Besonderes Projekt: Essen und Trinken auf Spendenbasis in Bad Oeynhausen

Bad Oeynhausen. Die Stühle sind von Omma, die Lampe aus den Kleinanzeigen, die Zuckerdose ein Geschenk. Große Investitionen haben Lea Lücking und Judith Klamer nicht stemmen müssen, um ihr Kleinod in den Königshofkolonnaden gemütlich einzurichten. Ein buntes Sammelsurium an Möbeln, liebevollen Accessoires, gepaart mit einem Hängesessel - sogar ein Klavier und eine Kinderspielecke bietet das Café "Einfach so" an der Paul-Baehr-Straße. Ein Café, das eine Besonderheit hat: Gezahlt wird nur, was jeder für richtig hält. "Das Café basiert auf Spendenbasis", erklärt Lea Lücking. Und das funktioniert sogar so gut, dass die beiden Inhaberinnen am Monatsende auch anderen gemeinnützigen Organisationen Gutes tun können. Die Tafel an der Wand zeigt genauso die Auswahl an, wie die Karte auf dem Tisch. Preise allerdings sucht der Gast im "Einfach so" vergeblich. Denn anders als in herkömmlichen Cafés gibt es keine festen Preise, sondern das Lokal finanziert sich lediglich durch Spenden. Unterstützt werden die Gründerinnen Judith Klamer und Lea Lücking von anderen tatkräftigen Ehrenamtlichen. "Im Gottesdienst hatte ich die Eingebung" Die Idee ist einfach: Jeder, der möchte, kann sich "einfach so" mal eine Auszeit nehmen, die Seele baumeln lassen, Kaffee oder Kakao trinken, Kuchen essen oder eines der Saisongetränke genießen. Die Gästeschar ist bunt gemischt, von Familien, über Jugendliche bis hin zu Senioren, Singles, die sich für ein Date verabreden, Freundinnen, die sich treffen oder Alleinstehende, die in der Hoffnung auf ein Gespräch das Café aufsuchen, gehören zu ihnen. "Es kommen einfach alle", bilanziert Lea Lücking. "Es entstehen hier so viele schöne Begegnungen, es lernen sich die unterschiedlichsten Menschen kennen - das ist einfach toll." Etwas, das es in einem Bezahl-Café nicht gebe, ist die Sozialpädagogin überzeugt: "Wenn alle bezahlen müssten, würde das nicht funktionieren." Das Café hat eine lange Vorgeschichte. Während Judith Klamer (52) schon lange von einem Café träumte, ihren Job als Kinderkrankenschwester nicht aufgeben wollte, hatte Lea Lücking (27) den Gedanken ganz plötzlich. "Im Gottesdienst hatte ich die Eingebung: Geh' zurück nach Bad Oeynhausen und eröffne ein Café", berichtet die gläubige Christin lachend. Ein abstruser Gedanke, wie sie im fernen Münster fand. Humorvoll berichtete sie davon der Schwiegermutter - die sich an Judith Klamers Traum von vor 20 Jahren erinnerte. Das ist inzwischen drei Jahre und viele Gebete her: "Seitdem sind viele Wunder passiert", findet Lea Lücking. Zum Beispiel, dass diese Geschichte bei Wirtschaftsförderer Patrick Zahn landete - der ihnen kurzum ein Ladenlokal anbot. "Schwupps hatten wir einen Termin - und keinen Businessplan." Dafür später einen gemeinnützigen Verein - die Basis des Cafés. Alles nebenberuflich und ehrenamtlich Das Ladenlokal in den Kolonnaden wurde renoviert, die beiden Frauen gründeten den Verein und die Stadt beteiligt sich über das Projekt "Kurstadtladen" an den Mietkosten. "Das gesamte Inventar wurde gespendet", erzählt Lea Lücking, die genau wie Judith Klamer neben ihrem Job im Café steht - genauso ehrenamtlich wie die anderen mehr als 40 Freiwilligen. "Wir haben ein ganz diverses Team aus Helfern", freuen sich die beiden. Sie alle sind unterschiedlich oft und in verschiedenen Bereichen im Einsatz. Küchenhilfe, Thekenjob, Servieren oder Kuchenbacken sind möglich. Jeder, der mitmachen will, kann einfach während der Öffnungszeiten anfragen. Bis zum Spätsommer bleibt erst einmal geöffnet, dann gehen die Frauen wieder in eine mehrwöchige Pause. Pünktlich zum Winter und zum Weihnachtsmarkt werden sich die Türen aber wieder öffnen. "Bisher haben wir zwei Mal sechs Wochen Pause gemacht - einfach zum Durchatmen, zum Reflektieren, zum Auftanken", bilanziert die 27-Jährige. Doch wie funktioniert eigentlich die Spendenbasis? Wie ehrlich - und großzügig - sind die Bad Oeynhausener? "Das funktioniert super", betont Lea Lücking. Davon ist die Pädagogin überzeugt, wenn sie am Ende des Monats Kasse macht. "Ich achte nicht darauf, wer was gibt, wer so geht. Das ist uns nicht wichtig." Doch wenn am Ende Miete, Nebenkosten, Kaffee, Getränke und einige Lebensmittel bezahlt sind, bleibt unterm Strich immer ein Überschuss. "Den geben wir weiter. Wir haben schon einiges an andere Organisationen gespendet", berichten Lücking und Klamer. Am Ende des Tages passe es immer. "Manche geben alles, was sie haben, andere viel mehr als üblich wäre, weil sie viel haben." Das gleiche sich einfach super aus. Und auch wer sich gerade keinen Kaffee leisten könne, sei willkommen - und darf auch ohne Spende wieder gehen. Eine ganz besondere Motivation Das Café soll aber auch Raum für Kunst- und Kulturangebote bieten, das Klavier soll zum freien Spielen einladen. "Samstags und sonntags sorgt oft Dietmar für dezente Pianomusik. Wir hatten zudem schon Wohnzimmerkonzerte und haben eine Kleidertauschparty veranstaltet." Dabei konnte jeder drei bis vier Kleidungsstücke spenden, aufhängen, sich selbst etwas aussuchen, anprobieren und mitnehmen. Für den Sommer haben Judith Klamer und Lea Lücking noch mehr Außenplätze vorgesehen. Alles nach dem Motto "Nächstenliebe und Gastfreundschaft weiterzugeben ist unsere Motivation", sagt Judith Klamer. Das Café hat freitags bis sonntags von 14 bis 18 Uhr geöffnet. Bei selbstgebackenem Kuchen und einer Vielzahl von Getränken ist eine Auszeit möglich – ganz im Sinne des Cafés: einfach so.

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