller fordert damit im Einklang: &bdquo;Die Planungen zur Trasse und zum Deutschlandtakt müssen noch mal überprüft werden.“ Ali Dogan (SPD), Landrat des Kreises Minden-Lübbecke, sieht die Position des Kreistags aus mehreren Resolutionen bestätigt und freut sich &bdquo;über die gute Positionierung der SPD-Landesgruppe, deren Vorsitzender ja der hiesige Abgeordnete Achim Post ist“, wie er mitteilen lässt. Die Deutsche Bahn wollte eigentlich in diesem Sommer erste Trassenführungen veröffentlichen. Bisher sind von den Planern jedoch keine detaillierten Vorschläge zu sehen. Der Bürgerdialog gilt nach dem Eklat Ende Januar als gescheitert. Vertreter der Kommunen, der Bürgerinitiativen und Umweltverbände waren in einer konzertierten Aktion ausgestiegen, weil sie die Vorfestlegung des Ministeriums auf 31 Minuten Fahrtzeit kritisierten. Auch nach einem Spitzengespräch in Berlin mit Staatssekretär Michael Theurer (FDP) war das nicht mehr zu heilen. Sollten sich die Kritiker der Neubaupläne durchsetzen, bedeutet das womöglich mehr Schienenverkehr auf den bestehenden Gleisen in der Region entlang der Strecke zwischen Minden, Porta Westfalica, Bad Oeynhausen, Löhne, Herford und Bielefeld. Die Deutsche Bahn hat den Ausbau eigentlich ausgeschlossen, weil auf dieser Strecke keine 31 Minuten und Tempo 300 zu fahren seien. Doch selbst wenn die Züge nicht ganz so schnell fahren, müsste nach Ansicht der Bahn-Planer womöglich die Bestandsstrecke deutlich breiter werden. Bad Oeynhausen einstimmig gegen Neubaupläne Das jedoch halten die Kritiker für unnötig. Stefan Schwartze hält die Verbreiterung für vorgeschoben und sagt: &bdquo;Wir haben sicher einiges zu sanieren“, aber eine funktionierende viergleisige Bahnstrecke müsse nicht neugeplant werden. Wichtig sei indes der Lückenschluss zwischen Minden und Wunstorf, wo bisher nur zwei Gleise liegen. &bdquo;Eine Neubau-Strecke hilft uns jedenfalls nicht weiter, wenn sie erst in den 2040er Jahren fertig wird.“ Der Bad Oeynhausener Bürgermeister Lars Bökenkröger (CDU) fürchtet den Ausbau der Bestandsstrecke mitten durch die Kurstadt nicht. Der Stadtrat hat bereits die gleiche Resolution wie der Herforder Kreistag verabschiedet. Die Gleise der Eisenbahn gehen seit 176 Jahren mitten durch die Kurstadt, vom Nordbahnhof sind es nur wenige Schritte bis in den denkmalgeschützten Kurpark. Bei einem Neubau der ICE-Trasse wären womöglich bloß nur ein Zipfel im Süden an der Grenze zu Vlotho betroffen. Aber die alte Nordbahntrasse wäre ja nicht plötzlich weg. Bökenkröger sagt: &bdquo;Ich begrüße den Beschluss der SPD-Landesgruppen. Das haben wir immer gefordert.“ Dass die Bahn nun anfange, die bestehende Trasse zu verbreitern hält Bökenkröger für ausgeschlossen: &bdquo;Das wird die Bahn nicht machen.“ Schließlich saniere der Konzern gerade sehr aufwendig zwei Eisenbahnbrücken auf dieser Trasse. Außerdem ist in der Kurstadt gar nicht genügend Platz für breitere Gleise.

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